3D Basics Rapid Tooling – so funktioniert additiver Werkzeugbau
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Rapid Tooling lässt sich durch "Schneller Werkzeugbau" übersetzen. Wir haben Definitionen, Anwendungen und vieles mehr zum Rapid Tooling für Sie zusammengefasst.

Kaum ein Bereich in der Produktion ist so sensibel wie der Werkzeug und Formenbau. Formwerkzeuge für Pressen, Stanzen, Spritz- und Druckgussmaschinen waren bislang die teuersten Komponenten in jeder Serienproduktion. Häufig übertrifft der Preis des Werkzeugs sogar die Anschaffungskosten der Maschine, auf der sie eingesetzt werden. Der Grund ist, dass Werkzeuge die entscheidende Instanz sind, die über die Qualität der auf ihnen gefertigten Produkte entscheidet.
Bislang waren die Fertigungsverfahren für Produktionswerkzeuge entsprechend aufwändig: CNC Fräsen, Erodiermaschinen, Präzisions-Schleifmaschinen sind ihrerseits teure Anlagen, die zudem nur von Fachspezialisten bedient und gewartet werden können. Ausgerechnet in diesem sensiblen Bereich dringt nun der bislang mit Vorbehalten behaftete 3D Druck mit dem Rapid Tooling vor. 3D Druck war bislang eher eine Domäne für das Rapid Prototyping, also dem schnellen Herstellen eines haptischen Modells. Für die Serienfertigung oder sogar als Herstellungsverfahren für den Werkzeug und Formenbau ist das Rapid Tooling seit kurzer Zeit im Einsatz.
Was ist "Rapid Tooling"?
Rapid Tooling lässt sich ganz einfach durch "Schneller Werkzeugbau" übersetzen. Das "Rapid" bedeutet in diesem Zusammenhang in der Regel den "3D-Druck". Zwar sind auch moderne CNC-Fräsmaschinen mit erstaunlichen Produktionsgeschwindigkeiten verfügbar. Dennoch bleibt das Rapid Tooling bislang eine Domäne des 3D Drucks.
Beim Rapid Tooling durch additive Fertigung geht es um das Herstellen von Formen bzw. testfähigen Formmodellen. Für Rapid Tooling kommen unter anderem folgende Anwendungen in Frage:
- Tiefziehwerkzeuge für Dünnschicht-Kunststoffteile (Vakuumformverfahren)
- Spritzgusswerkzeuge
- Presswerkzeuge für weiche und harte Materialien (z.B. Aluminiumblech)
- Ggf. auch Stanzwerkzeuge für Dünnmaterialien mit geringer Zugfestigkeit (Papier, Dickfolie, Kunststoff, MDF, Furnierholz)
Obwohl zum Rapid Tooling im ersten Schritt auch das Herstellen eines 1:1 Formmodells gehört, bedeutet es im Wesentlichen die Herstellung eines verwendbaren Produktionswerkzeugs durch additive Fertigung.
Neben den deutlich schnelleren und preiswerteren Herstellungsverfahren für die Formteile, bietet das Rapid Tooling im 3D Druck noch einen weiteren, einzigartigen Vorteil: Durch das 3D-Druckverfahren können gezielt Kühlkanäle in das Werkzeug eingearbeitet werden, die in dieser Form bei den traditionellen Herstellungsverfahren nicht ausführbar sind. Das bedeutet: Sie können mit Rapid Tooling Leitungen für Kühlflüssigkeit in beliebigen Querschnitten, Radien und Positionen einarbeiten. Bei den bisherigen Herstellungsverfahren für Werkzeuge war dies nur durch das Setzen mit gezielten Bohrungen möglich. Eine Bohrung diktiert aber über ihre gesamte Länge ihre lineare Ausrichtung und ihren Querschnitt. Die "gedruckten" Kühlkanäle beim Rapid Tooling lassen sich aber exakt auf eine optimale Wärmeabfuhr hin optimieren. Die thermisch durch das Rapid Tooling optimierten Werkzeuge lassen sich heute bereits für die Herstellung interessanter Stückzahlen einsetzen. In der Praxis setzt sich daher ein Trend allmählich durch: Preiswerte und thermisch optimierte Werkzeuge aus dem Rapid Tooling verdrängen allmählich die traditionellen Kavitäten aus Aluminium oder Stahl.
