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Künstliche Intelligenz Schweißtechnik: KI-basierte Parametrierung
Für die Parametrierung von Schweißverbindungen werden viele Schweißversuche und ein fundiertes Fachwissen benötigt. Die richtigen Parameter auf Anhieb zu finden, gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Algorithmen können hier helfen und somit die Vorserienkosten reduzieren.
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Viele Fabrikbetreiber versuchen die Prozessverantwortlichkeit hinsichtlich Qualität und Zuverlässigkeit immer mehr von sich auf die Anlagenhersteller zu übertragen. Die Ursache dafür liegt im Fachkräftemangel, denn die aufwändige Parameterfindung setzt viel Erfahrung und Know-how voraus. Es wird erwartet, dass die eingekaufte Anlage automatisch einen stabilen Prozess einstellt und qualitativ hochwertige Güter liefert. Das stellt eine große Herausforderung für die Anlagenhersteller dar. Ohne die vorherrschenden Bedingungen zu kennen, müssen die Anlagen ihre Aufgaben innerhalb vorgegebener Systemgrenzen weitgehend autonom und zuverlässig erfüllen. Dafür eignen sich insbesondere Algorithmen der künstlichen Intelligenz. Die Vorzüge einer KI-basierten Parametrierung stellen wir nachfolgend am Beispiel des Widerstandspunktschweißens, kurz WPS, im Karosseriebau dar.
Kombination von Materialien und Dicken steigert die Komplexität
Eine typische Autokarosserie kann bis zu 5.000 WPS-Verbindungen aufweisen. Ein Großteil davon besteht aus Zweiblechverbindungen, jedoch sind Dreiblechverbindungen mit unterschiedlichen Blechdicken in der Produktion unausweichlich. Die Kombination unterschiedlicher Materialien und Blechdicken steigern die Komplexität der Parametrierung. Dabei muss sichergestellt werden, dass sich die Schweißlinse ausreichend groß bildet. Der Schweißpunktdurchmesser gilt daher als ein wichtiger Qualitätsindikator, welcher die mechanische Leistungsfähigkeit beeinflusst. In der Produktion wird die Schweißpunktgröße in der Regel zerstörend geprüft. Die Parametrierung neuer Verbindungen stellt einen erheblichen Aufwand dar, dem heute nur durch experimentelles Trial-and-Error begegnet werden kann.
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Automatisierung
KI-Algorithmen können schnelle Vorhersagen bezüglich des WPS-Prozesses treffen und zur Bestimmung der Prozessparameter hinzugezogen werden. Zur Schaffung hoher Prognosegüten sind große Datenmengen notwendig, die im Vorhinein ausgewertet werden müssen. Für die Beurteilung der Schweißqualität können die Prozessdaten aus der Schweißstromsteuerung herangezogen werden. Für das Zusammenführen und Speichern der Prozessdaten bietet die 3plusplus GmbH eine hersteller- und schnittstellenunabhängige Softwarelösung an. Die Software wurde an das WPS angepasst und im Labor des Fraunhofer IPK implementiert. Mittels eines Dashboards wurde der Schweißprozess durch eine In-situ-Parameterdarstellung visuell begutachtet sowie parallel die Speicherung der relevanten Daten vorgenommen.
Den Ausgangspunkt für die Implementierung des KI-Algorithmus bildet ein ausreichend großer Datensatz, der mittels einer Parameterstudie mit einem Versuchsaufbau erstellt wurde. Sämtliche Schweißversuche wurden mit einem gängigen hochfesten Dual-Phaser-Stahl aus der Automobilindustrie durchgeführt. Durch Variation des Schweißstroms im Bereich von 7,7 kA und 8,2 kA, der Elektrodenkraft zwischen 2,5 kN und 4,5 kN und der Schweißzeit zwischen 280 ms und 380 ms konnte eine große Varianz an Daten erreicht werden. In der darauffolgenden zerstörenden Prüfung wurde jede Schweißprobe am Schweißpunkt aufgetrennt und der Schweißpunktdurchmesser unter einem Lichtmikroskop vermessen. Die Ablage des gemessenen Durchmessers in einer Datenbank erfolgte unter Zuweisung einer eindeutigen Identifikationsnummer, die die Zuordnung des Durchmessers zu den jeweiligen Prozessdaten sicherstellt.
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KI-Zentrum
KI kann Fügequalität korrekt vorhersagen
Die eingesetzte Software von 3plusplus akquirierte die Prozessdaten der Schweißstromsteuerung, versah sie mit der jeweiligen Identifikationsnummer und speicherte sie anschließend in einer Datenbank ab. Anschließend bereitete das Fraunhofer-IPK die gesammelten Daten auf und sortierte sie entsprechend ihrer Signifikanz. Die zehn wichtigsten identifizierten Prozessmerkmale wurden für das Training der KI verwendet.
Der verwendete KI-Algorithmus eignet sich zur Klassifizierung von Parametern. Allein aus den Prozessdaten kann die KI eine Vorhersage bezüglich der Fügequalität treffen ohne die Proben zerstörend zu prüfen. In 95 Prozent der Fälle konnte die KI die Fügequalität korrekt vorhersagen.
KI-Algorithmen sind anhand von Prozessdaten in der Lage, den qualitativen Output von Schweißverbindungen gut vorherzusagen. Dies kann als Basis für eine KI-basierte Parametrierung genutzt werden. In dem hier vorgestellten Fall des Widerstandpunktschweißens kann die KI anhand der üblichen Prozessparameter, also Schweißstrom, Elektrodenkraft und Schweißzeit, die Fügequalität prognostizieren. Mit den entsprechenden Randwerten, dem Mindestqualitätsmaß am unteren und am oberen Ende des Prozessfensters, ist es möglich, den Schweißbereich abzuleiten. Diese Methodik erlaubt eine drastische Reduzierung des Aufwands der Parametrierung einer neuen WPS-Verbindung und ist auf weitere Schweißverfahren übertragbar.
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Maschinenkonnektivität
Dieser Beitrag ist ursprünglich auf unserem Partnerportal Blechnet erschienen.
* Bassel El-Sari ist wissenschaftlicher Mitarbeiter Füge- und Beschichtungstechnik am Fraunhofer-Institut für Produktionsanalgen und Konstruktionstechnik IPK.
* Anja Baumann und Dirk Fromme arbeiten bei der 3plusplus GmbH.
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