Unterstützung bei der Digitalisierung Künstliche Intelligenz: Mittelstand hat Aufholbedarf
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Künstliche Intelligenz wird als die Zukunftstechnologie schlechthin gehandelt, doch gerade in KMUs bleiben die Potenziale bislang ungenutzt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz will das mit dem Förderschwerpunkt Mittelstand-Digital ändern.

Im rheinland-pfälzischen Herrstein fertigt das mittelständische Unternehmen Günter Effgen Diamant- und Bornitridschleifwerkzeuge nach individuellem Kundenwunsch und zu großem Teil in Handarbeit an. Doch auch an dem Traditionsunternehmen geht die Digitalisierung nicht spurlos vorbei: Das Unternehmen befürchtet einen Wettbewerbsnachteil, wenn es nicht bald in digitale Technologien investiert. Bislang kommen diese jedoch kaum zum Einsatz, da aufgrund der spezifischen Kundenwünsche hohe Ansprüche an etwaige digitale Lösungen gestellt werden. Mit diesen Anforderungen wendete sich Effgen an das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kaiserslautern, das mittlerweile als Mittelstand-Digital Zentrum Kaiserslautern zum Förderschwerpunkt Mittelstand-Digital des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gehört. Hier erhalten kleine und mittelständische Unternehmen kostenlose und anbieterneutrale Unterstützung bei der Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben.
Gemeinsam mit den Experten des Kompetenzzentrums wurde eine Lösung entwickelt, um die Qualitätskontrolle von Diamant-Schleifstiften, die Effgen für Kunden in der Medizintechnik herstellt, durch Künstliche Intelligenz erheblich effizienter zu gestalten. Wenn die Schleifstifte aus der Produktion kommen, müssen sie optisch kontrolliert werden. Die Anzahl beläuft sich auf mehrere tausend Stück pro Tag – ein kognitiv sehr anstrengender und zeitaufwendiger Prozess. Dank KI soll diese monotone, aber unerlässliche Arbeit in Zukunft automatisiert werden. Hierzu wurden bereits erfolgreich Machbarkeitsstudien mit verschiedenen Anbietern durchgeführt, die von den Fachkräften von Mittelstand-Digital mitbetreut wurden.
KI kommt im Mittelstand noch kaum zum Einsatz
Die Erfolgsgeschichte von Effgen ist nur eine von vielen, die belegen, wie Künstliche Intelligenz auch im Mittelstand erhebliche Wettbewerbsvorteile erzielen kann. Ob Kostensenkungen, Qualitätsverbesserungen oder sogar die Entwicklung neuer, datenbasierter Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle – die Möglichkeiten von KI sind vielfältig. Studien verdeutlichen das große wirtschaftliche Potenzial der Zukunftstechnologie: Der Forschungsbeirat der Plattform Industrie 4.0 erwartet im Jahr 2025 einen Wertbetrag von 488 Milliarden Euro, der in der deutschen Wirtschaft durch KI erzielt wird.
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Kunststoffverarbeitung
Digitalisierung und KI als Helfer in der Kunststoffwelt
Dennoch kommt die Technologie gerade im Mittelstand noch sehr selten zum Einsatz. Laut der neuen Studie „Künstliche Intelligenz im Mittelstand – So wird KI für kleine und mittlere Unternehmen zum Game Changer“, die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz von Mittelsand-Digital durchgeführt wurde, nutzen lediglich sechs Prozent aller befragten Unternehmen bereits KI, wobei es sich dabei vor allem um Großunternehmen und Start-ups handelt. Der Anteil kleiner und mittlerer Unternehmen ist derweil verschwindend gering. In der Studie wurde daher auch erforscht, welche Hürden bestehen und wie diese überwunden werden können.
Größte Hürde: Zu niedriger Digitalisierungsgrad der Unternehmen
Die Studie befragte spezifisch die KI-Trainer von Mittelstand-Digital nach ihren Erfahrungen. Diese unterstützen KMU bei der Suche nach Digitalisierungspotenzialen sowie passenden KI-Lösungen und präsentieren im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen wie Roadshows, Workshops oder an Demonstratoren die Potenziale von KI. 6.500 Unternehmen konnten sie auf diese Weise in den letzten drei Jahren bereits unterstützen, wodurch sie einen umfassenden Blick auf den Status quo von KI im Mittelstand gewinnen konnten.
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Machine Learning
Wie KI und BI den Handel und die Fertigung unterstützen
Als wesentliches Hemmnis bei der Einführung von KI identifizieren sie aktuell die noch fehlende Expertise beziehungsweise das nicht ausreichende Digitalisierungs-Know-how vieler Unternehmen. Oft ist schlicht die digitale Datenbasis der Unternehmen noch nicht groß genug, als dass sich der Einsatz von KI auch tatsächlich lohnen würde. Viele Unternehmen sind sich zudem gar nicht bewusst darüber, wo in ihrem Geschäftsalltag der Einsatz von KI überhaupt sinnvoll ist. Andere Unternehmen schrecken vor der Technologie zurück, weil sie die Implementierung als sehr kostspielig erachten – obwohl das nicht zwangsläufig der Fall sein muss. Die allgemeine Unsicherheit ist auch deutlich an den Zahlen zu erkennen, die im Rahmen der Studie erhoben wurden: Die große Mehrheit der KI-Trainer – 60 Prozent – gaben an, dass sie vorrangig Unternehmen unterstützen, die zurzeit lediglich mit Prototypen erste Schritte in Richtung KI machen. Nur etwa zehn Prozent der KI-Experten gaben an, bereits mit Unternehmen zusammengearbeitet zu haben, die ausgearbeitete KI-Tools in ihrem Geschäftsalltag erproben.
Mittelstand-Digital unterstützt mit Expertise und finanziellen Zuschüssen
Das Angebot von Mittelstand-Digital arbeitet auf vielfältige Weise daran, KI-Technologie in wesentlich breiterem Umfang in den deutschen Mittelstand zu bringen. Neben den KI-Trainern besteht der Förderschwerpunkt auch aus einem bundesweiten Netzwerk aus regionalen und thematischen Zentren, die als erfahrene Digitalisierungsanlaufstelle für mittelständische Unternehmen dienen. Zum Thema Künstliche Intelligenz startete Mittelstand-Digital zusätzlich den KI-Anwendungsguide, einen On-Demand-Onlinekurs, in dem Teilnehmende einen ersten Überblick erhalten, wo in ihrem Unternehmen KI zum Einsatz kommen könnte und welche Schritte dabei bedacht werden müssen. Der Kurs wird durch ein begleitendes Übungsheft und eine Anwendungsfall-Bibliothek ergänzt, in dem Teilnehmende sich von zahlreichen Use Cases inspirieren lassen können. Wenn es Unternehmen an finanziellen Mitteln zur Umsetzung von KI-Lösungen mangelt, hat Mittelstand-Digital auch hierfür eine Lösung: Im Investitionszuschussprogramm „Digital Jetzt“ können Unternehmer finanzielle Zuschüsse für Digitalisierungsprojekte beantragen. So hat auch der Mittelstand die besten Voraussetzungen, um von den Potenzialen Künstlicher Intelligenz zu profitieren.
* Martin Lundborg ist Leiter der Begleitforschung von Mittelstand-Digital.
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