Expertenbeitrag

 Peter Lutz

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SERCOS International e.V.

Industrielle Kommunikation OPC UA und TSN – gemeinsame Sprache für die Zukunft

Autor / Redakteur: Peter Lutz / Redaktion IoT

Durch die Kombination von OPC UA und TSN gelingt der Datenaustausch zwischen Geräten verschiedener Hersteller. So entsteht eine einheitliche Kommunikation, die viele Vorteile mit sich bringt.

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Die Verbindung aus OPC UA und TSN ermöglicht eine echtzeitfähige Kommunikation.
Die Verbindung aus OPC UA und TSN ermöglicht eine echtzeitfähige Kommunikation.
(www.pixabay.com)

Zwei Schlagworte beherrschen zur Zeit die Diskussionen um das Thema industrielle Kommunikation: Time Sensitive Networking, kurz TSN und OPC UA. TSN umfasst eine Reihe von Erweiterungen des Standards IEEE 802.1, die dazu führen, dass Ethernet-Kommunikation in Zukunft ohne spezielle Erweiterungen Echtzeitanforderungen erfüllen kann. Kombiniert man diese neuen Eigenschaften des Ethernet mit dem industrieweit anerkannten Standard OPC UA, so scheint eine gemeinsame Sprache für den Datenaustausch zwischen Geräten verschiedener Hersteller möglich zu sein.

Der TSN Standard

Die Initiative für eine Erweiterung des Ethernet Standards um Echtzeitmecha­nis­men ging von der Audio/Video-Branche aus. Bis 2012 nannte sich die entsprechende Arbeitsgruppe der IEEE Audio / Video Bridging Task Group (AVB). Mit der Aus­weitung des Anwendungsbereichs auf Industrie, Automobil und andere Segmente wurde sie in Time-Sensitive Networking Task Group umbe­nannt.

Bild 1 macht deutlich, dass der TSN Standard aus vielen Elementen besteht. Für die Anforderungen  in industriellen Anwendungen haben folgende Elemente die größte Relevanz:

  • AS: Zeitsynchronisation
  • Qbv: Scheduling
  • Qcc: Netzwerkkonfiguration

Ein umfassendes Standardwerk wie TSN lässt für die Anwendung Interpretationsspielraum. Es gibt viele Möglichkeiten standardkonforme Lösungen umzusetzen. Aufgrund dieser Freiheits­grade ist es notwendig auf Basis des Standards ein einheitliches Kommunikationsprofil zu definieren. An diesem Ziel arbeiten Unternehmen gemeinsam in der Avnu Allianz. In den Arbeitsgruppen Audio/Video, Automobil und Industrie der Avnu wird ein für den jeweiligen Anwendungs­bereich optimiertes Kom­mu­­ni­kations­profil definiert.

Bild 1: Elemente des Standards IEEE 802.1 (Quelle: Bosch Rexroth AG)

OPC UA für die Control-to-Control-Kommunikation

In der Kommunikation zwischen Steuerungen und HMI-Systemen hat sich OPC UA seit Jahren als herstellerübergreifende Lösung etabliert. Nahezu jeder Steuerungshersteller bietet für seine Produkte einen OPC Server an. Alle führenden HMI-Systeme enthalten dazu als Gegenstück einen OPC Client, mit dem Daten aus den Steuerungen gelesen werden können. Diese Art der herstellerübergreifenden Kommunikation ist bislang nicht echtzeitfähig und ist dadurch charakterisiert, dass genau zwei Kommunikationsteilnehmer am Informations­austausch beteiligt sind.

