Predictive Maintenance Studenten entwickeln System zur präventiven Anomalieerkennung

Redakteur: Marlene Mahlo

Studenten des Studiengangs Wirtschaftsinformatik, Management und IT der Hochschule Pforzheim identifizierten typische Datenkonstellationen für Maschinenstörungen und Ausschuss. Die Ergebnisse bilden die Basis für die Entwicklung eines KI-basierten Systems zur präventiven Anomalieerkennung.

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Im Rahmen eines Projekts analysierten Studierende der Hochschule Pforzheim, Mithilfe von Data Science, die Steuerungs- und Fehlerdaten eines Unternehmens. Unterstützung erhielten sie vom Pforzheimer Professor Dr. Joachim Schuler (4.v.r.).
Im Rahmen eines Projekts analysierten Studierende der Hochschule Pforzheim, Mithilfe von Data Science, die Steuerungs- und Fehlerdaten eines Unternehmens. Unterstützung erhielten sie vom Pforzheimer Professor Dr. Joachim Schuler (4.v.r.).
(Bild: Hochschule Pforzheim)

Im Rahmen des Praxisprojekts standen Überlegungen zu typischen Störungen und Ausfällen von Industriemaschinen und Maßnahmen zur frühzeitigen Erkennung im Fokus. In Zusammenarbeit mit dem ERP-Spezialisten Asseco Solutions untersuchten die Studenten Datensätze eines Asseco-Kunden aus der Aluminiumdruckguss-Branche und identifizierten typische Datenkonstellationen für Maschinenstörungen und Ausschuss.

Um eine optimale KI-Analyse durchführen zu können ist ein umfassender Datenbestand erforderlich. Werden die Daten allerdings ohne Kontext erfasst, lässt sich selbst das größte Big-Data-Reservoir nicht unmittelbar nutzen. Zu eben dieser Erkenntnis war der Aludruckguss-Spezialist gelangt, der seine Maschinendaten für das Hochschulprojekt zur Verfügung stellte. Schon heute werden dort für jeden einzelnen Aluminiumguss („Schuss“) bis zu 600 Parameter wie Temperatur, Formfüllzeit oder Dicke des Pressrests erfasst. Allerdings war bislang keine Zuordnung der Daten zu konkreten Störungen oder fehlerhaften Schüssen erfolgt. Dies hatte bisher zur Folge, dass der vorhandene Datenpool nicht unmittelbar zur Analyse oder Fehlervermeidung genutzt werden konnte.

Studenten identifizieren fehlertypische Parameterkonstellationen

Im Zentrum des Data-Science-Projekts, das von Prof. Dr. Joachim Schuler sowie Prof. Dr. Thomas Schuster von der Hochschule Pforzheim initiiert worden war, stand das Ziel, den vorhandenen Datenbestand auszuwerten und so aufzubereiten, dass nutzbare Erkenntnisse daraus abgeleitet werden können. Mittels der Analyse von Betriebsdaten zweier Aludruckgussmaschinen, entwickelte eine Gruppe von neun Studenten eine Methodik, Fehler wie Lufteinschlüsse, unvollständige Ausfüllung der Gussform und ungenügendes Aushärten des Aluminiums mit den zugehörigen Schussparametern zu synchronisieren. So konnten für die knapp 30 Fehlertypen charakteristische Parameterkonstellationen identifiziert und entsprechend zugeordnet werden.

Die Ergebnisse der Analyse wurden Mitte Juli im Rahmen der Abschlusspräsentation an der Hochschule vorgestellt. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse fließen unmittelbar in Praxisabläufe des Aludruckguss-Spezialisten zurück: Unter anderem zeigte sich, dass mehr als der Hälfte der Fehler lediglich eine falsche Konfiguration der Maschine zugrunde lag – eine Fehlerquelle, die sich mit verhältnismäßig geringem Aufwand reduzieren lässt.

Grundlage für KI-Analyse geschaffen

Mit ihrer Analyse haben die Studenten gleichzeitig die Grundlage zur Realisierung eines geplanten KI-Systems zur Anomalieerkennung geschaffen. So nutzen die KI-Experten der Asseco Solutions die identifizierten Parameterkonstellationen aktuell als Trainingsdaten für ein neuronales KI-Netz, das in die Lage versetzt werden soll, analog zu den bekannten Mustern weitere, bislang unbekannte kritische Parameterkonstellationen zu entdecken. Durch die künftig durchgeführte Überwachung, ob sich Parameter ungewöhnlich entwickeln und einem kritischen Fehlermuster annähern, soll es möglich werden, sowohl Stillstände als auch Ausschussware vorherzusagen und deutlich zu reduzieren.

„Die Zahl der KI-Projekte in der Industrie wird in den kommenden Jahren rapide ansteigen – und damit auch der Bedarf an qualifiziertem Fachpersonal“, so Steve Roth, Head of Operations bei der Asseco Solutions, und Leiter des Data-Science-Projekts. „Damit sich der bestehende Fachkräftemangel nicht noch weiter verschärft, ist eine frühzeitige Nachwuchsförderung unerlässlich. Durch das gemeinsame Projekt mit den Studenten der Hochschule Pforzheim wollten wir einen Beitrag dazu leisten. Für die meisten von ihnen war dies ihr erster Kontakt mit der freien Wirtschaft – und nichtsdestotrotz haben sie sich sehr professionell an die Aufgabenstellung angenähert. Sie etablierten innerhalb kürzester Zeit unterschiedlichste Spezialisierungen in ihrem Team: Ein Student koordinierte das Vorgehen wie ein Projektleiter, andere fokussierten sich auf die Auswertung oder darauf, die Daten mit den Fehlern in Beziehung zu setzen. Das hat uns im Rahmen der Zusammenarbeit sehr beeindruckt. Sobald die weiteren Schritte des Projekts abgeschlossen sind und die Anomalieerkennung tatsächlich produktiv im Unternehmen läuft, wollen wir die Studenten nochmals zu unserem Kunden einladen, um ihnen zu zeigen, wie die Ergebnisse ihrer Arbeit konkret in der Praxis genutzt werden.“

Über die Kooperation

Das FutureLAB der Hochschule Pforzheim und die Asseco Solutions arbeiten bereits seit 2016 eng im Bereich der Lehre zusammen. So vermittelten die Asseco-Experten den Studierenden in den vergangenen Semestern im Rahmen mehrerer Vorlesungsreihen unter anderem die Grundlagen für die Einführung und Funktionsweise von ERP-Lösungen in der Praxis. Mit dem Data-Science-Projekt wurde die Zusammenarbeit nun auf die Praxis ausgeweitet. Durch das Projekt erhielten die Studenten die Möglichkeit, die Theorie konkret anzuwenden und zu Zukunftsthemen wie Industrie 4.0 und IoT erste praktische Erfahrungen zu sammeln.

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