Industrie 4.0 Sorgt Corona für einen "ungeahnten" Digitalisierungsschub?

Redakteur: Jürgen Schreier

Beschleunigt die Corona-Pandemie die Digitalisierung? Beim Industrie 4.0-Verein „SEF Smart Electronic Factory e.V.“ ist man davon felsenfest überzeugt. Eine wichtige Rolle soll dabei das Gaia-X-Projekt spielen.

Anbieter zum Thema

Die Corona-Krise könnte die Digitalisierung in vielen Branchen beschleunigen, sind Fachleute überzeugt.
Die Corona-Krise könnte die Digitalisierung in vielen Branchen beschleunigen, sind Fachleute überzeugt.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay )

Mit der Corona-Krise bekommt die Digitalisierung einen völlig neuen Stellenwert. Aktuell zeige sich mehr denn je, welche Chancen die digitale Vernetzung biete bzw. dass sie unabdingbar sei - meint man beim Industrie 4.0-Verein „SEF Smart Electronic Factory und prognostiziert "einen ungeahnten Schub" für digitale Strukturen in verschiedenen Branchen.

Auch Firmen, die sich bisher vor der Nutzung von Online-Angeboten wie Web-Konferenzen und Home-Office gescheut hätten, würden nun den Wert und die Vorteile digitaler Lösungen erkennen, sagt Maria Christina Bienek, Geschäftsführerin des SEF Smart Electronic Factory e.V.
Auch Firmen, die sich bisher vor der Nutzung von Online-Angeboten wie Web-Konferenzen und Home-Office gescheut hätten, würden nun den Wert und die Vorteile digitaler Lösungen erkennen, sagt Maria Christina Bienek, Geschäftsführerin des SEF Smart Electronic Factory e.V.
(Bild: SEF)

„Die Corona-Krise führt derzeit auch den Skeptikern die Relevanz der Digitalisierung vor Augen. Durch Corona wird das Arbeiten und Agieren über das Internet schlagartig unverzichtbar für die Fortführung der Geschäftstätigkeiten im Sinne der Business Continuity in vielen Unternehmen“, erklärt Maria Christina Bienek, Geschäftsführerin des SEF Smart Electronic Factory e.V., Auch Firmen, die sich bisher vor der Nutzung von Online-Angeboten wie Web-Konferenzen und Home-Office gescheut hätten, würden nun den Wert und die Vorteile digitaler Lösungen erkennen.

Daten verfügbar machen, zusammenführen und teilen

Was heute mit Home-Office und digitalem Schulunterricht Fahrt aufnimmt, könnte sich morgen zu erfolgreichen Geschäftsmodellen aus Big-Data und Machine Learning (ML) entwickeln. „Diese aktuell rasante Entwicklung und daraus resultierende Sensibilisierung kann unter anderem auch für das Gelingen des Europäischen Projektes Gaia-X entscheidend sein“, erklärt Bienek.

Um was geht es bei Gaia-X?

Gaia-X heißt der Masterplan für die Entwicklung einer vernetzten offenen Dateninfrastruktur auf Basis europäischer Werte, den die Bundesregierung auf dem Digitalgipfel 2019 vorstellte. Ein im Internet veröffentlichte Paper zum Thema, rund 50 Seiten lang, umreißt den großen Plan. Demnach soll Gaia-X ein technisch-wirtschaftliches Konzept zugrunde liegen, das Anwender und Anbieter zusammenbringt. Das Projekt soll einen soliden Rahmen für eine vernetzte, offene Dateninfrastruktur auf Basis europäischer Werte bilden.

Wichtige grundlegende Merkmale der geplanten europaweit homogenen Infrastruktur sind die Einhaltung des Datenschutzes, Offenheit und Transparenz, Vertrauen und sichere Authentisierungsmechanismen, Datensouveränität und Selbstbestimmung, freier Marktzugang, Modularität, Interoperabilität und Nutzerfreundlichkeit. Die Datensouveränität ist in diesem Kontext besonders wichtig.

