AM bei Rennmotorrädern Wie BMW 3D-Druck direkt an der Rennstrecke einsetzt
Sowohl beim Prototyping als auch bei Endbauteilen setzt BMW Motorrad Motorsport auf den Einsatz von 3D-Druck. Um die Vorteile der additiven Fertigung zu nutzen, steht der 3D-Drucker dabei direkt neben der Rennstrecke.
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Beim Motorsport machen hundertstel Sekunden den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage aus. Um das Beste aus ihren Maschinen herauszuholen, arbeiten die Ingenieure und Mechaniker von Rennsportteams daher oft bis kurz vor Rennstart an den Fahrzeugen. Dabei können kleinste Bauteiländerungen oder Anpassungen an die jeweilige Rennstrecke ausschlaggebend sein. In diesem Umfeld setzt das BMW Motorrad WorldSBK Team die Flexibilität des 3D-Drucks ein, um die Leistung ihrer Rennmotorräder zu verbessern.
AM bringt die Konstruktion direkt an die Rennstrecke
In der Regel läuft der Konstruktionsprozess bei einem Bauteil so ab: Die Ingenieure entwickeln neue Komponenten, diese werden dann am Rechner simuliert, aus Metall oder Karbon gefertigt, am Motorrad verbaut und dann auf der Rennstrecke getestet. Mit 3D-Druck ist es dagegen möglich, neue Komponenten direkt an der Rennstrecke zu entwickeln, herzustellen und zu testen. Um dies in der Praxis umzusetzen reist das BMW Motorrad WorldSBK Team mit einem portablen 3D-Drucker, der an den Rennwochenenden der FIM Superbike World Championship in der Box des Rennstalls aufgebaut wird.
„Mit dieser Technologie können wir schnell und effizient Verbesserungen an den Motorrädern vornehmen. Die Weiterentwicklung eines WorldSBK-Bikes ist ein fortlaufender Prozess, und häufig sind es kleine Details, die ein Motorrad besser machen“, sagt BMW Motorrad Motorsport Direktor Marc Bongers. „Im Rahmen der Möglichkeiten, was laut Reglement verändert werden kann, arbeiten unsere Ingenieure hinter den Kulissen permanent daran, die einzelnen Komponenten am Bike anzupassen und zu optimieren. Mit Hilfe des 3D-Drucks können wir das an der Rennstrecke auch während Rennveranstaltungen direkt und schnell umsetzen.“
Vor Ort erhobene Daten fließen sofort in neue Bauteile ein
Dazu nutzt das Team Daten, die während des Rennwochenendes gewonnen und direkt ausgewertet werden. Außerdem können Anregungen von Fahrern und Mechanikern in den Prozess einfließen. Auf Basis dieses Inputs entstehen Ideen, die entweder direkt in Konstruktionen überführt werden können oder mittels Simulationen über einen iterativen Prozess zu Neukonstruktionen führen, die alle in CAD ausgeführt werden. Entstehen daraus neue Komponenten, werden diese als Polymerteile gedruckt und am Bike als Musterteile auf Verbaubarkeit und Funktion geprüft. Laut Unternehmensangaben ist dieser Prozesse wesentlich schneller als bei herkömmlichen Fertigungsverfahren. Das Team muss beispielsweise nicht darauf warten, dass externe Lieferanten Fertigungswerkzeuge herstellen, die zum Bau der neuen Komponenten benötigt werden.
Hier sehen sie die mit 3D-Druck verbesserten Bikes im Einsatz:
3D-Druck verringert das Risiko von Fehlkonstruktionen
Das Team profitiert außerdem davon, dass Komponenten, die nicht additiv gefertigt werden, durch 3D-gedruckte Prototypen schnell verbessert werden können. Dazu wird zunächst ein ‚Dummydruck‘ der Komponente erstellt, welcher anschließend analysiert und angepasst wird. „Normalerweise hast du fertige Komponenten, die du per Berechnung, Konstruktion und Simulation entwickelt hast und dann bei Testfahrten oder an Rennwochenenden evaluierst. Dabei besteht immer das Risiko, dass im immer komplexer werdenden Gesamtpaket entweder konstruktive Fehler, Schwierigkeiten bei der Montage oder der Zugang zu dem Bauteil übersehen werden könnten“, so Bongers. „Mit 3D-Druck können hingegen schnell und kostengünstig Bauteile erstellt und im laufenden Prozess optimiert werden. Sobald das Bauteil so ist, wie wir es brauchen, schicken wir die finalen Daten an die Werkstatt, die es dann aus dem geeigneten Material, meist Metall oder Karbon, für den Renneinsatz fertigt.“
Anpassungen werden pünktlich zum nächsten Rennen umgesetzt
Wie schnell und effizient dieses Verfahren ist, zeigt ein Beispiel vom WorldSBK-Double-Header im spanischen Jerez und im portugiesischen Portimão. In Jerez wurde auf Basis der Fahrdaten eine Optimierung an der Umlenkung des hinteren Federbeins vorgenommen. Ein 3D-Druckteil wurde im Fahrzeug probeverbaut und getestet. Die finalen Daten wurden an den Lieferanten geschickt, welcher auf dieser Basis an den rennfreien Tagen eine neue Umlenkung anfertigte. Wenige Tage später, pünktlich zum Start des nächsten Rennwochenendes in Portimão, war sie verfügbar und konnte an der BMW S 1000 RR verbaut werden. Und falls kleinere, leicht belastete Bau- oder Ersatzteile nachproduziert werden müssen, kann dies sogar komplett vor Ort mit dem 3D-Drucker gemacht werden. Beispiele dafür sind unter anderem Hebelverstellungen, Halterungen für Sensoren und Schnelltrenn-Kupplungen.
Additive Manufacturing Campus bietet noch mehr Möglichkeiten
Sollten die Möglichkeiten des Druckers vor Ort jedoch nicht ausreichen, greift BMW auf die Möglichkeiten des hauseigenen Additive Manufacturing Campus zurück.
Über diese Schiene hat das Team Zugriff nicht nur auf die beratenden 3D-Druck-Experten, sondern auch auf eine umfassende Palette von Druckverfahren sowie verschiedenen Materialien für verschiedenen Anwendungen. Die Fertigung der Komponenten kann direkt von der Strecke über die BMW eigenen Systeme ausgelöst werden. Beispiele für Teile, die in Kunststoffen oder Metallen direkt für die Verwendung am World Superbike gedruckt werden, sind unter anderem Bremsbelüftungen aus karbonfaserverstärkten Kunststoffen, komplexe Formteile, Sturzpads aus Titan, Aluminium-Verteilerboxen und aerodynamische Verkleidungsteile.
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