3D Basics Stereolithografie – Verfahren, Vor- und Nachteile und Anwendungsgebiete
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Die Stereolithografie ist das älteste 3D-Druckverfahren, aber heute noch aktuell. Wir haben zusammengefasst, wie Stereolithografie funktioniert, welche Verfahren es gibt, was für Vor- und Nachteile bestehen und welche Anwendungsgebiete die Technologie hat.

Die Stereolithografie ist der Urvater der Additiven Fertigung. Als Erfinder des Verfahrens gilt das 1986 angemeldete Patent von Charles 'Chuck' Hull, welcher später die Firma 3D Systems gründete.
Tatsächlich experimentierte ein paar Jahre zuvor der Japaner Hideo Kodama bereits an der Aushärtung von flüssigem Harz mittels UV-Licht. Ebenfalls beschäftigten sich die drei französischen Forscher Alain Le Mehaute, Olivier de Witte und Jean Claude André mit dem Thema. Während es dem Japaner an finanziellen Mitteln fehlte, wurde die Erfindung von den Franzosen nicht weiterverfolgt, da darin kein Vermarktungspotenzial gesehen wurde. Somit gilt bis heute Chuck Hull als Erfinder der Stereolithografie. Hier finden Sie eine Zusammenstellung der spannenden Geschichte des 3D-Drucks. Doch was ist Stereolithografie überhaupt?
Hier finden Sie eine Übersicht der wichtigsten 3D-Druckverfahren.
Der Begriff Stereolithografie
Der Begriff Stereolithografie beschreibt im Wesentlichen zwei Dinge. Zum einen wird er im allgemeinen Sprachgebrauch häufig als Überbegriff verwendet für die Aushärtung eines flüssigen Ausgangsmaterials (Photopolymer, umgangssprachlich Harz) mittels
UV-Licht. Korrekterweise lautet der Überbegriff ‚Vat-Photopolymerisation‘ (VPP), da sich das flüssige Ausgangsmaterial in einer Wanne (englisch vat) befindet. Zum anderen beschreibt er das 3D-Druckverfahren selbst.
DLP, SLA, CLIP, LFS, HL, DCM…?
DLP, SLA, CLIP, LFS, HL, DCM…? Das erinnert doch stark an das Lied von den Fantastischen Vier – MFG. Genauso wie in dem Lied begegnet man in dem Bereich der Stereolithografie einer Vielzahl an Abkürzungen, sodass man hier schnell den Überblick verlieren kann. Die Gemeinsamkeit aller Verfahren liegt in der Verwendung von UV-Licht um ein flüssiges Ausgangsmaterial zu vernetzen. Dennoch unterscheiden sie sich im Detail.
Unterschiedlich kann zum Beispiel die Wellenlänge sein, die verwendet wird, um das Material auszuhärten. Typische Wellenlängen sind 355 nm und 405 nm. Dennoch finden sich auch Anlagen, welche eine Wellenlänge von 365 nm, 375 nm oder 385 nm verwenden. Auch die Belichtungsquelle ist ein Unterscheidungsmerkmal. Hier gibt es drei Quellen die verwendet werden: UV-Laser, UV-LED oder UV-Lampe. Ein weiterer großer Unterschied ist, von welcher Seite die Belichtung erfolgt. Dies kann sowohl von oben (‚Top Down‘) als auch von unten (‚Bottom Up‘) geschehen. Bei der Belichtung von oben wird das Bauteil in der Regel richtig herum gedruckt (‚Right Side Up‘), bei der Belichtung von unten in der Regel über Kopf (‚Upside Down‘). Abbildung 1 gibt eine Übersicht über verschiedene Verfahren und deren Abkürzungen.
Was ist das SLA-Verfahren?
Die Abkürzung SLA steht für ‚Stereo Lithography Apparatus‘. Beim Stereolithografie-Verfahren erfolgt die Aushärtung des flüssigen Ausgangsmaterials mit Hilfe eines UV-Lasers, der meist eine Wellenlänge von 355 nm aufweist. Hierbei befindet sich das Material in ein einer großen Materialwanne, die bis zu 90 Kilogramm Material fasst. Belichtet wird von oben, wobei der Laser einzelne Bahnen abfährt und das Material an den entsprechenden Stellen aushärtet. Nach einer vollständig belichteten Schicht fährt die Bauplattform um eine Schichtstärke nach unten in die Materialwanne hinein.
