Big Data in der Kunststoffproduktion Wege zur Smart Factory
Coperion plant und errichtet Kunststoffproduktionen rund um die Welt. Nun verschmelzen die Anlagenbauexperten die Hardware mit der Software, um neue Möglichkeiten für die Produktionsoptimierung und -planung sowie zur Sicherung der Produktqualität zu eröffnen.
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Die Herstellung von Kunststoffen und deren Vorprodukten ist ein komplexer Prozess, der von der Reaktorentleerung über Aufbereitung des Basispolymeres und das Additivhandling im Extrusionsprozess bis hin zur Logistik reicht. Dank stetig verbesserter Sensoren erheben Maschinen und Apparate schon heute eine Vielzahl von Daten entlang der Prozesskette. Durch die rasante Entwicklung der Datenvernetzung (Internet of Things) stehen eine Vielzahl von zusätzlichen Informationen aus der gesamten Supply Chain zur Verfügung. „Wir müssen das volle Potenzial dieser Daten ausnutzen“, fordert Malcolm Cartwright, Logistikexperte bei Coperion.
Das Unternehmen entwickelt und fertigt nicht nur Schüttgutaufbereitungsanlagen für die Kunststoffherstellung, Compoundierung und Kunststoffverarbeitung, sondern nutzt gleichzeitig sein tiefgreifendes Verständnis der einzelnen Prozesse, um die Hardware mit der vorhandenen oder auch neu implementierten Softwarewelt zu verschmelzen. Dies muss nicht auf einzelne Produktionslinien beschränkt bleiben. Es können auch verschiedene Standorte vernetzt werden. Wenn man die Daten aus der Prozesskette der Anlage und auch die kompletten Supply Chain clever nutzt, dann lassen sich, so Cartwright, die Produktionskosten senken, die geforderte Qualität sicherstellen und eine lückenlose Lot-Rückverfolgung durchführen.
Produktqualität
Während der Produktion von Kunststoffen muss eine Vielzahl von Spezifikationen eingehalten werden, etwa mechanische, thermische, optische Eigenschaften oder auch chemische Beständigkeit. Wie genau diese Spezifikationen eingehalten werden, bestimmt die Qualität der Endprodukte. Um solchen Qualitätsanforderungen gerecht werden zu können, müssen Branchen wie Pharma und Lebensmittel schon seit Langem auf durchgängige Rückverfolgbarkeit nach GMP-Regeln setzen. Nun sehen sich auch Hersteller von Massenkunststoffen zunehmend mit der Forderung nach einer lückenlosen Rückverfolgbarkeit von Produktions-, Qualitäts-, Verpackungs- und Lagerverwaltungsdaten sowie aller eingesetzten Rohstoffe für jede Fertigproduktcharge konfrontiert. Um eine lückenlose Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten, haben die Prozess- und Logistikexperten von Coperion ein Maßnahmenpaket erarbeitet. Dies beinhaltet:
- Erfassung von Produktionszeiten jeder Fertigproduktcharge,
- kontinuierliche Erfassung der Leistungsdaten aller Produktions-Maschinen und -Apparate entlang der gesamten Produktionslinie,
- Identifizierung der eingesetzten Rohstoffe (Basispolymer, Additive),
- Nachweisen der Labor-Qualitäts-Tests von Fertigproduktproben,
- Managen der Fertigprodukt-Verpackungsaufträge sowie Registrierung der eingesetzten Verpackungslinien und Verpackungsformen,
- Identifizierung jeder Verpackungseinheit mit Chargennummern.
Schlussendlich werden die Produktionszeiten, Leistungsdaten, Rohstoffdaten, Qualitätstestergebnisse, Verpackungsdaten und Versandauftragsdaten einer Fertigproduktcharge erfasst und in einem Datensatz gespeichert. Damit dies möglich wird und der Zugang zu diesen Daten von alle Managementebenen gesichert werden können, müssen frühzeitig Schnittstellen zwischen Produktionssteuerung (PLC, DCS), Labor Information Management (LIMS), Manufacturing Operations Management (MOM), Warenwirtschaftssystem (ERP), Produktionsinformationsystem (PIMS), Verpackungssystemsteuerung u.a. geplant und konfiguriert werden.
Um ihren Kunden die bestmöglichen Softwarelösungen für diese Aufgaben liefern zu können, hat Coperion bereits eine langfristige exklusive Partnerschaft mit der Firma Inconso, einem führenden deutschen Logistik-Softwarehaus. Zusammen haben Coperion und Inconso schon Logistikmanagement-Systeme für Petrochemie-Anlagen mit einer gesammelten Produktion von über 6,0 Millionen t/a geliefert.
