Industrie 4.0 Lastermittlung in AM-Bauteilen

Autor / Redakteur: Markus Oettel / Stefan Guggenberger

Durch direkt, stoffschlüssig in das metallische, additiv gefertigte Bauteil integrierte Sensorik ist es möglich, auftretende Lasten exakt zu erfassen.

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Durch die Integration von Aktoren und Sensoren in AM-Bauteile schaffen diese einen Mehrwert, im Vergleich zu herkömmlichen Teilen und liefern damit, im Sinne der Industrie 4.0, wirkstellennahe, bauteil- bzw. prozessspezifische Daten.
Durch die Integration von Aktoren und Sensoren in AM-Bauteile schaffen diese einen Mehrwert, im Vergleich zu herkömmlichen Teilen und liefern damit, im Sinne der Industrie 4.0, wirkstellennahe, bauteil- bzw. prozessspezifische Daten.
(Bild: gemeinfrei // pixabay)

Additive Fertigungsverfahren, wie das Laserstrahlschmelzen (LBM), bieten große geometrische Freiheiten bei der der Herstellung innovativer Bauteile. Um den meist noch hohen Fertigungskosten einen entsprechenden Mehrwert entgegen zu stellen, werden Ansätze verfolgt, durch Sensorik und Aktorik neue Funktionen direkt in das Bauteil zu integrieren.

Demonstrator zeigt wie Funktionsintegration funktionieren kann

Bereits jetzt gibt es einige Anwendungsbeispiele, wo sensorisch oder aktorische Funktionen in laserstrahlgeschmolzenen Bauteilen integriert wurden. So wurden beispielsweise Thermoelemente [1, 2], vorgefertigte elektronische Komponenten beziehungsweise Systeme [3, 4], optische Sensoren [5, 6] oder piezoelektrische Aktoren [7, 8] erfolgreich eingebettet.

Abbildung 1: Prüfkörper bestehend aus dem Grundkörper, dem Messgitter und der Deckschicht.
Abbildung 1: Prüfkörper bestehend aus dem Grundkörper, dem Messgitter und der Deckschicht.
(Bild: Fraunhofer IWU)

Am Fraunhofer IWU wurden nun erstmals Messgitter zur Lastermittlung direkt in additiv gefertigte, metallische Bauteile integriert. Eine speziell entwickelte Geometrie (siehe Abbildung 1) in Verbindung mit entsprechenden Prozessparametern ermöglichen eine stoffschlüssige Integration während des Fertigungsprozesses. Bei der Herstellung des Prüfkörpers wurde zuerst der Grundkörper mit einer Kavität hergestellt und dann der LBM-Prozess unterbrochen. Anschließend wurde das Messgitter eingelegt und der Prozess fortgeführt, bis auch die Deckschicht fertiggestellt wurde. Die große Herausforderung dabei war, Prozessparametern zu entwickeln, die das Substrat des Messgitters (Werkstoff: Inconel 600) anschmelzen und mit dem Prüfkörper (Werkstoff: 1.4404) stoffschlüssig verbinden, ohne dabei das Messgitter zu beschädigen.

Abbildung 2: Darstellung der zyklischen Prüfkraft und der gemessenen Spannung am Messgitter.
Abbildung 2: Darstellung der zyklischen Prüfkraft und der gemessenen Spannung am Messgitter.
(Bild: Fraunhofer IWU)

Im anschließenden Funktionstest wurde der Prüfkörper zyklisch mit bis zu 5 kN belastet. Wie in Abbildung 2. zu sehen ist, zeigt die Auswertung der Daten eine gute Korrelation zwischen der aufgebrachten Kraft und dem Messsignal. Durch das integrierte Messgitter ist es nun möglich, äußere Lasteinwirkung auf additiv gefertigte, metallische Bauteilen exakt zu bestimmen.

Im Allgemeinen ist das Einbringen von Sensoren in additiv gefertigte Bauteile immer mit dem Nachteil verbunden, dass oftmals keine Wärmebehandlung möglich ist, ohne die eingebrachte Sensorik zu beschädigen. Eine Wärmebehandlung ist jedoch unerlässlich, da in diesem Prozessschritt inhärente Eigenspannungen reduziert und die mechanischen Eigenschaften eingestellt werden. Im vorliegenden Fall übersteht die Sensorik (inkl. Peripherie) jedoch eine nachgelagerte Wärmebehandlung bis 700 °C problemlos.

