Künstliche Intelligenz Wie sich die Compliance beim Einsatz von KI-Technologien sicherstellen lässt

Ein Gastbeitrag von Christian Marquardt* Lesedauer: 5 min

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Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist auf dem Vormarsch und bringt neben Chancen auch Herausforderung. Zum einen sind Verbraucher gegenüber KI noch misstrauisch. Zum anderen müssen Datenschutz und Verhaltenskodizis an die neue Technologie angepasst werden.

Künftige KI-Gesetze werden den Unternehmen strengere Compliance-Verpflichtungen auferlegen.
Künftige KI-Gesetze werden den Unternehmen strengere Compliance-Verpflichtungen auferlegen.
(Bild: frei lizenziert / Pixabay)

Eine Studie von Capgemini zeigt, dass 78 Prozent der Verbraucher planen, beim Online-Banking über traditionelle Finanzdienstleister oder Zahlungsplattformen der großen Tech-Anbieter verstärkt KI-Technologien einschließlich des digitalen Identitätsmanagements zu nutzen. Die Corona-Pandemie intensivierte und beschleunigte den Trend zu mehr KI-gesteuerten Chatbots, virtuellen Finanzassistenten und berührungslosem Kunden-Onboarding unter Verwendung KI-basierter biometrischer Identitätsüberprüfung. Das gilt auch bei Erstanwendern dieser Technologien. Dieser Trend wird bestätigt durch die Tatsache, dass die biometrische Identitätsüberprüfung sicherer und weniger fehleranfällig ist, als herkömmliche Methoden und Probleme beim Einloggen beseitigt. Denn wie eine Umfrage von Payments.com zeigt, verlassen sich fast 75 Prozent der Verbraucher beim Erinnern von Passwörtern auf ihr Gedächtnis und sogar 90 Prozent verwenden das gleiche Passwort auf vielen Webseiten.

Ungeachtet dieser klaren Vorteile ergeben sich aber auch eine Reihe von Herausforderungen. Dazu gehört vor allem das anhaltende Misstrauen der Verbraucher gegenüber KI-Technologien und die Frage, wie sich deren Allgegenwärtigkeit auf ihre Rechte auf Privatsphäre und Datensicherheit auswirkt. Verbraucher sind eher willens, ihre biometrischen Daten weiterzugeben, wenn ihre Finanzdienstleister transparenter erklären würden, wie ihre Daten genau erfasst, verwaltet und gesichert werden. Verbraucher wünschen außerdem eine bessere Kontrolle über ihre digitale Identität. Heute ist die Verwaltung digitaler Identitäten in der Regel ein zentralisierter Prozess, der anfällig für Cyberangriffe und Datenschutzverletzungen ist. Es zeichnet sich jedoch eine Tendenz ab, die Prozesse bei der Verwaltung digitaler Identitäten zu dezentralisieren, um Verbrauchern mehr Kontrolle über ihre eigene digitale Identität zu geben, ohne von Drittanbietern abhängig zu sein.

KI-Governance wird zum Muss

Laut dem OECD-Tracker zu nationaler KI-Politik sind in über 60 Ländern mehr als 700 KI-Regulierungsinitiativen in der Entwicklung. Es gibt jedoch noch keine gesetzlich vorgeschriebenen KI-Verordnungen. Allerdings wurden freiwillige Verhaltenskodizes und ethische KI-Grundsätze von internationalen Normungsorganisationen formuliert, um das Vertrauen der Verbraucher zu stärken. Eine Regulierung der KI ist unvermeidlich, wie der Entwurf der Europäischen Kommission für ein Gesetz über Künstliche Intelligenz zeigt. Risikobasierte Verpflichtungen für KI-Anbieter sollen darin die Rechte der Verbraucher schützen und gleichzeitig Innovationen und wirtschaftliche Chancen im Zusammenhang mit KI-Technologien fördern. Unterm Strich ist KI-Governance nicht länger eine nette Initiative, sondern ein Muss. Künftige KI-Gesetze werden den Unternehmen strengere Compliance-Verpflichtungen auferlegen, die durch strenge Durchsetzungsmechanismen, einschließlich Strafen bei Nichteinhaltung, unterstützt werden. Doch bei der Einhaltung von vertrauensvollen KI-Geboten geht es nicht nur um Risikominderung. Es ist auch wirtschaftlich sinnvoll, da der vertrauenswürdige Einsatz von KI das Vertrauen der Verbraucher stärkt, zu Folgegeschäften führt und nachhaltige Wettbewerbsvorteile schafft.

KI findet nicht nur mehr in hochtechnischen Domänen der Datenwissenschaftler Anwendung, sondern kommt auch bei den Business-Usern in den Unternehmen an. Der Trend geht hin zur Entwicklung von Low-Code/No-Code KI-Anwendungen. Diese bieten eine noch nie da gewesene Geschwindigkeit und Benutzerfreundlichkeit, bringen aber auch potenzielle Schwierigkeiten mit sich. Dazu gehören vor allem Herausforderungen in den Bereichen KI-Governance, Risiko und Compliance, da No-Code/ Low-Code KI-Anwendungen möglicherweise nicht so genau geprüft werden, wie es Datenwissenschaftler und IT-Experten in den Phasen der Data-Governance-Schulung und KI-Qualitätssicherungstests tun.