Produktionsoptimierung
Aber auch in den Prozessen selbst steckt noch einiges an Potenzial. So konnte Coperion beispielsweise die Rohstoffrestmengen bei Produktwechsel optimieren. Häufig wird in der Kunststoffproduktion die Befüllung von Tagesbehältern, die Feeder am Extruder beschicken, über den Parameter Füllstand befüllt. Wird bei einem Endproduktwechsel der jeweilige Rohstoff nicht mehr benötigt, muss das Material des Tagesbehälters wieder eingelagert werden. Je nach Füllstand müssen so recht große Mengen Rohmaterial aus dem Prozess genommen und wieder in das Rohstofflager eingelagert werden.
Um die zu entsorgende Rohstoffmenge auf ein Minimum zu reduzieren und gleichzeitig den erfolgreichen Abschluss der Produktionskampagne zu gewährleisten, empfehlen die Prozessexperten von Coperion, während der Endphase der Kampagne Tagesbehälter mit Inhalten, die nicht für die nächste Kampagne benötigt werden, nur proportional zum aktuellen Durchsatz der Feeder und der Restzeit der Kampagne zu befüllen. In der Regel ist der Zeitpunkt für einen Produktwechsel von der zu produzierenden Menge der laufenden Kampagne bestimmt. Es besteht aber auch die Möglichkeit, diesen Zeitpunkt manuell festzulegen. Durch kontinuierliche Überwachung des Prozesses während einer Produktionskampagne erkennt Coperion Smart Factory wie weit die aktuelle Kampagne fortgeschritten ist sowie welche Additive die nächste Kampagne benötigt und steuert den Füllstand des Tagesbehälters entsprechend.
Produktionsplanung
Die Produktionsplanung und -steuerung umfasst vor allem die operative, zeitliche, mengenmäßige aber auch räumliche Planung, Steuerung und Kontrolle aller Vorgänge einer Produktion. Fortschreitende Spezialisierung und Individualisierung der Produkte erfordern eine im hohen Maße flexible Produktionsplanung. So muss diese eine Vielzahl von Parametern, etwa die Verfügbarkeit von Rohstoffen, bestehende Lieferverpflichtungen und Lagerbestände, mit einem häufig wechselnden Produktionsbedarf in Einklang bringen. Dabei stehen folgende Ziele im Mittelpunkt:
- verbesserte Ausnutzung der Anlage durch die optimierte Abfolge von Produktionsaufträgen,
- Optimierung der Rohstoffvorräte sowie der Fertigwarenlagerbestände,
- termingerechte Fertigstellung und Lieferung von Produktionsaufträgen.
Über den Erfolg der flexiblen Produktionsplanung entscheidet nicht zuletzt die intelligente Verknüpfung von Prozess-Know-how mit den verschiedenen Management-Systemen – vom ERP-System bis hin zum LMS und MES. Dies zeigt sich beispielhaft an der Optimierung der Reihenfolge von Produktionsaufträgen anhand von Produktparametern. Werden unterschiedliche Kunststoffprodukte nacheinander auf derselben Linie produziert, wird bei einem Produktübergang über einen gewissen Zeitraum Material außerhalb der vorgegebenen Spezifikation (off-spec) produziert und/oder es werden Reinigungsarbeiten nötig. Durch die geeignete Auswahl der Reihenfolge von Produktionsaufträgen kann der Produktübergang optimiert werden. Weniger Off-Spec-Material und/oder weniger Reinigungszyklen sind die Folge.
Der Vorgang lässt sich anhand der Produktfarbe gut beschreiben. Werden Produkte der gleichen Farbfamilie hintereinander produziert, so werden Off-Spec-Verluste und Reinigungszyklen minimiert. Dieses Prinzip lässt sich auch auf andere Produktparameter übertragen.
In vielen Fällen wird diese Art der Produktionsplanung manuell durchgeführt. In der Coperion Smart Factory wird die automatisierte Produktionsablaufplanung u.a. mithilfe der so genannten Produktverträglichkeitsmatrizen realisiert. Ähnlich einer Farbtabelle, in welcher der „Abstand“ zwischen den Farben darüber bestimmt, ob ein kontinuierlicher Übergang von eine Produktkampagne in die nächste möglich ist (fliegender Wechsel) oder, ob eine Reinigung nötig wird. Der endgültige optimale Produktionsablaufplan, das so genannte Product Wheel, wird auch Ähnlichkeiten zwischen Fertigproduktrezepten und Maschineneinstellungen berücksichtigen.
In der Coperion Smart Factory wird auch die optimale individuelle Produktmenge für die nächste Produktionskampagne (Produkt-Wheel-Periode) unter Berücksichtigung vergangener Bedarfsmuster sowie das aktuelle Fertigproduktinventar prognostiziert. Ein vorbestimmter Produktionsablauf vereinfacht in jedem Fall die Optimierung der Rohstoffvorräte und unterstützt die Automatisierung der Rohstoffbestellvorgänge.
Dieser Beitrag erschien zunächst auf unserem Partnerportal PROCESS
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