Useability Software muss einfach bedienbar sein
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Noch immer fragt man sich bei manchen Softwareprogrammen, ob die Programmierer Rücksicht auf die Belange des Anwenders genommen haben. Dabei wäre es ganz einfach, denn dem Nutzer gefällt, was einfach zu bedienen und schön anzusehen ist.

Kann man über die Nutzbarkeit von Softwareprogrammen reden, ohne gleich den warnenden Zeigefinger des Nutzers zu sehen, diese müsse sich deutlich verbessern? User Experience Design ist der spannende Prozess hin zu leicht verständlicher und schnell benutzbarer Software unter den gebotenen technischen Möglichkeiten und unter der Einhaltung definierter oder empirisch entstandener Standards und Styleguides. Dabei ist die Mensch-Computer-Interaktion das wissenschaftliche Fundament und im Kern soll das Nutzererlebnis beziehungsweise die sogenannte User Experience auf allen Ebenen optimal stimuliert werden. Dem Nutzer gefällt, was einfach zu bedienen und schön anzusehen ist.
Aber wie kann das gelingen, wenn – wie am Beispiel des „BPM-Tools“ (Business Process Management), welches ein Unternehmen mit seinen Geschäftsprozessen, Strukturen und weiteren Aspekten abbildet – die anwendungsspezifischen Sachverhalte, hier die Prozesssprache, schon notwendig fremd ist und nur für eine kleine Gruppe hoch spezialisierter Anwender verständlich?
Angeblich muss sie so sein, weil der Markt es will. Doch so entstehen die Aufgaben rund um das UX-Design und des beratenden Verkaufens, einer Transformation gleich, ähnlich der Übersetzung eines fremdsprachlichen Textes ins Deutsche. Diese Aufgabe übernimmt – wenn die Software fertig ist – der Kundenbetreuer des ausgebenden Softwarehauses in Verbindung mit der Geschäftsführung oder dem Prozessbeauftragten des einkaufenden Unternehmens. Denn ohne diese Übersetzung bliebe das System bei sich selber, wäre eine Art modernes Glasperlenspiel. Erst die Bemühung um ein effektives und effizientes Design haucht ihm Leben ein.
Ein BPM-Tool allerdings ist keine Spielerei, sondern ein technischer Bau, ein Gestell zur Rationalisierung und damit zur Gewinnmaximierung, weil alles transparent ist von den Kundenanforderungen über die Strategie des Unternehmens bis hin zu deren wirtschaftlicher Umsetzung in einer Abfolge von Tätigkeiten. Dieses Tool versteht ein Unternehmen, seine Planungs-, Produktions- und auch Verwaltungskompetenz als System von Geschäftsprozessen und Strukturen. Das waren sie zwar immer schon, sie hießen nur anders und vor allem war die Dokumentation ohne Datenbankunterstützung ein immerwährendes Problem von Nebelhaftigkeit. Nun sollen sich die Unternehmen in Prozessorganisationen verwandeln. Aufgabe ist die bedingungslose Transparenz aller wirtschaftlichen Vorgänge mit der Erwartung, was man klar vor Augen habe, könne man auch optimieren.
Übersetzungsprobleme ohne Ende?
Das Problem: Es gibt keine äquivalente Nutzbarkeit. Die Vorstellung eines Kodex, in dem sich das Tool des Lösungsanbieters mit der praktischen Umsetzung beim Kunden vermitteln lässt, ist eine Illusion. Es gibt kein Wörterbuch, wo man Bedeutungen aus der Prozesssprache nachschlagen könnte, vielleicht gibt es Glossare, aber die sind ihrerseits erklärungsbedürftig. Und auch eine mögliche Übersetzung mithilfe von Erklärungen und ihren Kodizes gewährt keineswegs das volle Verständnis einer praktikablen Anwendung. Da hilft es, wenn das BPM-Tool selbst ein veränderbares Metamodell besitzt, mit dem der Anwender selbst seine Begrifflichkeiten und Objektabhängigkeiten bei Bedarf anpassen kann.