Rapid Tooling in der Praxis
Das Rapid Tooling ist in drucklosen und technisch vergleichsweise gering belasteten Produktionsverfahren heute bereits ein standardmäßig eingesetzter Weg. Besonders unkritisch ist es für folgende Produktionsmethoden:
- Sandgießen mit Formhälften
- Laminieren
- Vakuum-Tiefziehen
Sandgießen mit Formhälften ist das drucklose Füllen von Formhälften aus gepresstem Sand. Hierbei wird ein Formkern in der Hälfte gespalten. Beide Hälften werden in jeweils eine Kiste gelegt. Mit einem leichten Bindemittel versetzter Sand wird in diese Kiste gefüllt und verdichtet, bis dieser zuverlässig die Hohlform des Gießkerns angenommen hat. Die Kernhälften werden entnommen und die beiden Kisten aufeinander gelegt. Nun ist in ihrem Inneren eine Hohlform, welche den Kern als Negativ abbildet. Diese Form wird nun mit heißem Metall, beispielsweise Aluminium, Kupfer oder Magnesium, gefüllt. Nach dem Abkühlen und Aushärten der Metallform wird der Sand entfernt. Nach Sieben und leichtem Zermahlen kann der Sand wiederverwendet werden. Ebenso ist der Gießkern immer wieder verwendbar. Rapid Tooling bezieht sich bei diesem Verfahren auf die Herstellung des Formkerns.
Beim Laminieren wird eine Hohlform hergestellt, die schichtweise mit in Kunstharz getränkten Fasermatten belegt wird. Üblich sind hierbei die Verwendung von GFK oder CFK Matten. Bei großformatigen Produkten wird die Form in mehreren Teilen gedruckt.
Beim Vakuum-Formziehen wird ein erwärmtes Dünnmaterial aus Kunststoff über einen 3D-gedruckten Formkern gezogen. Anschließend wird die Luft unter dem Dünnmaterial abgesaugt. Dadurch schmiegt sich das Material exakt an den Formkern aus dem Rapid Tooling an. Dieses Verfahren eignet sich zur Herstellung von Hauben, Deckeln, Gehäuseteilen oder als Gießform für Gipsprodukte.
Bei technisch mittelmäßig belasteten Verfahren, wie beispielsweise das Spritzgießen von Kunststoff, ist das Rapid Tooling heute auf dem besten Weg zum neuen Standard zu werden. Die Vorteile überwiegen derart, dass es doch sehr verwunderlich wäre, wenn in zehn Jahren noch an den alten Verfahren festgehalten würde. So kostet ein Formwerkzeug aus dem Rapid Tooling nur etwa 1/100 von dem, was ein traditionell hergestelltes Spritzgusswerkzeug aus Aluminium kostet. Da macht es auch nichts, dass dieser Ansatz für Werkzeug und Formenbau durch Rapid Tooling eine geringere Anzahl von Takten erlaubt. Einmal fertig konstruiert, ist ein neues Werkzeug binnen weniger Stunden durch Rapid Tooling wieder hergestellt und kostet nur noch wenige hundert Euro.
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Rapid Tooling
Zwei Projekte des additiven Werkzeugbaus
Technologien für das Rapid Tooling
Das Rapid Tooling umschreibt ganz allgemein den Begriff "Schneller Werkzeugbau". Rapid Tooling durch additive Fertigung, bzw. durch 3D-Druck sind die exakten Bezeichnungen für diesen neuen Bereich industrieller Produktion.
Wie bei jedem 3D Druck auch, sind für das Rapid Tooling primär ein Bildschirmarbeitsplatz und ein 3D-Drucker erforderlich. Am Computer wird nicht nur das Modell für den Prototyp entwickelt. Er dient außerdem dazu, das Werkzeug exakt auszulegen und die Druckdateien (meist STL-Dateien) bereit zu stellen. Dazu kann neben den üblichen 3D-Konstruktionsprogrammen noch eine Vielzahl weiterer Software erforderlich sein. Vor allem Simulationsprogramme sind insbesondere bei Spritzgießverfahren wichtig. Temperaturverteilung im Bauteil und Werkzeug sowie Spannungsverteilungen im Werkzeug während des Produktionsvorgangs sind mit Hilfe dieser Programme darstellbar. Das Werkzeug sowie die Parameter der Produktion lassen sich damit exakt für ein optimales Ergebnis auslegen. Das gilt beim Kunststoff-Spritzguss unter anderem für die Kühlkanäle. Mit ihrer Hilfe lässt sich das Erstarren des eingespritzten Plastiks exakt steuern. So sind beispielsweise unterschiedliche Oberflächengüten während des Produktionsvorgangs herstellbar: Deckel von Gehäusen werden an der sichtbaren Oberfläche gerne hoch glänzend bestellt, während die nicht sichtbare Oberfläche rau bleiben kann. Dies ist nur durch Rapid Tooling herstellbar.
Ein geeignetes additives Verfahren für das Rapid Tooling ist der SLA-Druck. Dieses Verfahren verwendet ein Kunstharz, das mit einem Laser beschossen wird. Von allen 3D Druckverfahren bietet der SLA-Druck die glatteste Oberfläche. Rapid Tooling per Filament-Druck macht meist noch eine leichte Nacharbeit erforderlich, um die Konturen zu glätten. Alternativ zum SLA-Druck ist auch das Laser-Sinter Drucken mit Kunststoffpulver für das Rapid Tooling verwendbar. Die im industriellen Einsatz befindlichen FLA-Drucker überzeugen aber durch sehr günstige Kosten für Geräte und Rohmaterial. Sie bieten heute eine ausreichende Qualität, so dass sich das Rapid Tooling auch mit ihnen gut umsetzen lässt.