Das Projekt zielt auf Anwendungen vor allem aus den Bereichen Industrie 4.0, Zulieferernetze, Finanz- und Gesundheitswesen, aber auch öffentliche Verwaltung. Bestehende oder in Entwicklung befindliche Referenzarchitekturen wie die der IDSA (International Data Spaces Association) sollen einbezogen werden.

Broschüre zu Gaia-X

Erfolg von Gaia-X setzt mehr Digitalisierung voraus

„Gaia-X werden wir nur erfolgreich umsetzen können, wenn wir lernen, zielgerichtet und konsequent in Europa die Digitalisierung voranzutreiben – und vermutlich bringen uns die Umstände der Corona-Krise schneller auf diesen Weg. Um die gesteckten Ziele zu erreichen, wird auch unser Verein weitere Lösungen für den Mittelstand zur kontinuierlichen Verbesserung und Umsetzung der digitalen Prozesse entwickeln. Die zahlreichen Mitglieder unseres Vereins tragen mit ihren Produkten, Lösungen und gemeinsamen Projekten zur Erreichung dieser Ziele bei“, erklärt Siegfried Wagner, Pressesprecher des SEF Smart Electronic Factory e.V.

Der Smart Electronic Factory e.V. betreibt mit seinen Mitgliedern aus Wirtschaft und Wissenschaft in zwei realen Fabriken umfassende Forschungs- und Entwicklungsumgebungen für Industrie 4.0-Anwendungen. Alle dabei entwickelten Lösungen haben zum Ziel, Industrie 4.0 – insbesondere für den Mittelstand – wirtschaftlich und nutzbringend in die Praxis zu bringen.

Fünf Jahre SEF Smart Electronic Factory e.V.

Der SEF Smart Electronic Factory e.V. wird fünf Jahre alt. Zu diesem Anlass beleuchtet der Verein die Industrie-4.0-Entwicklung in Deutschland – denn was mit einer Vision begann, beweist sich heute in der Praxis. Das Mitglied des Vereins Technische Hochschule Mittelhessen (THM) beleuchtete Ende 2019 in seiner auf einer Online-Befragung basierenden Studie „Stand der Digitalisierung von Geschäftsprozessen zu Industrie 4.0 im Mittelstand“, wie weit Industrie 4.0 hier bereits integriert ist. Auch für 2020 zeichnet sich analog zu dem Studienergebnis ab: Die Umsetzung in Konzernen schreitet voran, der Mittelstand hat Nachholbedarf. Ein Reifegradmodell bietet Unterstützung.

Maria Christina Bienek, Geschäftsführerin des SEF Smart Electronic Factory e.V., erklärt die aktuelle Entwicklung im Mittelstand: „Gemäß der Studie unseres Mitglieds THM hinken mittelständische Unternehmen in puncto Digitalisierung noch hinterher, während Konzerne bereits einen hohen Digitalisierungsgrad ihrer Prozesse verzeichnen. Dennoch hat der deutsche Mittelstand in den vergangenen fünf Jahren entscheidende Schritte im Bereich Industrie 4.0 vollzogen. Insgesamt konnten für die Online-Befragung der THM 868 potenzielle Unternehmen adressiert werden, 155 Firmen haben teilgenommen. 41 Prozesse, für die entsprechende Lösungen und Technologien bekannt sind, wurden beleuchtet.“

Während im Jahr 2015 noch vorwiegend Use Cases und Konzepte zwecks Prozessoptimierung im Fokus standen, ist Industrie 4.0 heute weit mehr: es bedeutet nicht nur die nächste Stufe der Automatisierung in der Produktion, sondern auch den Einzug des Internets in die Geschäftsprozesse und Geschäftsmodelle. Digitale Wertschöpfung steht im Mittelpunkt der Maßnahmen.

Der SEF Smart Electronic Factory e.V. ist eine Industrie 4.0-Initiative, an der Forschungseinrichtungen sowie namhafte Unternehmen beteiligt sind. Der Verein konzipiert, testet und validiert Industrie-4.0-Anwendungen in einer realen Elektronikfabrik. So entstehen Lösungen und Standards, mit denen sich der digitale Wandel in den Fabriken vollziehen lässt.

Mehr zur Studie

(ID:46485894)