Kommentar Kommt 5G wirklich oder bleiben wir ewig bei 4,5G?
Der neue Mobilfunkstandard soll moderne Geschäftsmodelle möglich machen und das Rückgrat des digitalen Wandels bilden, aber was genau macht 5G aus – und würde nicht auch der 4,5G-Standard vollkommen ausreichen? Steven Carlini, Vice President of Innovation and Data Center bei Schneider Electric, gibt einen fundierten Ausblick.
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Die Einführung von 5G wird weltweit mit Spannung erwartet und unter Experten heiß diskutiert, aber wann genau wird 5G eigentlich die Nachfolge von 3G und 4G antreten? Denn zuerst erwarten wir den 4,5G-Standard als Evolution von LTE. Und bei genauerem Hinsehen stellt sich die Frage, ob es tatsächlich 5G sein muss, oder ob 4,5G vielleicht ausreicht.
Denn eines ist klar: Der Ausbau von 5G – oder was viele Carrier im Moment 5G nennen – wird in verschiedenen Etappen erfolgen, ebenso wie die damit verbundenen Leistungssteigerungen. Natürlich verstehen Telekommunikationsprovider den aktuellen Hype ganz genau und wollen vom Rennen um immer höhere Mobilfunkgeschwindigkeiten verständlicherweise profitieren. Aktuell beginnt die Telekommunikationsbranche erst damit, in ihre bestehenden LTE-Netzwerke zu investieren, um so höhere Geschwindigkeiten möglich zu machen. Zielsetzung ist in etwa die doppelte Geschwindigkeit von Standard-LTE. Das ist dann zwar nicht wirklich 5G, aber dennoch ein deutlicher Geschwindigkeitsanstieg.
Bis zur Fertigstellung weiterer 5G-Standards Anfang 2020 wird viel Geld investiert, um 4G LTE schneller zu machen. Aber das entspricht nicht unbedingt neuester 5G-Technologie. 5G hat klar definierte Leistungsziele von 10 Gbit/s bei unter einer Millisekunde Latenzzeit. Diese hohen Zielsetzungen machen aber einen völlig neuen Netzwerkverbund aus Edge-Rechenzentren und Funkzugangsnetzen (RANs) erforderlich.
Momentan gibt es aber unter dem Begriff Mobile Edge Computing (MEC) viel Bewegung im Markt, darunter verbirgt sich die Bereitstellung von Mobilfunkdiensten über neue Metro- und Edge-Rechenzentren. MEC wird damit ein erster Schritt in Richtung echtem 5G sein, da die zugrundeliegende MEC-Infrastruktur mit disaggregierter Hard- und Software konzipiert ist. Stand heute konzentriert sich die Branche auf einen logischen Zwischenschritt, also 4,5G oder auch Pre-5G. Das bedeutet, dass die 4,5G-Software solange auf dem MEC läuft, bis die finalen 5G-Softwareversionen fertiggestellt sind.
Pre-5G oder 4,5G
Pre-5G oder 4,5G basieren auf LTE Advanced beziehungsweise auf LTE Advanced Pro. LTE Advanced ist im Wesentlichen 4G mit Spitzendatenraten bis 1 Gbps bei Latenzzeiten unter 10 Millisekunden. LTE Advanced Pro wiederum kann Spitzendatenraten über 3 Gbps bei Latenzzeiten von unter 5 Millisekunden erreichen. Sowohl LTE Advanced als auch LTE Advanced Pro setzen auf bereits vorhandene LTE-Rechenzentrumstechnologie und realisieren lediglich eine "5G-ähnliche" Leistung auf Grundlage von 4G-Edge-Rechenzentren.
Beide Standards können jedoch problemlos auf volle 5G aufgerüstet werden. Da die Betreiber ihre bestehenden 4G Data Center MEC-Infrastrukturen vor der vollständigen Einführung von 5G aufrüsten müssen, werden sich im Zuge dessen auch Edge-Infrastrukturen fest im Markt etablieren. Damit rückt die Gigabit-Ära definitiv näher. Denn die Datenmengen, die künftig über Mobilfunknetze übertragen werden sollen, werden auch weiterhin kontinuierlich steigen. Aber, egal ob 4,5G oder 5G, Downloadgeschwindigkeiten von einem Gigabit lassen sich künftig mit jeder aktuellen Mobilfunkgeneration erreichen, wie auch immer wir uns entscheiden, diese zu nennen.
Über den Autor
Steven Carlini ist Vice President of Innovation and Data Center bei Schneider Electric.
Dieser Beitrag stammt von unserem Partnerportal IP Insider.
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