Serie zur Digitalisierung - Teil 2 Wir brauchen „Made in Germany“ statt Silicon-Valley-Kopien
Wieso wir „Made in Germany“ mit dem, was wir auf den Studienreisen im Silicon Valley beobachtet haben, kombinieren sollten. Und weshalb wir das Wissen über unsere Kunden für das Wachstum in neuen Geschäftsmodellen nutzen sollten.
Anbieter zum Thema

Fünfzig Vordenker starteten auf dem „Giga Gipfel“ das „Digitale Manifest des 21. Jahrhunderts für Deutschland und Europa“. Jenseits von Geschäftsberichten und Digitalisierungs-Buzzwords wurde über eine digitale Agenda gesprochen. Zehn Leitgedanken dazu, lesen Sie in dieser Serie.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1413600/1413692/original.jpg)
Serie zur Digitalisierung - Teil 1
10 Leitgedanken zur Digitalen Agenda für Deutschland und Europa
1. Leitgedanke: Wir brauchen „Made in Germany“ – und keine Silicon-Valley-Kopien
Wir können stolz sein auf „Made in Germany“, es steht für Könnerschaft, Präzision und Erfindergeist. Diese Werte brauchen wir – neu interpretiert – auch in der digitalen Zukunft. Die Maxime für deutsche Unternehmen muss deshalb lauten: Kopiere nicht das Silicon Valley, sondern suche den deutschen Weg.
Aktuell gehören deutsche Firmen in 27 von 51 industriellen Sektoren zu den drei führenden Anbietern weltweit. Doch wie sieht die Zukunft aus? Wie lange kann Deutschland seine Position als weltweit führender Technologie- und Industriestandort noch halten? Wie wird seine Rolle in der digitalen Welt aussehen?
„Made in Germany" – eine solide, zukunftstaugliche Grundlage
Kein geringerer als Apple-Chef Tim Cook ist vom Technologiestandort Deutschland begeistert: „Deutschland hat unglaubliche Fähigkeiten. Wir arbeiten mit einer Reihe von Unternehmen zusammen. Man kann auf der ganzen Welt keine Unternehmen finden, die auch nur annähernd vergleichbare Fähigkeiten haben. Das liegt an ihrem handwerklichen Können, der Präzision dessen, was sie tun. Sie sind perfekt. Die Basis, auf der diese digitale Transformation also stattfindet, ist eine unglaubliche solide Grundlage“, betonte Cook in einem Interview mit der FAZ. Cook ergänzte: „Wir haben großen Respekt vor der deutschen Ingenieurskunst. Hoffentlich seid ihr Deutschen richtig stolz auf euch.“
Kapieren, nicht kopieren: Nachahmen bringt nichts
Derzeit gibt es wohl keinen deutschen Unternehmenslenker, der sich nicht auf eine Studienreise ins Silicon Valley, nach Austin oder sonst wohin begibt. Ziel ist es zu erkunden, wie die dort ansässigen Unternehmen die Zukunft – das digitale Zeitalter – gestalten. Doch statt die Erkenntnisse zu nehmen und auf die eigenen Voraussetzungen zu adaptieren, wird häufig nur kopiert.
Die erste Neuerung, die – sobald zurück von der Studienreise – umgesetzt wird, ist ein Tischkicker im Pausenraum. Doch stattdessen wäre es essenziell zu fragen:
- Was bedeuten unsere eigenen Werte, Besonderheiten, Charakteristika und Kompetenzen im digitalen Zeitalter?
- Wie können wir „Made in Germany“ mit dem, was wir auf den Studienreisen beobachten, kombinieren? Wie können wir es ins digitale Zeitalter transformieren, ohne es zu zerstören?
„Made in Germany“ steht heute für Könnerschaft, Präzision und Erfindergeist. Wenn Deutschland „Made in Germany“ neu erfinden will, braucht es diese Werte, ihre neue Nutzung und Interpretation. Ohne sie wird die Zukunft nicht funktionieren. Zu tief sind sie in der deutschen Kultur und Kompetenz verankert.
Bedeutung für die Gesellschaft statt Attraktivität in der Nische
Es wird also nicht darum gehen, ob Deutschland „Made in Germany“ neu erfinden will, sondern darum, welche Rolle Deutschland im digitalen Zeitalter spielen möchte:
- Wie kann Deutschland seine Talente nutzen, um in der digitalen Welt die führende Industrienation und der führende Technologiestandort zu bleiben?
- Was bedeutet das für unsere Talente, unsere Mitarbeiter, unsere Technologien und Services – und für unsere Marken?
Viele deutsche Weltmarktführer sind heute „Hidden Champions“: Sie verstecken sich in der B2B-Welt, nach dem Motto: „Einmal Nische, immer Nische“. In der Realität verschwimmen jedoch die Grenzen zwischen B2B-Markenwelt und B2C-Markenwelt – es entsteht eine B2B2C-Welt.
Wir können von amerikanischen Tech-Giganten und ihren Technologiemarken lernen, wie man Technologien Bedeutung für die breite Öffentlichkeit verleiht – anstatt sie in Laboren und Werkshallen zu verstecken.
Was man von der Automobilindustrie lernen kann
Die Automobilindustrie ist eine der wenigen deutschen Industrien, die es geschafft hat, die Werte hinter „Made in Germany“ für alle erfahrbar werden zu lassen: Überwältigende Technologien wurden dort in überwältigenden Produkten skaliert und der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die digitalen Schmelztiegel rund um München, Leipzig, Berlin, Stuttgart oder Nürnberg stecken voller Spitzenleistungen. Aber: Ob sich diese durchsetzen werden und ob sie „Made in Germany“ mit neuen digitalen Spitzenleistungen aufladen können, hängt von zwei Bedingungen ab: Dass sie existierende Knappheiten unserer Gesellschaft beseitigen und dass es ihnen gelingt, in der breiten Öffentlichkeit die nötige Relevanz aufzubauen – also nicht, ob sie technologisch überlegen sind.
Was für „Made in Germany“ gilt, betrifft in gleichem Maße deutsche Unternehmen: Nur wenn sie erkennen, wer sie sind, was sie ausmacht, wofür sie stehen und was ihr großes Zukunftsbild in einer digitalen Welt ist, werden sie die passenden Talente um sich scharen können, um diese Vision auf Basis ihrer Talente zu erreichen. Getreu dem Motto: „We have a dream“ statt „We have a plan“.
(ID:45360344)