Kommentar Warum Künstliche Intelligenz ohne Menschen nutzlos ist

Autor / Redakteur: Sergey Sviridov* / Sebastian Human

Die Fabrik der Zukunft konfiguriert sich selbst. Wie das aussehen könnte, zeigen deutsche Forscher des Forschungsinstituts des Freistaates Bayern für softwareintensive Systeme und Dienstleistungen (FORTISS) mit ihrem KI-Anwendungsszenario "Fortiss Future Factory".

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Künstliche Intelligenz ist noch weit davon entfernt, den Menschen obsolet zu machen.
Künstliche Intelligenz ist noch weit davon entfernt, den Menschen obsolet zu machen.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay )

Mit Hilfe einer kognitiven Produktionsstätte werden Methoden entwickelt, damit sich Fabriken in Zukunft selbstständig an veränderte Anforderungen anpassen können.

Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) sollen insbesondere die Programmier- und Konfigurationskosten gesenkt werden. Ziel ist es, den Herstellern die Möglichkeit zu bieten, bei Bedarf individuelle Produkte in Kleinserie mit geringen Ausfallzeiten herzustellen.

Vielfältige KI-Anwendungsszenarien

KI-Anwendungsszenarien wie "Fortiss Future Factory", KI-Projekte und Best Practices gibt es in verschiedenen Branchen, von der Automobilindustrie über die Logistik bis zum Einzelhandel. KI dominiert viele Diskussionen auf wissenschaftlicher, wirtschaftlicher, sozialer und politischer Ebene. Während Befürworter von Künstlicher Intelligenz überzeugt sind, dass die Technologie viele Möglichkeiten eröffnet, diskutieren Kritiker über mögliche Barrieren bei der Nutzung und warnen vor ihrem Missbrauch. Ob KI nur ein Hype ist oder sich langfristig durchsetzen wird, wird das zukünftige Wachstum des Marktes zeigen. Viele Unternehmer und Verbraucher sind zuversichtlich und glauben an das Potenzial der Technologie.

Laut einer aktuellen Studie des European Information Technology Observatory (EITO) soll der EU-Markt für KI allein von rund drei Milliarden Euro in diesem Jahr auf bis zu zehn Milliarden Euro im Jahr 2022 wachsen. Dies entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 38 Prozent. Im Vergleich dazu war das Marktvolumen im vergangenen Jahr nur 2 Milliarden Euro wert. Laut einer Marktanalyse des internationalen Beratungsunternehmens PWC wird der globale KI-Markt bis 2020 voraussichtlich einen Wert von 70 Milliarden Dollar erreichen und die Verbraucher-, Unternehmens- und Regierungsmärkte weltweit verändern. Ein Vergleich der KI-Investitionen einzelnen Länder zeigt, dass die USA und China den Weltmarkt dominieren. Im Gegensatz dazu ist Europa einschließlich Deutschland nach wie vor sehr zurückhaltend mit KI-Investitionen.

Europa hält sich bei KI noch immer zurück

Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass es derzeit noch viele Barrieren bei der Nutzung der Technologie gibt. Dazu gehört beispielsweise, dass die Suche, Erfassung und Verarbeitung von Daten 60-70 % der Gesamtzeit für die Durchführung von KI-Projekten ausmacht.

In Unternehmen fehlt derzeit ein einheitliches System zur Datenspeicherung und -verarbeitung: Die Daten werden in separaten, oft nicht integrierten Systemen gesammelt. Auch die Ansätze für die Speicherorganisation sind unterschiedlich.

Darüber hinaus ist auch der Prozess der Datenverwaltung (Qualität und Vollständigkeit) von großer Bedeutung. Viele Unternehmen sammeln einfach nicht die Daten, die für die Implementierung von KI-Algorithmen erforderlich sind. So wird das Tempo der KI-Implementierung derzeit dadurch gebremst, dass Unternehmen nicht bereit sind, in die Datenspeicherung, -erfassung und -verwaltung zu investieren und die Daten in wichtige Geschäftsprozesse zu integrieren.