Welche Vorteile ergeben sich durch Rapid Tooling?
Das Rapid Tooling, also der Werkzeug und Formenbau über 3D Druck, bietet gegenüber den traditionellen Herstellungsverfahren für Formwerkzeuge folgende Vorteile:
- wesentlich geringere Herstellungskosten
- wesentlich geringere Herstellungszeit
- weniger Bearbeitungsmaschinen erforderlich
- kürzere Entwicklungszyklen
- Werkzeuge mit verbesserter Kühlleistung herstellbar
- weniger Fachkräfte notwendig
Alles, was für die Herstellung von einem Formwerkzeug über Rapid Tooling erforderlich ist, ist ein 3D Drucker und eine CAD-Software. Der 3D Drucker fertigt additiv, das heißt ohne die Herstellung von Spänen und Schleifstaub. Dadurch ist sein Materialverbrauch sehr effizient. Setzt man dem Rapid Tooling die Bearbeitungsmaschinen gegenüber, welche bislang für den Werkzeug und Formenbau erforderlich sind, wird der Vorteil deutlich: Für das Rapid Tooling ist keine CNC Fräse, keine Erodiermaschine und keine Feinschleifmaschine erforderlich.
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Rapid Tooling und seine verwandten Einsatzverfahren
Rund um die additive Fertigung generieren sich permanent neue Begriffe. Diese sind teilweise synonym, teilweise haben ihre Bedeutungen zwar Schnittmengen, müssen aber dennoch voneinander abgegrenzt werden.
Rund um das Additive Manufacturing etablieren sich in der industriellen Anwendung folgende Begrifflichkeiten, wenn es um das Rapid Tooling geht:
- Direct Tooling: Die im Direct Tooling hergestellten Werkzeuge sind sofort im Produktionsprozess einsetzbar.
- Indirect Tooling: Beim Indirect Tooling wird nicht ein fertiges Werkzeug, sondern ein Testmodell für ein später anzufertigendes Werkzeug hergestellt. Es ist durchaus belastbar und für die Herstellung einiger Prototypen und Vorserienprodukte zu gebrauchen. Großserien lassen sich auf dem im Indirect Tooling hergestelltem Produktionswerkzeug aber nicht realisieren.
- Prototype Tooling: Das Prototype Tooling ist eng verwandt mit dem Indirect Tooling. Es beschreibt sowohl die Herstellung des Werkzeug-Prototypen als auch der Prototypen des Endprodukts, die auf dem Werkzeug hergestellt werden.
- Rapid Manufacturing/Prototyping: "Rapid" wird zwar synonym für den 3D-Druck verwendet. Es bedeutet aber nicht zwangsläufig seinen Einsatz zur Herstellung im Formen- und Werkzeugbau. Das "Rapid Manufacturing" kann sich auch direkt auf den 3D-Druck des gewünschten Endprodukts beziehen. Bei der Herstellung von Einzelstücken und Vorserienmodellen spricht man vom "Rapid Prototyping". Sollen aber hohe Stückzahlen durch 3D Druck produziert werden, spricht man vom "Rapid Manufacturing".
- Rapid Repair: Besonders interessant sind die Rapid-3D-Druckverfahren bei Wartungs- und Instandsetzungsaufgaben. Unter dem Stichwort "Rapid Repair" werden die 3D Drucker zur Herstellung von Ersatzteilen verwendet. Dies ist vor allem bei autarken, autonomen bzw. schwer erreichbaren Einsatzgebieten extrem vorteilhaft. Schon heute werden U-Boote, Ölbohrplattformen oder schwer zugängliche Expeditionen mit leistungsstarken 3D-Druckern ausgestattet, mit denen sie sich bei Bedarf ihre Ersatzteile selbst herstellen können.
Weitere Aspekte vom Rapid Tooling
Das Rapid Tooling ist nicht ausschließlich auf den 3D-Druck mit Kunststoff-Filamenten oder Harzen beschränkt. Additive Fertigung ist heute mit praktisch jedem Material möglich. Vor allem beim Metalldruck wurden in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Rapid Tooling mit Metalldruck erzeugt belastbare Werkzeuge, mit denen der Nachteil der geringen Lebensdauer unter Volllast teilweise kompensiert werden kann. Rapid Tooling mit Metallpulver erzeugt gesinterte Strukturen. Diese können zwar mit beliebigen Geometrien - vor allem den praktischen innenliegenden Kühlkanälen - ausgestattet werden. Das Rapid Tooling ist jedoch noch eine sehr junge Technologie, die hier auch in Zukunft für innovative Durchbrüche sorgen wird.
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