Smart Factory Level One Smart Factory: Mit einer einfachen Strategie zur transparenten Fabrik

Von Steffen Wulf* |

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Mit der Idee von Industrie 4.0 und der Smart Factory ist der Begriff der Transparenz nahezu untrennbar verknüpft. Doch wie erreichen wir eine transparente Fabrik? Welche Strategie können wir nutzen? Welche Voraussetzungen müssen wir schaffen?

Alle Informationen rund um die Faktoren Ort, Zeit und Auftrag kommen auf dem Weg zur Smart Factory zusammen und ersetzen eine fragmentierte Sicht durch eine ganzheitlich transparente Perspektive.
Alle Informationen rund um die Faktoren Ort, Zeit und Auftrag kommen auf dem Weg zur Smart Factory zusammen und ersetzen eine fragmentierte Sicht durch eine ganzheitlich transparente Perspektive.
(Bild: gemeinfrei / Unsplash)

In vielen Smart Factory Modellen1 wird mehr Transparenz als grundlegender und früh platzierter Baustein auf dem Weg zur Smart Factory beschrieben. Diese Form der Transparenz in Echtzeit2 dient auch als Fundament für weitere Verbesserungen und die folgenden Schritte auf dem Weg zur Smart Factory.

Was ist eine transparente Fabrik?

Eine transparente Fabrik ist eine Fabrik, in der ich immer genau weiß, was wann wo los ist – und zwar in Echtzeit. Das bedeutet auch, dass ich sowohl jedes einzelne unerwartete Ereignis oder Problem als auch den genauen Fortschritt aller Aufträge sofort erkennen kann.

Hierfür müssen die aktuellen Geschehnisse nicht nur bekannt sein, sondern auch allen relevanten Personen automatisch und in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden. Nur in dieser Form kann Transparenz auch eine positive Wirkung entfalten. Alle gesammelten Daten nutzen schließlich nichts, wenn niemand damit arbeitet.

Auch der vielfältig zu beobachtende Ansatz, dass Aufträge an Maschinen als Ganzes an- und abgemeldet werden oder Reports zunächst aufbereitet und zu einem späteren Zeitpunkt berichtet werden, führt im Sinne der Echtzeittransparenz nicht weiter.

Hier geht es um sofort: Sofort wissen, wenn ein Problem auftaucht. Sofort wissen, wenn ein Auftrag schneller oder langsamer vorangeht als geplant. Sofort wissen, wie viele Stück genau lieferbereit sind, wie viele Halbfertigprodukte noch an der Anlage bereitstehen.

Welche Strategie führt uns zur transparenten Fabrik?

Für eine transparente Fabrik müssen wir die Plan- und Ist-Zeiten an einem Ort in der Datenwelt zusammen bringen. Ort, Zeit und Auftrag (OZA) gehören in ein System. Wenn wir das vollständig – also für alle Aufträge, Anlagen und Arbeitsplätze geschafft haben, haben wir eine Transparente Fabrik.

Ort, Zeit und Auftrag gehören zusammen – mit dieser einfachen Logik erreichen wir eine transparente Fabrik.
Ort, Zeit und Auftrag gehören zusammen – mit dieser einfachen Logik erreichen wir eine transparente Fabrik.
(Bild: Steffen Wulf/iStock/cnythzl)

Das klingt zunächst einfacher als es ist. Werfen wir einen genaueren Blick darauf:

Der Ort bezeichnet hier die Position eines Materials oder die Position eines Auftrags – in vielen Fällen die aktuelle Anlage - im Werk.
Die Zeit hat den Hauptzweck, den Auftragsfortschritt zu bestimmen. Es geht also zum Beispiel darum, in Echtzeit zu wissen, dass vom Auftrag A, der insgesamt 500 Stück umfasst, 238 Stück bereits Schritt 3 durchlaufen haben, aber noch kein einziges Stück vollständig fertig und lieferbereit ist.
Der Auftrag ist der normalerweise im ERP erfasste und geplante Auftrag. Hier wird schon beim Begriff Enterprise Ressource Planning deutlich, dass es sich um im Wesentlichen um Planzeiten und nicht um Ist-Zeiten handelt. Ein geplanter Auftrag im ERP kennt im Normalfall keine Ist-Zeiten und eine Maschine kennt meist zwar das Programm, also wie das Produkt zu fertigen ist, jedoch nicht den eigentlichen Auftrag und dessen geplante Dauer beziehungsweise Stückzahl.

