World Economic Forum 2018 Wie reif ist die Welt für die digitale Produktion?

Redakteur: Jürgen Schreier

Das World Economic Forum hat seinen ersten "Readiness for the Future of Production Report" vorgelegt. Dieser bewertet, wie gut die Volkswirtschaften der Welt im Hinblick auf die vierte industrielle Revolution positioniert sind. Japan und die USA haben die Nase vorn, wenn es darum geht, ihre Produktionssysteme in Richtung Industrie 4.0 zu transformieren.

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Der "Readiness for the Future of Production Report 2018" bewertet, wie reif die Volkswirtschaften der Welt für die Veränderungen in der Produktion sind, die durch die vierte industrielle Revolution ausgelöst werden.
Der "Readiness for the Future of Production Report 2018" bewertet, wie reif die Volkswirtschaften der Welt für die Veränderungen in der Produktion sind, die durch die vierte industrielle Revolution ausgelöst werden.
(Bild: Pixabay / CC0 )

Anlässlich seines diesjährigen Meetings im schweizerischen Davos hat das World Economic Forum (WEF) erstmals den "Readiness for the Future of Production Report" vorgestellt. Dieser zeigt, dass nur 25 Länder optimal positioniert sind, um die Herausforderungen der vierten industriellen Revolution - also die digitale Transformation der Produktion - zu meistern. Der in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen A.T. Kearney erstellte Bericht, der die Auswirkungen von Industrie 4.0 und anderer Key-Technologien auf die Produktionssysteme und Geschäftsmodelle untersucht, liefert eine Momentaufnahme der heutigen globalen Produktionslandschaft und erörtert mögliche Strategien für eine digitale Zukunft.

Wesentliche Parameter, die dem Analyse-Framework zugrunde liegen, sind:

  • Die aktuelle Struktur der Produktion, die Umfang und Komplexität der Produktion eines Landes misst,
  • die Treiber der Produktion, also die Schlüsselfaktoren, die ein Land in die Lage versetzen, die Produktionssysteme zu transformieren und einen Benefit aus der vierten Industriellen Revolution zu schlagen.

In der Erkenntnis, dass jedes Land seine eigenen, einzigartigen Ziele und Strategien für Produktion und Entwicklung hat, wurden die Länder einem von vier sogenannten Archetypen zugeordnet: Leading (starke gegenwärtige Basis, hohe Bereitschaft für die Zukunft); High Potential (begrenzte gegenwärtige Basis, hohes Potenzial für die Zukunft); Legacy (starke gegenwärtige Basis, gefährdet für die Zukunft); oder Nascent (begrenzte gegenwärtige Basis, niedrige Bereitschaft für die Zukunft).

Eine Welt der zwei Produktionsgeschwindigkeiten

Helena Leurent, Leiterin der "Future of Production System"- Initiative des World Economic Forum, sagt: "Unsere Arbeit zielt darauf ab, eine Zukunft zu gestalten, in der neue Technologien in Produktionssystemen dazu beitragen, das menschliche Potenzial freizusetzen, Herausforderungen anzugehen und zu lösen, die bisher unüberwindbar waren und von denen alle profitieren. Dieser Bericht soll die Diskussion zwischen öffentlichem und privatem Sektor über die erforderlichen Faktoren und Bedingungen anregen, die Entwicklung moderner industrieller Strategien unterstützen und Bereiche für kooperatives Handeln definieren."

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Neben weiteren qualitativen Analysen ergaben sich aus der ersten Bewertung einige wichtige Erkenntnisse:

  • Die globale Transformation der Produktionssysteme könnte zur Folge haben könnte, dass sich die Produktion weltweit mit zwei Geschwindigkeiten entwickeln wird. Das dürfte zu einer weiteren Polarisierung in der Welt führen. Auf die 25 Länder des Leading-Archetyps entfallen über 75 Prozent der globalen Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe, während 90 Prozent der Länder Lateinamerikas, des Nahen Ostens, Afrikas und Eurasiens in die Kategorie "geringe Bereitschaft" einzuordnen sind.
  • Die digitale Fertigung wird nicht der richtige Weg für alle Länder sein. Einige Länder werden versuchen, in naher Zukunft die Möglichkeiten der traditionellen Fertigung auszuschöpfen, während andere Länder zum Beispiel einen dualen Ansatz verfolgen könnten.
  • Alle Länder haben Raum für Verbesserungen. Kein Land hat die Grenze des Machbaren erreicht, geschweige denn das volle Potenzial der vierten Industriellen Revolution in der Produktion bereits ausgeschöpft. Zwar gibt es in vielen Ländern industrielle "Leader", von denen man lernen kann; aber auch diese Länder resp. Volkswirtschaften bewegen sich noch immer in einer frühen Phase der Transformation.
  • Technologischer Fortschritt birgt das Potenzial für "Quantensprünge", doch nur eine Handvoll Länder ist in der Lage, solche zu realisieren. Länder mit Entwicklungsrückstand können potenziell zu einem späteren Zeitpunkt in aufstrebende Industrien einsteigen, ohne die Kosten früherer Investitionen tragen zu müssen - aber nur, wenn sie über die richtigen Fähigkeiten verfügen und wirksame Strategien entwickeln, um die für sie wichtigsten Chancen zu nutzen.
  • Die vierte industrielle Revolution wird selektives Reshoring, Nearshoring und andere strukturelle Veränderungen globaler Wertschöpfungsketten initiieren. Neue Technologien werden die Kosten-Nutzen-Relation für die Verlagerung von Produktionsaktivitäten verändern und letztendlich die Standortattraktivität beeinflussen. Alle Länder müssen besondere Fähigkeiten entwickeln, damit sie zu attraktiven Produktionszielen werden und von diesen Verschiebungen profitieren.
  • Die Zukunftsfähigkeit der Produktion erfordert globale und nicht nur nationale Lösungen. Global vernetzte Produktionssysteme benötigen nicht nur ausgefeilte Technologien, sondern auch Standards, Normen und Vorschriften über technische, geographische und politische Grenzen hinweg, um Effizienzgewinne freizusetzen und das Geschäft über entlang globaler Wertschöpfungsketten zu erleichtern.
  • Neue und innovative Ansätze der öffentlich-privaten Zusammenarbeit (Public Private Partnership) sind erforderlich, um die industrielle Transformation zu beschleunigen. Jedes Land steht vor Herausforderungen, die von der Privatwirtschaft oder vom öffentlichen Sektor allein gestemmt werden können. Neue Ansätze für die öffentlich-private Zusammenarbeit, sind notwendig, damit Regierungen schnell und effektiv Partnerschaften eingehen können.

Johan Aurik, Managing Partner und Chairman von A.T. Kearney, betont: "In einer sich wandelnden Produktionslandschaft muss sich jedes Land differenzieren, Wettbewerbsvorteile nutzen und kluge Kompromisse eingehen, um seine eigene, einzigartige Strategie für die Zukunft der Produktion zu entwickeln. Angesichts der Geschwindigkeit und des Ausmaßes der Veränderungen kann die Studie und das Diagnose- und Benchmarking-Tool auf dem diese basiert, dazu beitragen, das Bewusstsein zu schärfen und das Handeln zu beschleunigen.

Der komplette "Readiness for the Future of Production Report 2018" kann als pdf unter diesem Link heruntergeladen werden.

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