Umsatz So geht es den 3D-Drucker-Herstellern

Autor Simone Käfer

Durch die schwierigen Situationen in 2020 hat die Additive Fertigung Aufwind bekommen. Einige ihrer Vorteile wurden deutlich und die Awareness ist gestiegen. Aber werden auch mehr Maschinen gekauft?

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Werden inzwischen wieder mehr 3D-Drucker verkauft?
Werden inzwischen wieder mehr 3D-Drucker verkauft?
(Bild: ©oatawa - stock.adobe.com)

Im Herbst 2020 verzeichneten Verbände und Vereine im Bereich Additive Fertigung steigende Mitgliederzahlen oder zumindest stärkeres Interesse. Stark gestiegen ist das Onlineangebot an Schulungen, Vorträgen und Informationen jeglicher Art aus der Branche. Ein ähnliches Bild zeichnet der Sentiment Index von Ultimaker. Der niederländische 3D-Desktopdrucker-Hersteller hat über 2.500 Personen aus unterschiedlichen Industriezweigen weltweit befragt. Das Ergebnis: Die Aufmerksamkeit für Additive Fertigung stieg um 71 %. Aber schlägt sich das Interesse auch bei den Umsätzen der Maschinenhersteller nieder?

Laut dem Marktreport von Ampower nicht. Er wurde aus 300 Interviews mit Maschinenlieferanten und Anwendern zusammengestellt und ergab, dass der Markt für 3D-Metalldruck stagniert und die Umsätze im Anlagenverkauf deutlich zurückgegangen sind. Wir haben die Maschinenhersteller gefragt, wie die Situation bei ihnen ist.

Wie haben die AM-Maschinenhersteller das letzte Jahr erlebt?

Die einen hatten weniger als üblich zu tun, die anderen mehr. Wie kommt das? Es gab in einigen Anwenderbranchen Einbrüche, die sich selbstverständlich bei den Maschinenherstellern spiegeln. So hat 3D Systems einen deutlichen Rückgang seiner sonst starken Marktsegmente kommerzielle Luftfahrt und Schmuckindustrie gespürt. Mit einem neuen Fokus auf das Gesundheitswesen und die Industrie im allgemeinen und entsprechenden Unterkategorisierungen, startete das US-amerikanische Unternehmen im Jahr 2021. Mit einem Angebotsschwerpunkt zu Medizintechnik und Healtcare stand jedes Unternehmen im vergangenen Jahr gut da, wem diese Ausrichtung fehlte, hat das nachgeholt.

Einige Maschinenhersteller berichten, dass sich die Maschinenbestellungen verschoben hatten, von der ersten Jahreshälfte in die zweite oder gleich bis 2021. So hatte Farsoon Umsatzeinbußen von 25 %. „Aber“, so Dr. Dirk Simon, Managing Director von Farsoon Europe, „in Europa sind wir im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2019 stärker als der Markt gewachsen.“ Der chinesische SLS-Maschinen-Hersteller hat also Marktanteile gewonnen. Entgegen den Umsatzeinbußen berichtet SLM Solutions von 26 % Wachstum beim Umsatz. Auch HP bezeichnet 2020 als „ein gutes Jahr“.

Da kaum physische Treffen möglich waren, hat sich der Kundenservice verändert. Fragen wurden oft schriftlich gestellt, getroffen hat man sich virtuell und Maschineninstallationen fanden remote statt. Alles war möglich, aber nicht immer so effizient wie es ein physisches Treffen hätte sein können.

Wurden im Jahr 2020 auch Investitionen getätigt?

Ja. Neben den Umstrukturierungen und Neuaufstellungen haben beispielsweise Xjet, Stratasys und SLM Solutions intensiv in Forschung und Entwicklung investiert. Einige haben auch ihren Marketingkonzepten und Vertriebsstrukturen Zeit und Geld gewidmet. HP hat die Zeit genutzt, um mit einigen Partnern ein Kompetenzcenter auf die Beine zu stellen, das Kunden Branchenspezifisch beraten soll.

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Oft haben wir im vergangenen Jahr gelesen, dass die Industrie von Lieferengpässen betroffen ist. Produktionen standen still, weil die Teile fehlten. Nicht so bei den AM-Maschinenherstellern. Bei ihnen gab es keine Lieferengpässe. Aber sie profitieren von den Problemen, der anderen. Schnelles, einfaches Umrüsten sowie vor-Ort-Produktion und on-demand-Lieferung sind die Themen, mit denen die Additive Fertigung im letzten Jahr gegenüber konventionellen Fertigungsverfahren und der traditionellen Supply Chain gepunktet hat. Das zahlt sich aus. „Mehrere Marktsegmente erholen sich und das hohe Interesse an der Flexibilität der Additiven Fertigung hält an“, sagt Andreas Langfeld, President EMEA, Stratasys. In den Worten des israelischen Maschinenherstellers Xjet: Unternehmen haben erkannt, dass sie schnellere, flexiblere und verteilte Fertigungsprozesse benötigen. Potenzial sei noch viel da: „Der Fertigungsmarkt ist ein 12-Billionen-Dollar-Markt, aber selbst nach 30 Jahren 3D-Druck hält AM nur einen Bruchteil des Marktes.“

