Bauindustrie 4.0 Smarter Straßenbau mit intelligenten Baumaschinen
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Bessere Straßen, kürzere Staus: Forscher der Universität Hohenheim entwickeln eine autonome Steuerung, um die Logistik im Asphaltbau auf Baustellen zu optimieren. Auch ein Fahrerassistenzsystem für Walzenfahrer soll die Bauzeiten verkürzen und die Qualität erhöhen. Jetzt startet das Projekt in der Praxis.

Durch vernetzte Straßenbaumaschinen den Bauprozess optimieren: An dieser Vision haben Wirtschaftsinformatiker der Universität Hohenheim und ihre Kooperationspartner drei Jahre im Projekt „Smart Site – Smarte, autonome Baumaschinen, Baustellenumgebungen und Bauprozesssteuerung für den intelligenten Straßenbau” gearbeitet. Jetzt testen sie es erstmals auf einer realen Baustelle. Die abgestimmte Logistikkette und ein Assistenzsystem für Walzenfahrer sollen die Bauzeit verkürzen und anschließend dafür sorgen, dass der Verkehr lange ungehindert fließen kann.
Schlechte Vernetzung sorgen für Verzögerungen
Die Landesstraße L1205 im schwäbischen Filderstadt braucht einen neuen Straßenbelag. Eine ganz normale Baustelle – die nun als wissenschaftliches Testobjekt dient. Drei Jahre haben die Wirtschaftsinformatiker der Universität Hohenheim gemeinsam mit Unternehmenspartnern aus der Bauindustrie im Projekt „Smart Site” an einem neuen Verfahren zur Vernetzung von Maschinen, Baustellenumgebung und Leitsystemen gearbeitet. Jetzt wollen sie es zum ersten Mal in der Praxis einsetzen.
„Schlechte Vernetzung ist eine häufige Ursache für Verzögerungen auf Baustellen“, erklärt Prof. Dr. Stefan Kirn, wissenschaftlicher Leiter des Projektes an der Universität Hohenheim. „Zum Beispiel darf der Asphalt auf der Strecke vom Mischwerk bis zur Baustelle nicht abkühlen, da er sonst nicht mehr eingebaut werden kann.“ Gleichzeitig müsse der Asphaltfertiger kontinuierlich mit Material versorgt werden – eine logistische Herausforderung.
Bessere Steuerung der Logistik auf Asphaltbaustellen
„Derzeit kennt der verantwortliche Einbaumeister auf der Baustelle oft nicht den genauen Ankunftszeitpunkt eines Lastwagens“, präzisiert Dr. Marcus Müller von der Universität Hohenheim. „Auch der Mischmeister im Asphaltwerk kann den neuen Asphalt nicht rechtzeitig auf die nötige Temperatur vorheizen, wenn er über die exakten Zeiten nicht informiert ist.“
Die Folge sind Produktionsunterbrechungen. „Unser Verfahren erfasst die logistisch relevanten Daten – wie die Geschwindigkeit des Lastwagens und des Fertigers – und speichert sie in einer Cloud-Lösung“, erläutert Dr. Müller. „Auf diese Weise können alle Beteiligten zeitnah informiert werden. Das gewährleistet eine Ankunft des Materials Just-in-Time.“ Der Vorteil: Kürzere Bauzeiten und langlebigere Straßen von besserer Qualität.
Fahrerassistenzsystem unterstützt Walzenfahrer
Bessere Qualität ist auch das Hauptaugenmerk eines weiteren Ergebnisses des Projekts: Ein Fahrerassistenzsystem für die Walzenfahrer. „Über- und Unterverdichtung sind ein großes Problem im Straßenbau“, erklärt Dr. Müller. „Wird der Asphalt zu wenig verdichtet, ist er spröde und muss schneller wieder saniert werden. Verdichtet man zu stark, leidet die Griffigkeit, was vor allem im Kurvenbereich Probleme verursacht.“
Doch auf der gleichmäßig schwarzen Asphaltfläche verliere man sehr leicht den Überblick, welche Bereiche man bereits gewalzt hat. „Unser Fahrerassistenzsystem verschafft Orientierung mit Hilfe weißer Linien, die der Walzenfahrer nachfahren muss – ähnlich wie bei einem Navigationsgerät“, erklärt Dr. Müller. So koordiniere das System mehrere Walzen im Verbund und leitet die Fahrer an.
Digitalisierung im Straßenbau kann Staus und Kosten reduzieren
Über diese Digitalisierung im Straßenbau könne man den gesamten Bauprozess besser überwachen und steuern. „Damit können wir nicht nur Störungen vermeiden, sondern auch den Energie- und Ressourcenbedarf reduzieren“, sagt Dr. Müller. Lange Staus mit hohem Kohlendioxid-Ausstoß, Zusatzkosten durch Bauverzögerungen und vorzeitige Straßenschäden könne das Projekt in Zukunft reduzieren, zeigt sich der Experte zuversichtlich.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert das Projekt seit November 2013 mit insgesamt 2,96 Mio. Euro, wovon 745.000 Euro an die Universität Hohenheim entfallen. Es endet am 31. Dezember 2016.
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