Bei den Verfahren, bei denen von unten belichtet wird, härtet das Material in der Materialwanne auf einer transparenten Folie aus, von der es nach jeder Schicht wieder getrennt werden muss. So haben die Verfahren die von oben belichten den Vorteil, dass so keine Ablösekräfte zwischen Bauteil und Bauplattform entstehen. Der Nachteil ist die riesige Materialwanne, die bei dem Verfahren benötigt wird, womit ein immenser Kostenaufwand verbunden ist. Technische Harze kosten schnell bis zu 500 Euro pro Kilo. Somit kann man sich vorstellen, dass sich bei der Initialfüllung der Wert eines Kleinwagens in der Materialwanne befindet, bevor man überhaupt den ersten Druck starten kann.
Was ist das DLP-Verfahren?
Eines der bedeutendsten Verfahren neben der Stereolithografie ist das Digital Light Processing (DLP). DLP steht für ‚Digital Light Processing‘ und wurde 2002 von der Firma EnvisionTec erfunden. Hierbei wird anstelle eines UV-Lasers eine UV-Lichtquelle in Kombination mit einem DLP-Chip, wie er aus Beamern bekannt ist, verwendet um das Bild flächig auf die Unterseite der Harzwanne zu projizieren, wodurch eine Schicht in einem Schritt aushärtet. Somit ist das Verfahren, bei gleichem Bauteil, schneller als das
SLA-Verfahren, da eine vollständige Schicht innerhalb kürzester Zeit belichtet wird und nicht erst wie beim SLA-Verfahren über einzelne Bahnen abgefahren werden muss.
Nach der Belichtung bewegt sich die Bauplattform nach oben und trennt so die vernetzte Schicht von dem Boden der Harzwanne, sodass neues flüssiges Material nachfließen kann. Anschließend fährt die Bauplattform wieder hinunter und der Belichtungsvorgang der nächsten Schicht beginnt. Dies geschieht solange bis das Bauteil vollständig Schicht für Schicht aufgebaut wurde.
Welche Sonderverfahren gibt es?
Im Bereich der Stereolithografie gibt es neben den beiden Hauptverfahren SLA und DLP viele weitere Möglichkeiten für die Vernetzung flüssiger Harze. Da sich diese in einigen Punkten unterscheiden, verwenden die Hersteller eigene Abkürzungen. Zu den bekanntesten Sonderverfahren zählt die ‚Hot Lithography‘ (HL) von Cubicure und das ‚Digital Composite Manufacturing‘ (DCM) von Fortify.
In der ‚Hot Lithography‘ kommen hochviskose Harze zum Einsatz, sodass dieses in Kartuschen vorliegt und für den Druckvorgang auf bis zu 120 Grad Celsius erwärmt werden muss. Denn nur so sinkt die Viskosität und die Harze werden fließfähig, um sie anschließend mit einem UV-Laser zu vernetzen. Der Vorteil der hochviskosen Harze ist, dass andere Materialeigenschaften erreicht werden können, welche mit den sonst üblichen Harzen, die auf Acrylaten basieren, nicht erreicht werden.
Bei dem DCM-Verfahren von Fortify ist die Besonderheit, dass vorher funktionalisierte Fasern während des Druckprozesses orientiert werden und in der Orientierung vernetzen. Hierzu wird in jeder Schicht ein Magnetfeld aktiviert, sodass sich die Fasern in der gewünschten Richtung ausrichten. Die anschließende Beleuchtung über
UV-Licht kann sequentiell erfolgen, sodass die Fasern nur in dem beleuchteten Bereich fixiert werden. So können in einer Schicht Fasern sowohl zum Beispiel in 90° als auch 45° orientiert und fixiert sein.
So funktioniert ‚Hot Lithography‘:
Materialien für die Stereolithografie
Als Materialien kommen überwiegend Photopolymere auf Basis von Acrylatharzen oder Epoxidharzen zum Einsatz. Das Start-Up Spectroplast aus der Schweiz hat es geschafft handelsübliches Silikon zu verdrucken, welches für den Bereich der Medizintechnik ein sehr interessantes Material darstellt. Verstärkt kommen auch mit funktionellen Füllstoffen und Additiven versetzte Materialien zum Einsatz, um zum Beispiel eine Flammbeständigkeit zu erhalten.