Ein häufiges Argument der KI-Kritiker ist, dass KI-Lösungen nicht standardisiert werden können, da es nach dem aktuellen Entwicklungsstand keine Anpassung an die verschiedenen technischen Lösungen in komplexen Produktionssystemen gibt. Deshalb muss noch alles in der Sprache des Laien erklärt werden und die Software muss lernen, wie man jeden Prozess separat handhabt. Zusätzlich zu den Informationen über die Arbeit des Unternehmens benötigt die Künstliche Intelligenz Daten über die betriebswirtschaftlichen und physikalisch-chemischen Prozesse, die für jede Art von Produktion relevant sind.

Erfahrene Verfahrenstechniker verlassen sich oft auf ihre Intuition im Stahlherstellungsprozess. So verwenden sie beispielsweise Ferrolegierungen, um die erforderliche chemische Formel zu gewährleisten. Ferrolegierter Stahl hat verbesserte physikalische und mechanische Eigenschaften. Wie sich in der Praxis an verschiedenen Produktionsstandorten innerhalb eines Unternehmens zeigt, kann es zu Schwankungen in der Menge der zugegebenen Ferrolegierung kommen. Dies hat einen großen Einfluss auf die Rohstoffkosten und könnte optimiert werden, wenn die Entscheidungen über den Anteil der Ferrolegierungen nicht ausschließlich auf der Intuition eines Ingenieurs basieren würden. Das Problem ist jedoch das Fehlen eines effizienten Datenerfassungsprozesses: Mechanismen werden oft in der Fantasie eines Menschen erzeugt und nie formalisiert.

KI kann viel – aber nicht alles

Eine entscheidende Frage ist daher: Kann KI lernen, indem sie einen Prozessingenieur bei der Arbeit beobachtet und Daten darüber sammelt, wie er seine Entscheidung auf der Grundlage externer Faktoren trifft? Die Antwort ist ja, sie kann und sollte. Allerdings sind KI-Entscheidungen durch diese vom Menschen gelernten Systeme begrenzt.

Trifft die KI auf eine unbekannte Situation, die sie nicht kennt, kann sie eine falsche Empfehlung abgeben und ist gezwungen, die Kontrolle zurück an den Prozessingenieur zu übergeben.

An dieser Stelle ist anzumerken, dass mehrere große Anbieter von Industrieanlagen, die zunächst Subunternehmer beauftragt haben, ein Datenerfassungssystem in ihren Anlagen einzusetzen, einen gewissen Vorteil bei der Implementierung von KI haben.

Insgesamt behindert das Fehlen einheitlicher Standards und Betriebsverfahren den Prozess der Digitalisierung. So wird am Ende des Tages der Aufstieg der Maschinen durch den menschlichen Durst nach intuitiver Entscheidungsfindung und einem Chaos, das jetzt im Produktionsprozess herrscht, gestoppt.

Die Fähigkeit der KI, kritisch zu bewerten, wird durch ihre starren Rahmenbedingungen stark eingeschränkt. Deshalb werden KI-Lösungen nur in sorgfältig ausgewählten Produktionsstufen und Werken implementiert. Wir sprechen an dieser Stelle nicht über den Intellekt, sondern nur über seine Wurzeln.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass KI ohne den Menschen zu nichts fähig ist, weder zum Lernen noch zum Verständnis flüchtiger Faktoren, denn die Industrie wurde von Menschen für Menschen geschaffen. Künstliche Intelligenz kann den Menschen - an Stellen, wo er es möchte - in sehr ferner Zukunft möglicherwesie ersetzen, aber zum jetzigen Zeitpunkt, an dem die Technologie noch an einem ungewissen Punkt ist und viele Fragen offen sind, verlässt sich der Algorithmus auf den Menschen. Und das ist gut so, denn die Sicherheit sollte im Mittelpunkt des gesamten Prozesses der KI-Implementierung stehen. Falsche KI-Entscheidungen und Missbrauch der Technologie müssen vom Menschen sofort gestoppt werden.

Es ist zu hoffen, dass die Forschung im Bereich der Künstlichen Intelligenz zu einer Technologie führen wird, die in der Lage ist, Informationen zu sammeln und in kritischen Situationen korrekte und sichere Entscheidungen zu treffen.

* Sergey Sviridov arbeitet als Head of R&D bei Zyfra.

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