Aber werden denn auch Maschinen verkauft? „Wir erwarten ein signifikantes Wachstum der gesamten Branche“, sagt Dirk Ackermann CFO von SLM Solutions. Markus Glasser, Senior Vice President EMEA bei EOS wird auch nicht präziser: „Durch das Zusammenspiel dieser Faktoren kann ich sagen, dass sich unser Geschäft in EMEA stark entwickelt.“ Die Faktoren, die er anspricht, sind die Lieferketten-Problematik, der Ansatz einer dezentralen Fertigung, und die Umstrukturierung des Vertriebs bei EOS. Zusammengefasst wird auf mehr Umsatz aus dem Maschinenverkauf zumindest gehofft, bei den meisten wird damit gerechnet. Nur bei Farsoon nicht. Zwar gäbe es eine Steigerung im Medizintechniksektor, doch in anderen Bereichen sei die Auftragslage gesungen, berichtet Simon. Es halte sich die Waage.

Wenn nun alle die Vorteile der AM erkannt haben, dann gibt es doch sicherlich mehr Einsteiger als vor der Pandemie?

Zu diesem Thema sind die bisherigen Erfahrungen der AM-Maschinenhersteller unterschiedlich. Bei SLM Solutions sind es die kleinen Startups, die sich nun melden, Farsoon erhält eher Aufträge von OEMs und Tier1-Zulieferern. Ganz anders ist bei EOS: „An sich sehe ich eher wenig Veränderung im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie“, so Glasser. „Eine Ausnahme bilden die Bereiche Raumfahrt und Konsumgüter, bei letzterem vor allem Anwendungen im Kontext Sport und Lifestyle – hier verzeichnen wir mehr Anfragen.“ Raffi Beglarian, verantwortlich für das 3D Druck-Geschäft von HP, berichtet wiederum: „Wir erleben generell eine höhere Nachfrage – von Einsteigern ebenso wie von Unternehmen, die bereits erste Erfahrungen mit der Additiven Fertigung gemacht haben.“ Die Erfahrung machen auch Stratasys und 3D Systems. Etwas spezieller ist die Situation bei Xjet. Die Israelis sehen ein starkes Interesse im Keramik-Bereich, besonders für Reverse-Engineering-Anwendungen wären ihre Maschinen gefragt.

Gibt es Produkte oder Dienstleistungen, die besonders stark nachgefragt werden?

Eine zusammenfassende Antwort wäre: Ja, alle. „Mit der beginnenden Erholung der Wirtschaft sehen wir eine Nachfrage nach unseren AM-Lösungen in einer Vielzahl von Branchen“, so Reji Puthenveetil, Executive Vice President, Industrial Solutions, bei 3D System. Es spricht für die Vielfalt der Anwenderbranchen und die unterschiedlichen Bedarfe der Kunden, aber auch für das breite Angebot der AM-Maschinenhersteller, dass bei jedem AM-Unternehmen ein anderes Produkt stärker nachgefragt wird. Trotz der allgemein höheren Nachfrage, hat Puthenveetil besonders im Healthcare-Sektor und im Bereich Halbleiter-Produktion ein gesteigertes Interesse beobachtet. Ähnlich bei Stratasys, die einen Peak bei PPE, also bei persönlicher Schutzausrüstung, wahrnehmen, aber bei denen alle Branchen wieder anziehen.

Ackermann von SLM Solutions sieht Multilaser-Maschinen als Wachstumstreiber, da Additive Fertigung zunehmend für die Serienfertigung eingesetzt werde. Beglarian widerspricht der Aussage. Denn bei HP sind es vorwiegend die individuell angepassten Produkte, für die ihre Maschinen eingesetzt würden. Nach der Beliebtheit von Metallen beobachtet Xjet nun eine gestiegene Nachfrage nach technischer Keramik. Bei EOS verzeichnet mehr Anfragen bei seiner „Additive Minds Academy“.

Aus welchen Branchen kommt verstärkt Nachfrage?

„Ich sehe für die nahe und mittelfristige Zukunft starkes Wachstum in den Bereichen Oil & Gas sowie Raumfahrt, ebenso hohe Relevanz für die Themen Mass-Customization und Nachhaltigkeit“, sagt Glasser von EOS. Ebenso ist die Personalisierung von Produkten ein Thema. „Dazu gehören beispielsweise medizinische Hilfsmittel, die perfekt auf ihren Träger abgestimmt werden können, in der Automobilindustrie lassen sich Fahrzeugteile wie Blenden personalisieren“, führt Beglarian von HP aus. Neben den klassischen Anwendungsbranchen Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt sowie Automobil, kommen vermehrt Anfragen aus den Bereichen Elektronikfertigung und Maschinenbau.

Die Aussagen der AM-Maschinenhersteller decken sich in etwa mit den Ergebnissen der Umfrage der VDMA Working Group Additive Manufacturing von Februar dieses Jahres. Teilgenommen hatten über 50 Mitglieder, die zusammen die ganze AM-Prozesskette abdecken. 10 % von ihnen hatten im zweiten Halbjahr 2020 einen Umsatzrückgang von über 20 %, wohingegen 12 % ihren Umsatz um über 20 % steigern konnten. Wenig bis keine Einbußen hatten 62 % der deutschen AM-Hersteller. Die meisten der Umfrageteilnehmer (78 %) erwarten in diesem Jahr eine bessere Entwicklung des Marktes.

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