Interview Dr. Karsten Walther, Perinet „Wir machen aus jedem Sensor einen netzwerkfähigen Rechner“

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Aus jedem Sensor wird ein netzwerkfähiger Rechner: Dank der enormen Rechenleistung ist das möglich. Im Interview erzählt Perinet-Geschäftsführer Dr. Karsten Walther aber auch über Datensicherheit, von der Edge und der Cloud und warum Perinet Single Pair Ethernet als ein zentrales Produktelement sieht.

Das Internet der Dinge (IoT) ist die Spielwiese von Perinet. Neben der Vernetzung spielt der Datenschutz eine fundamentale Rolle.
Das Internet der Dinge (IoT) ist die Spielwiese von Perinet. Neben der Vernetzung spielt der Datenschutz eine fundamentale Rolle.
(Bild: (c) putilov_denis - stock.adobe.com)

Im Internet der Dinge (IoT) sind Sensoren untereinander vernetzt und helfen dabei, Abläufe effizienter zu gestalten. Doch Perinet geht weiter: Jeder Sensor wird zu einem netzwerkfähigen Rechner. Das sagt Dr. Karsten Walther von Perinet.

Das Internet der Dinge (IoT) hat dank leistungsfähiger Hardware große Fortschritte gemacht. Dr. Karsten Walther von Perinet erzählt im Interview, warum jeder Sensor ein netzwerkfähiger Rechner ist.
Das Internet der Dinge (IoT) hat dank leistungsfähiger Hardware große Fortschritte gemacht. Dr. Karsten Walther von Perinet erzählt im Interview, warum jeder Sensor ein netzwerkfähiger Rechner ist.
(Bild: Perinet)

Immer wieder hört oder liest man, unter anderem auch bei Perinet, von den möglichen „Effizienzsteigerungen in der Produktion“. Können Sie diese mit einem Durchschnittswert quantifizieren?

Nein. Man könnte sogar behaupten eine unendlich hohe Steigerung zu erreichen, da man Unternehmensprozesse vollständig automatisieren kann. Der Kern ist jedoch der, dass man mit klassischer Automatisierung die Effizienz des einzelnen Verarbeitungsschrittes optimiert, mit IT aber gesamte Prozessketten und damit ein erheblich höheres Potential zur Effizienzsteigerung hat.

Auf Ihrer Webseite schreiben Sie, dass Sie „Sensorik und Aktorik im Feld direkt netzwerkfähig“ machen und so ohne Protokollwandlung einen direkten Zugriff auf diese ermöglichen wollen. Wie setzen Sie das technisch um?

Wir machen aus jedem Sensor einen netzwerkfähigen Rechner. Man muss sich hier die wahnsinnige technische Entwicklung bewusst machen, heute bekommt man die Rechenleistung eines Tischrechners von vor 20 Jahren in die Größe eines Fingernagels. Die letzte Herausforderung war die Netzwerkschnittstelle klein zu bekommen, dies geht dank dem neuen Standard Single Pair Ethernet (SPE).

Stichwörter Datensicherheit und Cloud: Was tun Sie auf diesem Gebiet?

Wir geben unseren Kunden die Datenhoheit und die Mittel zum Zugriffsschutz. Der Kunde kann vollständig entscheiden, ob und wohin Daten gesendet werden und wer darauf Zugriff bekommt. Zudem unterstützen wir unsere Kunden durch eine einfache Handhabung unserer Datensicherheitsfunktionen, man muss also keine Sicherheitsexperte sein, um seine Daten zu schützen.

Können Sie zwei prototypische Szenarien skizzieren, die aufzeigen, welche Aufgaben im Kontext von Industrie 4.0 erfahrungsgemäß besser in der Cloud und welche im Idealfall an der Edge bearbeitet werden sollten?

Erstmal ermöglichen es IT basierte Anwendungen sich zu entscheiden, wo etwas verarbeitet wird. Dank Virtualisierung kann ich Funktionen in der Cloud aber auch auf Edge-Computern ausführen. Generell sehen wir auf Edge-Computern die Vorverarbeitung zur Reduktion der Datenmenge und lokale Steuerungsfunktionen. Außerdem ist es notwendig, Funktionen in der Edge zu haben, die einen Offline-Betrieb ermöglichen. Die Cloud eignet sich besonders für übergreifende Prozesssteuerungen oder wenn häufig Funktionen angepasst werden müssen.