Zudem sind viele ERP-Systeme auch nicht darauf ausgelegt, Echtzeitdaten von Anlagen und Sensoren zu erhalten und auszuwerten. Hier kommt typischerweise ein Manufacturing Execution System (MES) oder eine IoT-Plattform zum Einsatz. Diese Systeme können sowohl die Aufträge aus dem ERP entgegennehmen (Plan-Zeiten) als auch Echtzeitdaten (Ist-Zeiten) von den Anlagen, Sensoren und Materialbewegungen verarbeiten. So kommen dann Plan- und Ist-Zeiten im System zusammen und können jederzeit ein direktes Abbild der aktuellen Situation in Form eines Dashboards oder ähnlichem anzeigen.

So weit, so gut. Und wie kommen wir jetzt an die notwendigen Daten?

Hierfür gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, Strategien und Technologien. Für eine transparente Fabrik müssen unbedingt alle Arbeitsplätze und Anlagen irgendwie im Netz auftauchen. Es hilft nur bedingt weiter, wenn beispielsweise eine Linie vollumfänglich vernetzt und nach allen Regeln der Kunst Industrie 4.0-fähig ist, aber alle anderen nicht.

Aber keine Sorge, es gibt auch einfache Varianten. Zum Beispiel:

  • können alle Montagearbeits- und Prüfplätze mit Hilfe einer festen IP-Adresse eindeutig verortet und belegt werden.
  • können einfache, einzelne Sensoren die Stückzahl an einer Anlage ermitteln und daraus auch den Materialverbrauch sowie den bestmöglichen Zeitpunkt für Nachschub ableiten. Hier können je nach Produkt unterschiedliche Sensortypen oder auch einfache Lichtschranken zum Einsatz kommen.
  • kann der Auftrag auch weiter manuell auf der Maschine angemeldet werden, wenn ein Sensor den Auftragsfortschritt feststellt.
  • können Behälter mit günstigen ID-Technologien wie RFID, 1D- oder 2D-Codes versehen werden. Wird die ID immer wieder neu einem Material und/oder Auftrag zugeordnet kann hier nicht nur die Position des Materials, sondern jederzeit auch der Bestand (WIP) angezeigt werden: Suchen und Haufen haben ausgedient.

Die Idee des Zusammenführens von Ort, Zeit und Auftrag in einem System mit Hilfe verschiedener Technologien und Vernetzungsstrategien als Skizze.
Die Idee des Zusammenführens von Ort, Zeit und Auftrag in einem System mit Hilfe verschiedener Technologien und Vernetzungsstrategien als Skizze.
(Bild: Steffen Wulf/iStock/cnythzl)

Wenn wir Ort, Zeit und Auftrag konsequent in einem System zusammen gebracht haben, haben wir uns gleichzeitig hervorragende weitere Möglichkeiten erarbeitet:

Wenn bekannt ist, was wann wo passiert, können auch an jedem Ort genau zur richtigen Zeit die richtigen Informationen angezeigt und zur Verfügung gestellt werden. So haben beispielsweise alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch in Audits immer automatisch das Richtige in der aktuellen Version vor Ort zur Verfügung. Stressfreie Audits ohne Vorbereitung? Ja, bitte!

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Zudem können so gegebenenfalls auch auftragsbezogene Änderungen, kürzlich erkannte Qualitätsprobleme und deren Behebung oder auch Qualifizierungsnuggets zur richtigen Zeit vor Augen geführt und genutzt werden. Das sind nur ein paar wenige Vorteile, die genutzt werden können, wenn wir das aktuelle Geschehen mit Hilfe von OZA genau kennen. Im Bild 2 sind ein paar weitere Beispiele angedeutet.

Grundsätzlich wirkt eine transparente Fabrik jedoch als Motor für weitere Verbesserungen und erzeugt eine Dynamik in Richtung mehr Effizienz. Von daher ist es immer sinnvoll, diesen Katalysator so schnell es geht zu nutzen und insbesondere auch die einfachen, kostengünstigen Schritte in dieser Richtung, wie die Installation von Sensoren, nicht zu vernachlässigen. Hier verlieren wir sonst nicht nur wertvolle Zeit, sondern verschwenden auch Geld. Zudem verheddern wir uns ohne klare Strategie für eine transparente Fabrik vielleicht in irgendwelchen zeitraubenden technologischen Details von Industrie 4.0-Vorhaben oder anderen Teilaspekten davon.

Weitere Informationen

1 https://data.fir.de/download/udz/udzpraxis1_2016_1069.pdf

2 Unter Echtzeit sind hier Live-Daten zu verstehen. Eine Zeitsensitivität in diesen Netzwerken ist nicht notwendig. Die üblichen Latenzen via TCP/IP stören in diesem Zusammenhang nicht.

* Steffen Wulf verfügt über 15 Jahre Erfahrung als Lean Experte/Inhouse-Consultant in der Industrie und bietet Projektmanagement, Beratung und Training zur Digitalen Transformation an.

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