Steigerung des Geschäftswerts unter Einhaltung der Unternehmensrichtlinien

Unternehmen können auf drei Arten sicherstellen, dass KI-Technologien die Unternehmensrichtlinien einhalten und gleichzeitig den Geschäftswert nicht schmälern.

Erstens sollten sie einen datengesteuerten Ansatz wählen, um zu ermitteln, wo die Anwendung von KI-Technologie die größte Wirkung haben könnte, bevor sie mit der Implementierung beginnen. Geht es darum, die Kundenbindung zu verbessern, die betriebliche Effizienz zu steigern oder Compliance-Risiken zu mindern? Jeder dieser Geschäftsfaktoren erfordert ein Verständnis dafür, wie solche Prozesse ablaufen. So halten beispielsweise 56 Prozent von befragten Finanzdienstleistern die Datenerfassung von Kreditnehmern für einen der schwierigsten und ineffizientesten Schritte im Kreditantragsprozess, was zu hohen Abbruchquoten führt. Während KI-gesteuerte biometrische Identifizierungs- und Datenerfassungstechnologien nachweislich die Effizienz des Kreditantragsprozesses verbessern, können sie auch Compliance-Risiken mit sich bringen. Insbesondere in Bezug auf Datenschutz, Vertraulichkeit und KI-Algorithmusverzerrungen. Um solche Risiken zu mindern und zu beseitigen, ermöglicht Task Mining Unternehmen die Erfassung von Desktop-Interaktionen im Zusammenhang mit dem Onboarding-Prozess für Kreditanträge, um die Konformität mit vorgeschriebenen Compliance-Protokollen im Zusammenhang mit der Verwendung biometrischer Identifizierungs- und KI-gesteuerter Datenerfassungssysteme zu ermitteln.

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Zweitens kann die Kombination von Task Mining und Process Mining Firmen dabei helfen, Einblicke in die End-to-End-Prozessausführung zu gewinnen, indem der Arbeitsfluss durch die Prozessstufen visualisiert und Verzögerungen, Engpässe und Ausreißer erkannt werden. Process Mining liefert Fakten und Zahlen aus Echtzeit-Ereignisprotokolldaten, um Entscheidungen zu untermauern, den Wert von Automatisierungsmöglichkeiten zu bewerten, die Leistung von KI-Systemen kontinuierlich zu überwachen und Process Mining mit maschinellem Lernen und KI zu kombinieren. Dadurch lassen sich hochintegrierte und vollständig automatisierte Einblicke erhalten, um Prozesse in ihrem zukünftigen Zustand zu prognostizieren und Maßnahmen ergreifen, damit positive Ergebnisse sichergestellt werden können.

Drittens können Unternehmen, sobald sie von datengestützten Erkenntnissen über Automatisierungsmöglichkeiten profitieren, die Zeit bis zur Wertschöpfung weiter verkürzen, indem sie fortschrittlichere intelligente Prozessautomatisierungslösungen implementieren. KI-Anwendungen sind insbesondere in der Lage, sehr arbeitsintensive und fehleranfällige dokumentenzentrierte Prozesse zu automatisieren. Dies findet zum Beispiel bei der Erfüllung von KI-Compliance-Vorgaben und der Compliance-Prüfung, bei Know-your-Customer-Prozessen, bei Vorgängen zur Bekämpfung von Geldwäsche im Finanzdienstleistungsbereich, in der Lieferkettenlogistik sowie bei Purchase-to-Pay- und Order-to-Cash-Prozessen statt.

Schnellerer ROI und kürzere Bearbeitungszeiten durch No-Code/Low-Code KI-Anwendungen

Unternehmen können die Vorteile von No-Code/Low-Code KI-Anwendungen nutzen, die sofort anwendbare Fähigkeiten zum Verstehen und Extrahieren von Informationen aus allen Arten von Dokumenten bereitstellen, wie für verschiedenste Rechnungen, Bestellungen, Quittungen oder Versicherungsansprüchen. Damit können Unternehmen Zeit bei der Entwicklung sparen und einen schnelleren ROI erzielen. KI-gesteuerte Skills für Dokumente ermöglichen es, bis zu 95 Prozent der Dokumentenverarbeitung zu automatisieren, repetitive Arbeitsschritte zu eliminieren und die Bearbeitungszeit von Dokumenten um 50 Prozent zu reduzieren.

Die Einhaltung von Vorschriften und das Befolgen von Best Practices beim Einsatz von KI erlaubt es Unternehmen, proaktiv durch einen komplexen und sich schnell entwickelnden Rechtsrahmen zu navigieren und gleichzeitig eine Kultur der vertrauenswürdigen KI sowohl intern bei der Belegschaft als auch extern bei Kunden und Verbrauchern zu schaffen. In einem OECD-Lehrwerk zur Umsetzung vertrauenswürdiger KI in Unternehmen und Regulierungsbehörden wird klar formuliert, dass verantwortungsvolle KI-Politik und -Instrumente mit der übergeordneten Governance-Struktur und dem Auftrag des Unternehmens in Einklang stehen müssen. Andernfalls kann es schwierig sein, sie in der Praxis umzusetzen. Eine angemessene KI-Governance muss auf allen Ebenen einer Organisation verankert sein und über klare Kanäle verfügen, um über potenzielle Risiken zu kommunizieren und darauf zu reagieren.

* Christian Marquardt ist Sales Director bei Abbyy.

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