Beide Einschränkungen werden aktuell in Arbeitsgruppen der OPC Foundation aufgehoben. Der OPC UA Pub/Sub Standard ermöglicht es, dass ein Gerät eine Information allen anderen Kommunikationsteilnehmern im Netzwerk zur Verfügung stellt. Mit der Verabschiedung der Spezifikation ist noch im ersten Halbjahr 2017 zu rechnen. Gleichzeitig arbeitet die TSN Arbeitsgruppe in der OPC Foundation an der Verbindung von OPC Kommunikation mit den Echt­zeitmechanismen von TSN. Damit werden die Grundsteine für einen echtzeitfähigen, herstellerübergreifenden Datenaustausch zwischen Steuerungen gelegt, um z.B. wie in Bild 2 dargestellt Maschinen­module in einer Fertigung zu synchronisieren.

Bild 2: Kommunikationsebene in der Industrieautomatisierung (Quelle: Bosch Rexroth AG)

Das TSN Manufacturing Testbed des IIC

Damit die Anwender von neuen Standards profitieren, müssen diese von mehreren Herstellern unterstützt und verifiziert werden. Das Industrial Internet Consortium (IIC) bietet mit seinen Testbeds eine Plattform, um Lösungen bereits im Prototypen­stadium herstellerübergreifend zu testen. Im TSN Manufacturing Testbed verfolgen mehr als zehn Unternehmen das Ziel die Kommuni­kation zwischen Steuerungen auf Basis von OPC UA Pub/Sub und TSN zu reali­­sieren. Das Konsortium hat einen ersten Demon­strator auf der SPS/IPC/Drives 2016 in Nürnberg vorgestellt (Bild 3).

Bild 3: Der Demonstrator des TSN Manu¬facturing Testbed auf der SPS/IPC/Drives 2016. (Quelle: Bosch Rexroth AG)

In einer viel beachteten Presse­konfe­renz bekannten sich ABB, Bosch Rexroth, B&R, CISCO, General Electric, KUKA, National Instruments, Parker Hannifin, Schneider Electric, SEW-EURODRIVE und TTTech zum gemeinsamen Ziel OPC UA und TSN in den zukünf­tigen Generation ihrer Produkte zu unterstützen. Sie sehen darin eine einheitliche Kommuni­kationslösung im industriellen Internet of Things (IIoT) bis zur Steuerungsebene.

Interoperabilität erfordert gemeinsame Sprache

Mit der Integration von OPC UA und TSN in Produkte wird es möglich eine echtzeitfähige Kommunikationsverbindung zwischen Steuerungen verschiedener Hersteller aufzubauen. Dies ist für den herstellerübergreifenden Informationsaustausch allerdings noch nicht ausreichend. Wie bei einem Telefon­gespräch, ist neben einer funktionierenden Verbindung auch eine gemeinsame Sprache erfor­der­lich (Bild 4). In der industriellen Kommunikation stellen Applikations­profile die gemeinsame Sprache dar. Beispiele sind Applikationsprofile für Antriebsdaten, IO und Safety.

Bild 4: Bedeutung von Kommunikationsprofil und Applikationsprofilen

Der Nutzen für die Anwender

Die Vereinheitlichung der Kommunikation zwischen Steuerungen bringt für Maschinen­betreiber, Maschinenhersteller und auch für die Automatisierungsanbieter Vorteile. Der heute bei projektspezifischen Lösungen für die Integration von Maschinen zu erbringende Aufwand wird erheblich reduziert. Es ist nicht mehr notwendig für proprietäre Lösungen Spezialwissen aufzubauen. Neben geringeren Enginee­ring­­kosten resultieren daraus kürzere Inbetriebnahme­zeiten. Da für die Kommunikation von der Steuerung zu HMI-Geräten, zur Leitebene und zu anderen Maschinensteuerungen eine durchgängige Lösung eingesetzt wird, sinkt der Wartungs­aufwand.

Automatisierungsanbieter müssen heute eine Vielzahl unterschiedlicher Kommunikations­anbindungen unterstützen. Dies verursacht Entwicklungsaufwand ohne direkten Kunden­nutzen. Die Fokussierung auf eine einheitliche Kommunikationslösung spart Ressourcen, die für eine Erhöhung des Innovationstempos eingesetzt werden können.