3D-Druck-Kolumne // September Welchen Reifegrad braucht eine Firma für 3D-Druck Serienteile?

Von Johannes Lutz Lesedauer: 3 min

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Viele Unternehmen haben den Wunsch, nach dem Einstieg in den 3D-Druck sofort mit gedruckten Serienteilen weiterzumachen. Nach der großen Euphorie kommt dann schnell die Enttäuschung. Doch was ist jetzt nötig um Serienteile 3D zu drucken?

Die Möglichkeit von Serienfertigung im 3D-Druck ist nicht nur eine Frage der Technologie, meint Johannes Lutz.
Die Möglichkeit von Serienfertigung im 3D-Druck ist nicht nur eine Frage der Technologie, meint Johannes Lutz.
(Bild: 3D Industrie GmbH)

Bereits gedruckte Bissschienen und Hörgeräte haben gezeigt, dass nicht nur immergleiche Serienteile möglich sind, sondern auch Individualisierte Massenproduktion. Doch wie stellt man sich additiv gefertigte Serienteile in der Industrie vor? Hier sollte grundsätzlich unterschieden werden, welche Erwartungen die Serie erfüllen soll. Bei den großen 3D-Druck Veranstaltungen, werden hauptsächlich extreme Beispiele gezeigt. Bauteile für die Flugzeug- oder Automobilindustrie haben meist ganz andere Ansprüche, wie Bauteile für den typischen Einsatz in einer mehrfachproduzierten Baugruppe im Maschinenbau.

Hier zählt nicht, wie sich das Bauteil in einem Crash verhält, welche Art von Schwingungen das Bauteil aushalten muss oder welche Zertifikate der Werkstoff hat. Oft, wenn auch nicht immer, hat das Bauteil im Maschinenbau keine größere Aufgabe, als ein Bauteil zu halten oder etwas abzudecken. Überlegt man an dieser Stelle, das Bauteil in einer Kleinserie aus Metall herzustellen, so wird schnell klar, dass ein anderes Fertigungsverfahren mehr Sinn ergibt. Denkt man an Spritzguss so kommen einem sofort die hohen Werkzeugkosten in den Kopf.

Kommt jedoch der 3D-Druck ins hypothetische Spiel, sind das oft die ersten großen Fragezeichen im Kopf der beteiligten Personen:

  • Hält das Bauteil das aus?
  • Gibt es genau das Material, das wir jetzt brauchen?
  • Was ist, wenn das Bauteil bricht oder sich verzieht?
  • Wie ist die Maßhaltigkeit?
  • Wird der Kunde bei der Oberfläche meckern?
  • Wirkt es vielleicht unprofessionell, die Teile zu drucken?
  • Kann es wirklich so einfach sein, das Bauteil nur zu drucken? Wo ist der Haken?

Vertrauen ist gefragt

Wo es bei anderen Fertigungsverfahren die Sorge vor den hohen Kosten bei kleineren Stückzahlen sind, sind es bei additiv gefertigten Bauteilen die Unsicherheiten gegenüber dem Verfahren. Hinzu kommt, dass der Wissenstand beim 3D-Druck oft nicht sonderlich hoch ist. Woher auch?

Betrachtet man jedoch die Fragen genauer, findet man auch die passenden Antworten. Diese Antworten haben aber einige Bedingungen, die nicht nur von 3D-Druck erfüllt werden müssen, sondern auch vom Anwender oder Konstrukteur, der das Bauteil im CAD erstellt.

Würde man das Bauteil genauso 3D-drucken, wie es konventionell konstruiert entstanden ist, wären die Unsicherheiten berechtig. Würde man diesen Fragestellungen jedoch mit entsprechender Anpassungen des Bauteils gegenübertreten, so würden sich für jedes Fragezeichen schnell eine clevere Ingenieursantwort ergeben.

Genauer gesagt bedeutet das, das Bauteil auf den tatsächlichen Einsatzfall anzupassen und alles, was man beim 3D-Druck noch umsonst dazu bekommt, zu nutzen, um daraus nicht nur ein 3D-gedrucktes Bauteil zu machen, sondern eine 3D-gedruckte Lösung.

Ein Schritt nach dem anderen

Ist der Sprung von den ersten Schritten mit 3D-Druck zur Serienanwendung noch zu weit, empfiehlt es sich hier, einen Zwischenstepp zu gehen. Meine Vergangenheit als Berater in der Begleitung vieler additiv gefertigter Kleinserien zeigt: Der Sprung in die Serienwelt lässt sich nur mit einem Abstecher über gedruckte Betriebsmittel machen. Sind die ersten Betriebsmittel aus Kunststoff gedruckt und bereits bei der Belegschaft im Einsatz, ist ein großer Bestandteil an Fragen bereits geklärt. Die Bauteile haben bewiesen, dass sie standhalten, wenn sie entsprechend konstruiert wurden.

Wenn Bauteile wie Vorrichtungen, Montagehilfen, Halterungen und einfache Nutzteile aus Kunststoff gedruckt den jeweiligen standhalten, dann ist auch das Vertrauen in Serienanwendungen mit geringeren Anforderungen berechtigt. Dann ist es auf einmal normal, Bauteile rund um eine Baugruppe, die nicht Sicherheitskritisch sind, zu drucken. Ist hier ein Techniker erst mal überzeugt und kennt die Anwendungsfälle der Bauteile in der Baugruppe der Maschine, ist es selbstverständlich, dass viele Bauteile darin die Überlegung wert sind, sie additiv herzustellen.

Hartnäckig hält sich der Gedanke, man findet vielleicht nur ein oder zwei Teile, die druckbar sind. Jedoch habe ich auch verbaute Baugruppen gesehen, die viele einzelne gedruckte Komponenten beinhaltet haben und die Maschinen inzwischen schon Jahre im Einsatz sind.

Bei vielen Bauteilen ist es heute möglich diese in Kleinserien additiv fertigen zu lassen. Was uns oft davon abhält, sind die Unklarheiten bezüglich Konstruktion und Belastbarkeit der Teile. Und genau das sollte ein Anwender aber auch lösen können, wenn er durch Drucken der Teile so viele Vorteile kostenlos mit dazu bekommt und das Bauteil entsprechend auf die Anwendung anpasst.
Der Reifegrad steckt somit nicht nur in der Technologie, sondern auch in den Köpfen der Belegschaft.

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