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3D Basics
Die wichtigsten 3D-Druck-Materialien in einer Übersicht
Was sind die Vor- und Nachteile von Stereolithografie Verfahren?
Vorteile von Stereolithografie Verfahren:
- Abbildegenauigkeit
- glatte Oberflächen
- geringer Materialverbrauch
- nicht genutztes Material ist wiederverwendbar
- schnelles Prototyping
Der große Vorteil gegenüber anderen additiven Fertigungsverfahren liegt in der hohen Abbildegenauigkeit. Dadurch können sehr glatte Flächen erreicht werden, welche nicht nachgearbeitet werden müssen. Auch liegt ein geringer Materialverbrauch vor, da nicht genutztes Material wiederverwendet werden kann. Im Vergleich zu anderen Fertigungsverfahren können in der Vat-Photopolymerisation schnell Prototypen hergestellt werden.
Nachteile von Stereolithografie Verfahren:
- Stützstrukturen sind notwendig
- oft manuelle Nachbearbeitung (Stützen entfernen)
- Material neigt zu Sprödigkeit
Zu den Nachteilen zählt, dass Stützstrukturen verwendet werden müssen und immer nur ein Material zur gleichen Zeit verwendet werden kann. Die Stützstrukturen müssen nach dem Druck entfernt, das Bauteil vom überschüssigen Harz gereinigt und in einer separaten UV-Kammer nachvernetzt werden, sodass die Materialien ihre endgültigen Eigenschaften erreichen. Nachteilig ist ebenfalls die Neigung zur Sprödigkeit bei den Materialien.
Die wichtigsten Anwendungsgebiete für Stereolithografie
Bekannte Anwendungsgebiete sind:
- Schuhsolen
- Hörgeräte
- Designs und Gussformen für die Schmukindustrie
- Zahnmedizin
- Werkzeugeinsätze
Eine der wohl bekanntesten Anwendungen sind die gedruckten Schuhsohlen von Adidas. Ein weiterer großer Einsatzbereich liegt in der individuellen Fertigung von Hörgeräten.
Vor allem in der Schmuckindustrie spielt die hohe Abbildegenauigkeit ihre Stärken aus. Hier werden insbesondere neue Ringdesigns entwickelt und können später direkt aus Metall gegossen werden. Dafür wird ein speziell waxartiges Harz verwendet um das Ringdesign zu drucken. Mit Hilfe der gedruckten Ringe wird daraus eine Gussform erstellt und der gedruckte Ring wird im Anschluss ausgebrannt. So liegt die Gussform für die Ringe vor in dem das Material in die Kavitäten der vorher ausgebrannten Ringe gegossen wird.
Auch in der Zahnmedizin wächst der Gebrauch von Harzen stetig. Die Anwendungen liegen hierbei in der Herstellung von Zahnschienen, Bohrschablonen, Modellen oder Prothesen.
Eine beliebte Industrieanwendung ist das Drucken von Werkzeugeinsätzen für das Spritzgießen. Die Vorteile gegenüber handelsüblichen Werkzeugeinsätzen aus Stahl sind die schnelle Fertigung und die geringen Kosten. Zudem ist es so möglich Prototypen aus Originalmaterial herzustellen, da ein gedruckter Prototyp nicht immer an die Eigenschaften von spritzgegossenen Prototypen herankommt. Auch für Designschleifen während des Entwicklungsprozesses von Werkzeugeinsätzen ist es eine hervorragende Möglichkeit Zeit und Kosten zu sparen. Innerhalb eines Tages können konstruktive Änderungen vorgenommen, das neue Werkzeug gedruckt und auf der Kunststoffspritzgießmaschine getestet werden. Die Grenzen und Einsatzmöglichkeiten gedruckter Werkzeugeinsätze sind ein Thema welches am SKZ – Das Kunststoffzentrum in Würzburg in der Gruppe Spritzgießen & Additive Fertigung intensiv erforscht und maßgeblich vorangetrieben wird.
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