Es ist wie beim Toreschießen: Das Runde muss ins Eckige. Ein Werkzeug in seiner noch so eleganten Lösungsbereitschaft soll ins eckige, mitunter widerspenstige Unternehmen, um es optimal anwenden zu können – und dabei noch Freude dabei zu haben. Natürlich passen runde Dinge in eckige Tore, das zeigt uns jedes Fußballspiel oder auch nicht, wie bei erfolglosen Torschüssen. So wie aber das eine Wort einer Sprache nie ganz mit seinem übersetzten Begriff in einer Fremdsprache zur Deckung gebracht werden kann, so wenig kann ein BPM-Tool mit seiner Anwendungsumgebung identisch gemacht werden. Natürlich darf das Runde nie etwas Eckiges werden oder umgekehrt. Ziel ist aber dennoch die nie erreichbare Passgenauigkeit des Runden im Eckigen. Zumindest soll der Ball im Tor sein. Der Satz „Das Runde muss ins Eckige“, der Sepp Herberger zugesprochen wird, spricht sein eigenes Problem ja deutlich aus: Das Eckige sträubt sich gegen das Runde. Es soll dort hinein, aber es ist nicht drin. So verhält es sich auch mit der Nutzbarkeit von vielen Softwareprogrammen: Der Ball ist irgendwie im Netz, rechts oben oder links unten. Niemand will oder schafft es, dass er zu hundert Prozent zum Tor passt, er soll sich nur jenseits der Torlinie befinden. Die Softwareentwicklung ist nichts anderes, zumindest aus der Perspektive des Lösungshauses, als im Ergebnis Punkte zu sammeln, am besten durch Nutzerzufriedenheit. Eine authentische Passgenauigkeit kann es aber nicht geben. Sie ist für viele Lösungshäuser nicht einmal erreichbar, sondern steht stets im Spielfeld eines Pflichtenheftes gefangen.
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Aufgabe und Lösung
Der heutige UX-Designer sieht das aus einer anderen Perspektive. Für ihn ist die User Experience das oberste Gebot. Erst mit diesem Verständnis verbessert sich auch die Nutzbarkeit. Seine Arbeit beginnt mit der Frage, welche Erfahrung der spätere Nutzer mit einer neu installierten Software wohl macht. Ist sie ihm sympathisch, nimmt sie ihn mit auf die Reise seines Arbeitstags, freundet er sich mit ihr an oder ist sie zickig und verweigert den Zugang zu ihrem vielleicht sehr reichen Innenleben? Trotz bester technologischer Funktionalität und Flexibilität kann sie sich durchaus als „Durchhänger“ entpuppen, wenn der Anwender sie nicht appetitlich, frisch, schön und sogar unattraktiv findet.
Interaktion und frisches Design
Allerdings ist eine schöne und nutzbare Anwendungslösung mit ein paar kosmetischen Griffen nicht zu erreichen. Das nächste Bild zeigt die alte Bedienoberfläche von Aeneis.
Wie dies trotzdem gelingt, hat UX-Designerin Natalie Thömmes von der Shapefield UG exemplarisch beim BPM-Tool Aeneis des Stuttgarter LösungsanbietersIntellior AG vorgeführt, und zwar in zwei Schritten:
Im ersten Schritt vereinfachte sie mit ihrem Interaktionskonzept schon unterhalb der Bedienoberfläche die Navigation sowie die allgemeinen Bedienkonzepte des Systems. Einige der dringlichsten Fragen waren: Wie präsentiert sich dem Erstnutzer anfangs die Bedienoberfläche? Welche Steuerelemente werden zum Beispiel bei der Eingabe von Werten genutzt? Was tun mit dieser fast unendlichen Folge von Klicks und der hohen Komplexität sowie der steilen Lernkurve? Am besten reduziert man alles deutlich und fokussiert sich auf das Wesentliche aus Nutzersicht. Das nächste Bild zeigt die neue Startansicht und Bedienoberfläche von Aeneis:
Bedienoberfläche ist klar strukturiert
Die neue Bedienoberfläche ist klar strukturiert und die wichtigsten Bereiche, wie beispielsweise die Navigation oder der Inhalt, sind direkt ersichtlich. Zudem werden neue Anwender bei der Erstnutzung durch einen ausgeklügelten Onboarding-Prozess eingeführt. Dabei hat der Bediener jedoch jederzeit die Freiheit, das Onboarding zu beenden. Die Startansicht wurde zielführend überarbeitet und bietet eine einfache Übersicht mit kontextbezogenen Schnelleinstiegen. Informationen und Funktionen wurden gewichtet und gegebenenfalls zusammengefasst. So kann der Nutzer einzelne Informationen nach und nach dazuschalten, immer wenn er sie braucht. Die UX-Designer nennen dieses Muster Progressive Disclosure.
Erst im zweiten Schritt geht es um den optischen Anreiz, um visuelle Darstellungen, die die gesamte Bedienoberfläche betreffen. Das Motto lautet: Was gut aussieht, muss auch gut funktionieren. Die UX-Designer nennen das den Aesthetic Usability Effect. In diesem Zuge wurde für Aeneis eine eigene visuelle Designsprache gestaltet, welche sich an modernen Designstilen orientiert. Das neue Design ist visuell reduziert, ansprechend und wirkt harmonisch. Steuerelemente und Selektionen sind deutlich erkennbar und haben einen positiven Aufforderungscharakter. Zudem werden die wichtigsten Funktionen prominent herausgestellt und die Augen des Nutzers werden dezent durch die Bedienoberfläche geführt.
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Dieser Beitrag ist ursprünglich auf unserem Partnerportal MM Maschinenmarkt erschienen.
* Martin Mayer-Abt ist Vorstandssprecher der Intellior AG. David C. Thömmes ist Geschäftsführer der Shapefield UG. Dr. Klaus Neugebauer ist freier Journalist.
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