Qualitätsmanagement Qualitätssicherung in der Prozesskette der Additiven Fertigung
Die Qualitätssicherung muss von der Auftragsannahme bis zur Endfreigabe beachtet werden. Bei AM stellen neue technische sowie rechtliche Aspekte die Anwender vor Herausforderungen. Hier finden Sie die wichtigsten Aspekte der additiven Qualitässicherung.
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Der Qualitätssicherung (QS) und deren rechtlichen Aspekten kommt in der additiven Fertigung eine besondere Bedeutung zu, denn während die QS in den vor- und nachgelagerten Prozesse in eigener Hand liegt, ist die Prozessüberwachung während des eigentlichen Bauprozesses vom Maschinenhersteller vorgegeben.
Allgemein empfiehlt sich zu Beginn folgende Vorgehensweise:
- 1. Analysieren der Prozessabläufe
- 2. Definition der Prozessschritte
- 3. Analyse der Prozessschritte in Bezug auf QS-Anforderungen
- 4. Festlegung der Qualitätssicherungs-Maßnahmen
- 5. Beschreibung der QS-Maßnahmen und –Forderungen in der jeweiligen Dokumentation
- 6. Ermittlung rechtlicher Aspekte
Zunächst sollte eine Prozesslandschaft definiert werden. Hierin werden auch alle unterstützenden und Management-Prozesse festgelegt. Unterstützende Prozesse sind beispielsweise Einkauf, IT, Versand, Instandhaltung, F&E – Management-Prozesse sind zum Beispiel strategische Planung, Kommunikation, HR sowie Controlling & Finanzbuchhaltung.
Anschließend ist es sinnvoll, Unterprozesse zu definieren (hier beispielhaft: Produktion) und die dazugehörige Qualitätsüberprüfung festzulegen.
Rechtliche Aspekte werden bei AM immer wichtiger
Die rechtlichen Aspekte spielen in der AM-Fertigung eine immer größere Rolle – dies geht von den IP-Rechten (wem „gehören“ zum Beispiel CAD-Dateien, die aber hinsichtlich der Konstruktion bei einem Dienstleister noch optimiert wurden?) bis zu der Frage, was genau denn alles im Rahmen der Auftraggeber-Dienstleister-Vereinbarung festgelegt werden muss. Im letzten Fall kann man sich allerdings sehr gut an der klassischen Vertragsprüfung, die ja auch in anderen Bereichen Anwendung findet, orientieren.
Zu Beginn des Ablaufs sollten im “Pre-Process” folgende Schritte Beachtung finden (QS-Aspekte finden Sie in Klammern):
- 1. Aufträge auf Vollständigkeit prüfen (Vertragsprüfung)
- 2. Rechtliche Aspekte überprüfen
- 3. Machbarkeitsanalyse durchführen
- 4. Ressourcenplanung (Maschinenbelegung)
- 5. Zeitberechnung durchführen
- 6. Angebot erstellen
- 7. Auftragsbestätigung an Kunden senden
Anschließend muss der Baujob vorbereitet werden. Hierzu ist das Offset (Aufmaß) und die Supportstruktur (innen- und außenliegende Abstützung des Bauteils) festzulegen, danach muss die Bauraumplanung durchgeführt werden und die Druck-Parameter ausgewählt sowie festgelegt werden. Aus QS-Sicht sollte hierbei besonderes Augenmerk auf zwei Punkte gelegt werden:
- Die Software-Validierung der Konstruktions- / Simulations-Software muss sorgfältig durchgeführt werden, bevor die Software zum Einsatz kommt. Hier sollte im besten Fall eine dokumentierte Freigabe erfolgen.
- Durchführung einer Bauraum-Qualifizierung – hierdurch wird ersichtlich, wo und in welcher Orientierung die besten und schlechtesten Ergebnisse (z.B. der mechanischen Kennwerte) im Bauraum erzielt werden. Dies ist wichtig, damit bei entsprechenden Kundenforderungen die Ergebnisse sicher eingehalten werden können.