Automatisierung ist der nächste Schritt

Aktuell wird die Integration der Sensorik während der Prozessunterbrechung manuell durchgeführt [9]. Es gibt jedoch erste Ansätze für einen automatisierten Integrationsprozess direkt in der Laserstrahlschmelzanlage. Zukünftig werden dafür unter anderem die Signalleitungen direkt im additiven Fertigungsprozess durch Multimaterialfertigung entstehen. Erste Lösungsansätze wurden am Fraunhofer IWU bereits erarbeitet. In weiterführenden Untersuchungen gilt es zudem, die Einflüsse aus dem späteren Einsatzumfeld auf das Gesamtsystem zu betrachten, um auch im industriellen Einsatz exakte Messergebnis zu erhalten.

Wie beschrieben, konnte erstmalig die Machbarkeit der Lastermittlung im Inneren von additiv gefertigten, metallischen Bauteilen erfolgreich nachgewiesen werden. Am Fraunhofer IWU wurde hierfür eine entsprechende Prozesskette entwickelt und exemplarisch an verschiedenen Demonstratoren umgesetzt. Das entwickelte Konzept ermöglicht die Detektion von Belastungen und besitzt großes Potential hinsichtlich Zustandsmonitoring und Lebensdauervorhersage insbesondere dynamisch hochbeanspruchten Bauteilen, was bisher nur schwer beziehungsweise nicht möglich war.

Literaturverzeichnis

[1] GEBAUER, Mathias ; MÜLLER, Bernhard ; SPIERINGS, Adriaan ; AL, et: High performance sheet metal forming tooling by additive manufacturing. In: DRSTVENŠEK, Igor; DRUMMER, Dietmar; SCHMIDT, Michael (Hrsg.): 6th International Conference on Additive Technologies - iCAT 2016 : Proceedings : Nürnberg, Germany, 29.-30. November 2016 : DAAAM Specialized Conference. Ljubljana : Interesansa - zavod, 2016, S. 354–361

[2] NEUGEBAUER, Reimund (Hrsg.): Digitalisierung : Schlüsseltechnologien für Wirtschaft und Gesellschaft. 1. Auflage. Berlin, Heidelberg : Springer Vieweg, 2018 (Fraunhofer-Forschungsfokus)

[3] LEHMHUS, Dirk ; AUMUND-KOPP, Claus ; PETZOLDT, Frank ; GODLINSKI, Dirk ; HABERKORN, Arne ; ZÖLLMER, Volker ; BUSSE, Matthias: Customized Smartness: A Survey on Links between Additive Manufacturing and Sensor Integration. In: Procedia Technology 26 (2016), S. 284–301

[4] TÖPPEL, Thomas ; LAUSCH, Holger ; BRAND, Michael ; HENSEL, Eric ; ARNOLD, Michael ; ROTSCH, Christian: Structural Integration of Sensors/Actuators by Laser Beam Melting for Tailored Smart Components. In: JOM 70 (2018), Nr. 3, S. 321–327

[5] HAVERMANN, Dirk ; MATHEW, Jinesh ; MACPHERSON, William N. ; MAIER, Robert R. J. ; HAND, Duncan P.: Temperature and Strain Measurements With Fiber Bragg Gratings Embedded in Stainless Steel 316. In: Journal of Lightwave Technology 33 (2015), Nr. 12, S. 2474–2479

[6] SAHEB, Nouari ; MEKID, Samir: Fiber-Embedded Metallic Materials: From Sensing towards Nervous Behavior. In: Materials (Basel, Switzerland) 8 (2015), Nr. 11, S. 7938–7961

[7] STOFFREGEN, Hanns A.: Selective Laser Melting of Application Tailored Housings for Piezoceramic Actuators. Dresden, 20.09.2013. URL www.ptw.tu-darmstadt.de

[8] MAYER, Dirk ; STOFFREGEN, Hanns Alexander ; HEUSS, Oliver ; THIEL, Jennifer ; ABELE, Eberhard ; MELZ, Tobias: Additive manufacturing of active struts for piezoelectric shunt damping. In: Journal of Intelligent Material Systems and Structures 27 (2016), Nr. 6, S. 743–754

[9] LAUSCH, Holger ; TÖPPEL, Thomas ; PETTERS, Romy ; GRONDE, Bernd ; HERRMANN, Mathias ; FUNKE, Kerstin: Multi-material Approach to Integrate Ceramic Boxed Temperature-sensitive Components in Laser Beam Melted Structures for Bio and Other Applications. In: MÜLLER, Bernhard; Fraunhofer Additive Manufacturing Alliance (Hrsg.): Fraunhofer Direct Digital Manufacturing Conference DDMC 2016. Stuttgart : Fraunhofer Verlag, 2016

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