Extended-Reality im Vertrieb VR- und AR-Anwendungen: Große Anlagen, kompakt präsentiert

Ein Gastbeitrag von Florian Stocker* |

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In der industriellen Heiz-, Lüftungs- und Klimatechnik entscheiden die Anlagenkonzepte über die Effizienz des Gesamtsystems. Den Vertrieb stellt das bei wegfallenden Messebegegnungen vor Herausforderungen. Mit VR- und AR-Anwendungen lässt sich dieses Problem adressieren.

XR-Anwendungen eignen sich geräteunabhängig für die Präsentation beim Kunden, können aber auch auf klassischen Messen den Verkaufsprozess unterstützen.
XR-Anwendungen eignen sich geräteunabhängig für die Präsentation beim Kunden, können aber auch auf klassischen Messen den Verkaufsprozess unterstützen.
(Bild: Bernd Gabriel)

Der Maschinen- und Anlagenbau lebt von langfristigen und vertrauensvollen Kundenbeziehungen: Investitionen in eine Anlage beeinflussen die Produktion über Jahre. Das wirkt sich unmittelbar auf den Verkaufsprozess aus. Vertriebsmitarbeiter verbringen einen großen Teil ihrer Arbeitszeit damit, Produkte auszuwählen, immer wieder neue Lösungen zu konfigurieren oder regelmäßig Informationen und Updates von internen Spezialisten einzuholen. Persönliche Nähe und das direkte Gespräch vor Ort beim Kunden sind aus diesem Grund ein wichtiger Bestandteil des Verkaufsprozesses. Auch deswegen galten Messen lange als Seismograf dieser Branche. In sie wird die berechtigte Hoffnung gesetzt, dass das Face-to-Face-Gespräch auch nach Corona wieder Normalität wird. Doch wird es auch künftig wieder die einzige Normalität sein? Definitiv nicht.

Hersteller wie der globale Klima- und Lüftungstechnikspezialist Systemair setzen zunehmend und ganz bewusst auf neue, digitale Lösungen im Vertrieb. Das Unternehmen realisierte schon vor der Pandemie, dass Sales und Marketing von Maschinen und Gebäudetechnik neue Impulse brauchen, um künftig bei potenziellen Kunden aufzufallen – aber auch um die eigenen Vertriebsmitarbeiter zu entlasten und ihnen die Bereitstellung von Informationen zu erleichtern. Gemeinsam mit MR-Studios entwickelte Systemair eine Reihe unterschiedlicher Virtual- und Augmented-Reality-Anwendungen, die den Herausforderungen des Industrievertriebs der Zukunft gerecht werden sollen.

Herausforderung: Komplexes Produkt trifft räumliche Distanz

In der technischen Gebäudeausrüstung spielen die Belüftungsbedingungen in Gebäuden nicht zuletzt durch Covid eine Schlüsselrolle. Kühl- und Belüftungsanlagen helfen dabei, unreine Luft zu filtern oder abzuleiten, sorgen für die richtigen Temperaturbedingungen und versorgen Gebäude energieeffizient mit Frischluft. Das Ergebnis ist eine gesündere Lebens- oder Arbeitsumgebung, die auch einen Einfluss auf die Produktivität nimmt.

Doch genauso individuell wie die Wertschöpfungsketten der Unternehmen sind auch deren Anforderungen an die Ventilationsanlagen. Vertriebsmitarbeiter müssen also in Echtzeit auf die Bedürfnisse ihres Kunden reagieren können. Die Vielzahl an möglichen Optionen beim Einsatz von Ventilatoren, Heiz- und Kühlgeräten macht es außerdem fast unmöglich, das gesamte Portfolio live und vor Ort vorzuführen. Für Pablo Varela, Global Product Director bei Systemair, war schnell klar, dass die Nutzung digitaler Technologien hier entscheidenden Nutzen bringen kann: “Unsere Mitarbeiter waren vor der Pandemie über 90 % der Zeit on the Road, um sich die Bedingungen vor Ort anzuschauen und die richtigen Lösungen vorzuschlagen. Wir wussten: Wenn wir es schaffen, die Präsentation einfacher und verständlicher zu gestalten, wirkt sich das sofort positiv auf unsere Kosten aus – und weil wir von früheren Messen und Demonstrationen um die Potenziale von Mixed-Reality-Lösungen für den Maschinen- und Anlagenbau wussten, wandten wir uns direkt an das Team von MR-Studios.”