Noch ist die Prozess-Sicherheit teilweise unzureichend
Für den eigentlichen Bauprozess beziehungsweise Baujob sind folgende Arbeitsschritte zu beachten (die QS-Aspekte finden Sie in Klammern hinter jedem Arbeitsschritt):
- Pulver bereitstellen (Wareneingangsprüfung)
- Substratplatte bereitstellen (Feuchtigkeit messen)
- Filter prüfen / reinigen (Wartungspläne)
- Maschine einrichten (Checkliste)
- Bauprozess starten (Qualifikation Maschinenbediener)
- Bauteile auspackenn (Überprüfung auf Fehler)
- Pulver sieben / einlagern (Messmittelüberwachung Siebe)
Wie bereits erwähnt, ist die Prozess-Sicherheit während des Bauvorgangs nur unzureichend überwacht – allerdings arbeiten alle Druck-Maschinen-Hersteller mit Hochdruck an Monitoring-Systemen, die nicht nur gigantische Datenmengen liefern, sondern diese systematisch aufbereiten und komprimieren, sodass eine übersichtliche Beurteilung der Qualitätsfähigkeit möglich ist.
Eine weitere Möglichkeit, den Produktionsprozess zu analysieren, besteht über eine Prozess-FMEA (Fehler-Möglichkeiten- und Einfluss-Analyse). Hierbei werden Fehler nach Fehlerorten und Prozess-Schritten (Fehlerursprung) gesammelt und hinsichtlich Auftretenswahrscheinlichkeit, Entdeckungswahrscheinlichkeit und Bedeutung für den Kunden bewertet. Hieraus kann eine sogenannte „Risikoprioritätszahl“ abgeleitet werden, die zeigt, wo der Handlungsbedarf am dringendsten besteht.
Schlechtes Post-Processing kann Teile unbrauchbar machen
Insbesondere die Pulverentfernung aus den Kanälen ist ein wichtiges Thema, denn wenn Pulverreste nicht entfernt werden, verhärtet sich das Pulver bei einer möglicherweise nachgeschalteten Wärmebehandlung und die (Kühl-) Kanäle sind damit ohne Funktion, was die Funktionalität des gesamten Bauteils in Frage stellen kann. Inzwischen gibt es einige Systeme auf dem Markt, die alle Funktionalitäten (Pre-Processes, Baujob, Post-processes) in einem kombinierten Aggregat anbieten.
Bei den der Produktion nachgeschalteten Prozessen sind folgende qualitätssichernde Aktionen (in Klammern) empfehlenswert:
- Pulver aus Kanälen entfernen (Wirksames System schaffen)
- Wärmebehandlung (Standards festlegen)
- Abtrennen der Bauteile (Wartungspläne)
- Stützstrukturen entfernen (Control Plan)
- Mechanische Nachbearbeitung (gegf. extern) (Qualifizierung von Dienstleistern)
Für die Endfreigabe sind folgende QS-Maßnahmen (in Klammern) zu beachten:
- Sichtkontrolle (Bild-Dokumentation)
- Geometrie (Messmittelüberwachung)
- Mechanische Eigenschaften (Zulassung Prüflabor)
- Kennzeichnung (Auswahl Kennzeichnungsverfahren)
- Prozessparameter (Control Plan / Checklisten)
Hinsichtlich der Dokumentation ist zu beachten, dass im Zuge einer möglicherweise anzustrebenden Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001 kein Handbuch mehr erforderlich ist. Handelsrechtliche Forderungen wie Produktsicherheit und Aufbewahrungsfristen der Dokumente sind aber in jedem Fall zu beachten. Unter Beachtung all dieser beschriebenen Aspekte ist eine gesicherte und weitgehend fehlerfreie Produktion gewährleistet. Allerdings steckt oft der „Teufel“ im Detail.
Fehlende oder ungenaue Absprachen und Vereinbarungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer führen oft zu Problemen bei der Bauteilabnahme. Oft hat der Kunde allerdings auch keine detaillierten Vorstellungen von den zu fordernden Materialeigenschaften wie Zugfestigkeit oder Dehnung – in den meisten Fällen ist die genaue Geometrie und eine zu erreichende Härte vorgegeben.
Um diese Eigenschaften sicher einzuhalten, ist es umso wichtiger, über statistische Erfassungen (Bauraumqualifizierung, Gefüge-Untersuchungen, Prüfung der mechanischen Eigenschaften, Methoden der zerstörungsfreien Prüfung etc.) einen zuverlässigen und reproduzierbaren Prozess zu etablieren.
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