Studie Warum es in Deutschland nur einen Tech-Titanen gibt
Apple und Amazon sind Tech-Titanen. Microsoft, Google, Facebook und der chinesische Onlinehändler Alibaba auch. Geht es nach einer Studie von McKinsey, gibt es in Deutschland nur ein Unternehmen, das diesen Titel verdient: der Softwarehersteller SAP.
Anbieter zum Thema

Sechs der zehn wertvollsten Unternehmen weltweit sind sogenannte Tech-Titanen – Technologieunternehmen mit einem Börsenwert von mehr als 100 Milliarden US-Dollar. Die Top-Player: Apple und Amazon. Beide aus den USA. Beide haben bereits Billionen-Dollar-Marken übersprungen. Einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens McKinsey zufolge, kann nur ein deutsches Unternehmen den Titel Tech-Titan für sich beanspruchen: der Softwarehersteller SAP.
Die Wichtigkeit dieser disruptiven Unternehmen für die digitale Zukunft dürfte unverkennbar sein: „Tech-Titanen schaffen die Arbeitsplätze von morgen, bilden hochkarätiges Talent aus und treiben Zukunftstechnologien wie Big Data, künstliche Intelligenz oder das Internet der Dinge voran. Gelingt es hierzulande nicht, vermehrt eigene Tech-Titanen hervorzubringen, setzt Deutschland seine globale wirtschaftliche Relevanz aufs Spiel“, schreiben die Studienautoren.
Fehlendes Potenzial der Firmen, Tech-Titanen zu werden
Tech-Titanen stellen mittlerweile 38 Prozent des Marktwerts der Top-50-Unternehmen weltweit. In Deutschland sieht das anders aus: SAP erfülle hierzulande lediglich das Kriterium eines Tech-Titans und machte im August 2018 nur acht Prozent des Marktwerts der 50 größten deutschen Unternehmen aus, so McKinsey. Als Grund dafür nennen die Autoren die fehlende Anzahl an Unternehmen, die generell das Potenzial hätten, sich zu solchen Tech-Titanen zu entwickeln: sogenannte Unicorns und Decacorns. In Deutschland gab es 2017 lediglich zehn Unicorns und drei Decacorns, in den USA hingegen fast 20 Mal so viele.
Als weiteren Grund nennt die Studie die fehlende Gründungsbereitschaft in Deutschland. Lediglich zwei Prozent der deutschen Studierenden planen unmittelbar nach dem Universitätsabschluss ein Unternehmen zu gründen, wie der Global University Entrepreneurial Spirit Students’ Survey der Universitäten St. Gallen und Bern ergab. Anders als in den USA und China überwiegt hierzulande die Skepsis, wenn es um Unternehmensgründungen geht. Laut dem Entrepreneurship Monitor 2017/18 halten in Deutschland lediglich 51 Prozent Unternehmer zu sein für eine gute Berufswahl – in China und den USA sind es mehr als 60 Prozent. Und auch in Großbritannien, Schweden und Frankreich soll der Anteil höher als in Deutschland sein.
Fehlendes Ökosystem
Was fehlt, ist ein „sich selbst verstärkendes Ökosystem“, so McKinsey. Dabei komme es auf die drei Schlüsselfaktoren Talent, Kapital und günstige Marktbedingungen an, damit aus Startups neue Tech-Titanen hervorgehen können. In allen drei Bereichen, so McKinsey, bestehe in Deutschland Nachholbedarf.
Hierzulande wird derzeit mit drei Milliarden US-Dollar jährlich rund achtmal weniger Wagniskapital pro Kopf investiert als in den USA. Um auf ein mit den USA vergleichbares Pro-Kopf-Niveau zu kommen, seien rund 20 Milliarden US-Dollar zusätzliches Wagniskapital pro Jahr erforderlich, so McKinsey. Durch investitionsfördernde Regulierung, verbesserte Beziehungen und finanzielle Anreize könnten hiesige und ausländische Venture-Capital-Fonds motiviert werden, vermehrt in deutsche Tech-Startups zu investieren. Beschleunigen ließe sich der Kapitalzufluss durch die Gründung eines staatlich geförderten deutschen Fonds. Dieser könnte jungen Technologie-Firmen direkt oder indirekt Kapital bereitstellen und damit die Bildung eines starken Tech-Ökosystems vorantreiben. Als zweiten Faktor nennt die Analyse die Gewinnung und Bindung von Talenten. Hier gelte es vor allem, digitale Spezialisten für das Gründen zu begeistern, Toptalente aus dem In- und Ausland systematisch anzuwerben und sie durch attraktive Aktienpakete zu gewinnen und auch langfristig zu halten.
Damit all dies gelingt, so McKinsey, bedürfe es der aktiven Unterstützung durch alle Beteiligten – von Unternehmen und Investoren über staatliche Institutionen, Verbände und Bildungseinrichtungen bis hin zu den Medien. „Nur durch das konzertierte Zusammenwirken aller Kräfte in Wirtschaft, Staat und Öffentlichkeit entstehen Tech-Titanen „made in Germany“, die in der Lage sind, im Wettbewerb um die globale Technologieführerschaft von morgen ganz vorn mitzuspielen“, schreiben die Autoren.
(ID:45657009)