Innovative IOT-Geschäftsmodelle Service statt Produkte
Das Internet der Dinge bietet Chancen für innovative Geschäftsmodelle. Doch wie könnten diese aussehen? Und für welche Firmen kommt eine solche Lösung überhaupt in Frage?
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Andreas Michael, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Systemdynamik und Mechatronik der Fachhochschule Bielefeld, sieht im Hinblick auf neue IOT-Geschäftsmodelle ein großes Informationsbedürfnis bei Unternehmern und Führungskräften. „Aus diesem Grund haben wir zusammen mit anderen Forschungseinrichtungen das Projekt `Industrie 4.0 für den Mittelstand´ ins Leben gerufen. Kleinen und mittelständischen Firmen stehen wir bei der Konzeption und Umsetzung von Digitalisierungs-Vorhaben zur Seite.“
Der Diplomingenieur Elektrotechnik (FH) unterstreicht, das Projekt-Angebot kostenloser Schulungen, Beratungen und Quick-Checks sei in der Region Ostwestfalen-Lippe sehr gefragt. „Die Verantwortlichen möchten wissen, wie sie ihre Produktionsabläufe mit Hilfe digitaler Technologie verbessern können.“ Er betont, die Projektteilnehmer fragten vermehrt nach Lösungen, um ihren Kunden 4.0-gestützt „Service statt Produkte“ anbieten zu können.
Service statt Produkte - endlich mehr Zeit fürs eigentliche Geschäft
Auch die REFA-Lehre befasst sich mit der Frage, wie Prozesse optimiert werden können, um dem Menschen mehr Freiräume zu schaffen. Euro- und REFA-Industrial-Engineer Lars Pielemeier erläutert, bei 4.0-gestützten Service-statt-Produkte-Lösungen könnten zeitaufwändige Aufgaben ohne dazwischen geschalteten Menschen erledigt werden. „Und der kann sich dann wichtigen, für den Kunden wertschöpfenden Tätigkeiten zuwenden.“ Als Beispiel nennt der Geschäftsführer des REFA Nordwest-Regionalverbands Ostwestfalen-Lippe intelligente Drucker.
„Der Kunde erhält die Maschine kostenlos - einschließlich Material, Wartung und Zubehör. Er zahlt dann laufend einen Preis für jeden Ausdruck. Und er muss sich um nichts Organisatorisches rund um das Gerät kümmern.“ Über das IoT sendet das Gerät alle Informationen wie Nutzungsdauer, Verbrauch, Stückzahlen oder Ähnliches an das Firmensystem. Und von dort aus werden ebenfalls automatisiert weitere Aktivitäten initiiert. Dazu gehören die Rechnungserstellung, das Melden von Fehlern, Wartungsbedarf oder Material-Nachbestellung (Toner, Papier ...).
Für welche Firmen ist eine 4.0-Lösung „Service statt Produkt“ geeignet?
Die Überlegungen, Service statt Produkte anzubieten, knüpfen an der Ermittlung des Kundenbedarfs an. Hilfreiche Fragen:
- Was ist das Kerngeschäft der Zielkunden?
- Was ist in ihrer Branche ein wichtiges Differenzierungsmerkmal?
- Welche Probleme hat der Kunde?
- Woran scheitert die Lösung?
- Wie müsste ein Service aussehen, der an diesen Bedarf anknüpft?
- Wie lässt sich die Wirtschaftlichkeit einer solchen Lösung darstellen?
- Was ist aus der Sicht potenzieller Kunden wichtiger – die Anschaffungskosten z. B. für eine Technologie oder die „Total Costs of Ownership“?
- Welche Kostenarten spielen bei den Zielgruppen-Firmen eine Rolle: Stück- oder Verwendungspreis?
An diese Fragen angepasst, muss die Servicelösung entwickelt und anschließend technisch und digital umgesetzt werden.
Coffee at Work – ein digitalisierbares Service statt Produkte-Konzept
Ein Unternehmen, dass auf „Service statt Produkte“ setzt und das eine geeignete Ausgangsbasis für eine solche IoT-Lösung bieten würde, ist die Wittener coffee at work GmbH & Co. KG. Geschäftsführer Martin Sesjak beschreibt sein Geschäftskonzept, mit dem er seit über zehn Jahren Firmen mit frisch gemahlenem Kaffee vorsorgt. „Der Kunde erhält von uns nach einer Bedarfsermittlung einen Kaffeeautomaten, der vom Servicetechniker eingestellt wird.“ Hinzu komme Zubehör und Kaffeebohnen. „Der Techniker schaut dann einmal im Monat vorbei, um das Gerät zu überprüfen und ggf. notwendige Wartungen durchzuführen.“ Sesjak räumt ein, es gebe auch in seiner Firma Überlegungen, zukünftig automatisierte, über das IoT kommunizierende Komponenten einzuführen. „Dass unsere Techniker persönlich zu Besuch zum Kunden kommen, ist jedoch Teil unserer Strategie. Denn die Verbindung von Mensch zu Mensch lässt sich nicht digitalisieren.“
Mehrkosten relativieren sich
Natürlich ist der Service unterm Strich teurer als der Kauf eines eigenen Geräts. Doch Lars Pielemeier gibt zu bedenken: „Ein Geschäftskunde kauft sich mit dem Service gleichzeitig mehr Zeit für sein eigenes Geschäft. Statt in einer Warteschleife zu schmoren, kann er die Zeit besser nutzen und Geld verdienen. Deshalb relativieren sich die Kosten.“ Michael ergänzt: „Unternehmen fördern durch solche Angebote die dauerhafte Bindung ihrer Kunden. Denn die Geschäftsbeziehung läuft einfach weiter.“ REFA-Experte Pielemeier nimmt auf der Nachfrageseite ein steigendes Interesse an solchen Angeboten wahr. „Die Erwartungshaltung ist groß. Kunden wünschen sich einen individuellen Service, der möglichst jederzeit verfügbar und in Echtzeit erhältlich ist. Die digitale Transformation und das Internet der Dinge ermöglichen die Schaffung eines fortlaufenden Mehrwerts.“