Die Lösung: Vom Konzept zur fertigen XR-App

Am Beginn der Zusammenarbeit nannte Systemair dem Team von MR-Studios ganz konkrete Anforderungen: Das Produktportfolio an HVAC-Lösungen sollte auf besonders ansprechende und einprägsame Weise demonstriert werden können. Darüber hinaus war ein reibungsloses Funktionieren der App, unabhängig vom Endgerät, eine Grundvoraussetzung für den Einsatz im Vertrieb. Schließlich müssen sich die Außendienstler bei Präsentationen zu 100 % auf ihren Pitch konzentrieren können, ohne noch Ressourcen in das technische Setup investieren zu müssen. Diese und andere Gedanken und Voraussetzungen wurden zu Beginn des Projektes in einem gemeinsamen Workshop skizziert und festgehalten. Die entwickelte Lösung sollte:

  • vom gesamten Vertrieb leicht zu nutzen sein und geringe technologische Hürden bieten,
  • auf jedem Endgerät darstellbar sein, auch dem klassischen Firmenlaptop,
  • aus der Ferne und vom Kunden selbst zu bedienen sein,
  • funktional sein, aber auch einen Wow-Faktor bieten.

Extended Reality

Extended Reality ist ein Sammelbegriff für Anwendungen, Plattformen oder Systeme, die der natürlichen Wahrnehmung des Nutzers eine virtuelle Wahrnehmung hinzufügen. Als Klassiker gilt die Virtual Reality, bei der sich der User mit einer Brille, oder neuerdings mit einem VR-Headset, in einer komplett virtuellen Umgebung bewegt. Dem gegenüber steht die Augmented Reality (also die erweiterte Realität), bei der meist ein mobiles Endgerät wie ein Smartphone oder Tablet benutzt wird und bei der über die Kamera virtuelle Elemente im Raum platziert werden können – beispielsweise eine Maschine in einer leeren Produktionshalle. Während Virtual Reality als immersiver gilt indem sie dem Bewusstsein suggeriert, sich wirklich in einer virtuellen Umgebung zu bewegen, sind Augmented-Reality-Anwendungen leichter verfügbar und besser handhabbar, weil beinahe jeder das passende Endgerät in der Hosentasche hat.

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Um den Zugang zu den benötigten Informationen so einfach wie möglich zu gestalten, fiel die Wahl neben Virtual-Reality-Anwendungen ohne VR-Brillen auf die webbasierte WebAR-Technologie. Diese gilt in der Branche als Zukunftslösung, da sie ohne die Installation einer App oder sonstige Vorkehrungen auskommt. Das Herunterladen einer eigens entwickelten Anwendung stellt nicht nur eine zusätzliche Hürde zur erfolgreichen Nutzung dar, sondern sorgt häufig für Kompatibilitätsprobleme: Schließlich nutzt nicht jeder Mitarbeiter, Kunde oder Partner das gleiche Ökosystem wie Android oder iOS, sondern auch unterschiedlich alte Geräte mit zu wenig Arbeitsspeicher oder sonstigen Einschränkungen. Durch die Nutzung webbasierter Augmented Reality ist so eine App nicht mehr erforderlich. Stattdessen können die Inhalte direkt über den Browser angezeigt werden. Die Vorteile liegen in einer niedrigen Nutzungsschwelle, mehr Benutzerfreundlichkeit und höherer Geschwindigkeit.

Aus CAD-Modellen werden 3D-Echtzeit-Anwendungen

Als technologische Grundlage setzt MR-Studios auf 3D-Echtzeit-Rendering. Diese Technologie verwendet bestehende 3D-Modelle – zum Beispiel von einer Maschine – deren CAD-Konstruktionsdaten ohnehin schon aus der R&D-Phase vorliegen. Diese Daten werden anschließend bereinigt und für die Erstellung eines 3D-Echtzeitmodells genutzt, das dann in der Web-Anwendung eingesetzt wird.