Spüren Sie die Auswirkungen aus unterbrochenen Lieferketten aus Asien und wenn ja, wie können Sie gegensteuern?

Ja, auch wir sehen immer wieder Lieferverzögerungen. Jedoch haben wir den Vorteil eines noch kleinen Produktportfolios, weshalb wir in engen Kontakt mit all unseren Lieferanten stehen können. Das ist zeitaufwendig, aber wir haben bis auf wenige Ausnahmen das Material, wenn wir es brauchen.

Starter Kits sollen vor allem Entwickler helfen, schnell eine funktionierende Anwendung zu bauen. Wie unterstützen Sie konkret mit Ihren Starter-Kit-Sets Entwickler?

Zuallererst kann der Kunde ein voll funktionsfähiges System ausprobieren und Erfahrungen damit sammeln. Danach kann er sich entscheiden, die eigenen Anwendungen aufzusetzen und das Starter-Kit als Blaupause zu nehmen. Insbesondere die Netzwerkkommunikation ist vielfach noch nicht tägliche Praxis bei der Sensorkommunikation und da hilft Learning by Doing oft viel schneller als theoretisches Training.

IoT ist seit Jahren ein Buzzword. Was verstehen Sie darunter und was macht ihrer Meinung nach diesen Trend so langanhaltend?

Wir nehmen den Begriff Internet of Things sehr wörtlich und verstehen darunter die ausschließliche Kommunikation mit dem Internet Protocol (IP) von Computern/Dingen in einem Netzwerk. Die Idee ist tatsächlich sehr alt, 1990 wurde der erste Toaster über Netzwerk gesteuert. Das faszinierende ist, das Potenzial, dass in der Kommunikation mit Dingen liegt. Wir nehmen Dinge damit als intelligent war und sehen viel mehr Möglichkeiten in der Nutzung. Gleichzeitig sehen wir, dass die allermeisten Dinge noch gar nicht vernetzt sind und wir somit eigentlich erst am Anfang von IoT stehen, es wird definitiv nicht langweilig.

Mit Single Pair Ethernet nutzen Sie eine junge Technologie als zentrales Element in Ihren Produkten. Wo sehen Sie die Zukunft von SPE?

SPE ermöglicht es durch die kleinere Größe gegenüber klassischem Ethernet in deutlich kleinere Geräte wie Sensoren integriert zu werden. Gleichzeitig ist die direkte Integration in IT-Systeme ein Quantensprung vor dem Hintergrund, dass die IT in den letzten Jahren unsere Welt massiv verändert hat. Somit ändern sich auch Sichtweisen. Bisher fragte man nach schnelleren Feldbussen, zukünftig wie einfach kann ich etwas in mein IT-System integrieren. Kurzum, SPE tritt an Feldbusse zu ersetzen und wird dazu führen, dass sich die Anzahl der netzwerkfähigen Geräte/Dinge weltweit mehrfach vervielfachen wird. Es ist an dieser Stelle schwer, das Potenzial zu überschätzen.

Viele Start-ups setzen auf digitale Geschäftsmodelle. Perinet als IoT-Unternehmen hingegen setzt auf klassischen Vertrieb von Komponenten. Ist das nicht ein Widerspruch?

Nein. Digitale Geschäftsmodelle verlangen nach automatischer Skalierung. Dazu gehört beispielsweise das Einrichten eines Servers on-demand oder eine geteilte Nutzung von Dingen. Unsere Komponenten sind aber für den dauerhaften Betrieb bei einem Nutzer gedacht. Daher gehört es zu unserer Philosophie, dass das Produkt vollständig Eigentum des Käufers ist. Wir sehen die Möglichkeit für ergänzende digitale Geschäftsmodelle unter anderem in einen automatisierten Einrichtungsservice oder Datenauswertung. Das können andere Firmen aber besser als wir.

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Wie groß ist der Softwareanteil an Ihren Produkten und welche Bedeutung hat die Software?

Die Software verursacht etwa 2/3 der Entwicklungskosten. Für den Kunden ist es die Software, die das Produkt erst benutzbar macht und vielfach ist sie nach der Installation der Komponenten auch der einzige Kontaktpunkt und prägt die Produkterfahrung. Wir legen daher sehr großen Wert auf Nutzerfreundlichkeit und Einfachheit in der Bedienung.

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