Um die Anwendung zu starten, muss Systemair seinen Mitarbeitern und Kunden lediglich einen Weblink zur Verfügung stellen. Der Empfänger greift dann mit seinem Smartphone oder Tablet auf diesen Link zu oder scannt den QR-Code des Links. Dadurch, dass lediglich ein mobiles Endgerät mit Kamera und eine Internetverbindung benötigt werden, lässt sich die WebAR-Anwendung deutlich schneller inner- und außerhalb des Unternehmens verbreiten und erreicht in kürzerer Zeit eine höhere Akzeptanz bei internen und externen Zielgruppen.

Bildergalerie

Nach dem Aufrufen des Links können die Nutzer aus einer Liste verschiedener Produkte wählen, die für die WebAR-Anwendung virtualisiert wurden. Nach der Auswahl des gewünschten Produkts lässt sich das realistische und maßstabsgetreue Produkt frei in der unmittelbaren Umgebung platzieren. Nachdem es an den richtigen Ort gebracht wurde, kann sich der Nutzer näher zum Produkt bewegen, es aus allen Blickwinkeln betrachten, zu einem bestimmten Segment heranzoomen oder sich sogar eine Röntgen- oder Explosionsdarstellung des Produkts anzeigen lassen.

Produkteigenschaften und -informationen können mit der WebAR-Anwendung visuell einprägsam und interaktiv dargestellt werden. Der Kunde bekommt sofort einen Eindruck davon, wie ein bestimmtes Produkt in seinen Räumlichkeiten aussieht, welchen Platz sie einnimmt und welchen Nutzen sie generiert – alles ohne den hohen Aufwand, die teilweise sehr schweren und sperrigen Geräte erst an einen Messestand transportieren zu müssen.

“Die Investition in die Entwicklung der Anwendung hat sich schon nach kurzer Zeit amortisiert”, betont Annika Ahlstrand, Director Marketing & Communications bei Systemair. “Denn während bei einer Messe oder Roadshow die Kosten für die Produktpräsentation immer wieder anfallen, muss eine Mixed-Reality-App nur einmal entwickelt werden und lässt sich danach kontinuierlich erweitern und verbessern. Darüber hinaus haben wir mit MR-Studios einen Partner gefunden, der die Branche des Maschinen- und Anlagenbaus tiefgreifend versteht und sofort auf unsere Bedürfnisse eingehen konnte.”

Langfristiger Nutzen: Von einer Anwendung zum umfangreichen Technologie-Stack

Der Erfolg der App führte schnell zu einer Ausweitung der Zusammenarbeit: Die Systemair-Gruppe nutzt aktuell mehrere VR- und AR-Anwendungen – sowohl als lokale App als auch als Web-Anwendung – für unterschiedliche Zwecke wie Geniox AHU, DCC und HVAC Solutions. Das digitale Angebot ist mittlerweile so umfangreich, dass MR-Studios einen eigenen App Launcher entwickelt hat, in dem alle Anwendungen übersichtlich zusammengefasst sind und der als Schnittstelle für alle Unternehmen der Systemair-Gruppe fungiert, um schnell auf die 3D-Echtzeitanwendungen zuzugreifen. Auf diese Weise legt das Unternehmen den Grundstein für einen idealen Technologietransfer zwischen den Unternehmen und Abteilungen: Erfolgreiche Lösungen können so schnell reproduziert und für den jeweiligen Zweck angepasst werden. Denkbar sind neben Vertrieb und Marketing viele weitere Szenarien wie Schulungen und Weiterbildungen oder sogar für die Fernwartung von Anlagen. Systemair investierte also nicht nur in ein Spielzeug, um den Vertrieb zu unterstützen, sondern integrierte gemeinsam mit MR-Studios eine Zukunftstechnologie tief in die eigenen Unternehmensprozesse.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf unserem Partnerportal MM Maschinenmarkt erschienen.