Fünfte Generation der Mobilfunktechnologie Kampf der Verbindungen: 5G-Campusnetze vereinfachen IoT-Connectivity
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Eine Vielzahl an IoT-Projekten hat zu Wildwuchs bei der Vernetzung geführt. 5G hat das Potenzial damit aufzuräumen. Denn einer der Vorteile des neuen Standards ist, dass 5G-Campusnetze jedem Unternehmen ermöglichen, sein eigenes 5G-Netz auszurollen.

Funk oder Kabel? Diese beiden Alternativen haben Industrieunternehmen bei der Anbindung ihrer Produktionsstätten und Betriebsgelände an das IIoT. Industrial Ethernet und andere Verkabelungsstandards auf Basis von Kupfer oder Glasfaser sind auch heute noch der Standard bei der Vernetzung von fest installierten Maschinen. Aber reichen diese für die Vernetzung der Industrie 4.0 aus?
Wildwuchs der Connectivity-Standards
Für mobile Lösungen wie selbstfahrende Gabelstapler oder Transportwagen ist eine drahtlose Anbindung unerlässlich. Verbreitet für diesen Zweck sind bisher 2G/3G oder WiFi. Häufig ist sogar beides im Einsatz, da viele Firmen in den letzten Jahren mehrere Generationen von kleinen und großen IoT-Projekten ausgerollt haben. Dies hat zu einem Wildwuchs geführt, da Dienstleister häufig unterschiedliche Connectivity-Technologien bevorzugen.
Viele Anbieter setzen auf IoT-Devices mit einer speziellen SIM-Karte. Sie unterstützt aber nur Datenkommunikation über die in Deutschland und Europa verbreiteten Netze und bei einigen Providern sogar weltweites Roaming. Damit können nicht nur Fahrzeuge auf dem Fabrikgelände, sondern auch LKW, Baumaschinen oder Frachtcontainer ohne großen Aufwand vernetzt werden. Allerdings ist die Bandbreite für einige Anwendungen wie Video nicht ausreichend. 2G- und 3G-Netze werden zudem in naher Zukunft abgeschaltet.
Die zweite Alternative ist WiFi, dass sich durch kostengünstige Hardware und unkomplizierte Installation auszeichnet. Doch es hat kein deterministisches Zeitverhalten, wie es für die Fertigungssteuerung und das IIoT unentbehrlich ist. Selbst der neue Standard WiFi 6 mit 10 Gigabyte maximaler Bandbreite ist kein ausreichender Ersatz, auch nicht unter Idealbedingungen.
Private 5G-Campusnetze als Alternative
Diese Situation spricht für 5G als Vernetzungsalternative. Doch damit ist nicht das öffentliche 5G-Netz gemeint, über das auch Telefongespräche geführt werden. Stattdessen gibt es im Rahmen der 5G-Technologie eine Möglichkeit, private Netze auszurollen, die sogenannten 5G-Campusnetzwerke. Sie sind unabhängig von den öffentlichen Netzen der Telefonanbieter und ermöglichen die Kommunikation in einem kleinen geografischen Bereich, etwa dem Betriebsgelände eines Unternehmens.
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Mehr noch: Jeder Firmenstandort kann mit einem eigenen 5G-Netz ausgestattet werden, das sich verknüpfen lässt. Dadurch entsteht ein getrenntes Netz mit für den Standort ausgewählten Funktionen der öffentlichen Angebote, beispielsweise massive Machine to Machine Communication (kurz: mMTC). Die Berechtigung zur Verwendung dieser Netze wird über spezielle, für das private Netz codierte SIM-Karten oder eSIMs erteilt. Der Aufbau des Netzes ist zudem ähnlich wie beim globalen 5G: Am Standort muss es je nach Geländegröße eine oder mehrere Funkzellen geben. Viele Anbieter ersetzen außerdem die traditionellen Funkmasten durch Mikrozellen, die – ähnlich wie WiFi-Basisstationen – auch innerhalb von Gebäuden realisiert werden können. In sehr kurzwelligen Spektralbereichen – etwa dem C-Band – arbeitende Mikrozellen bieten sehr hohe Bandbreiten.
Möglichkeiten der 5G-Infrastruktur
Campusnetze bieten hohe Datenraten von 1 bis 20 Gigabit pro Sekunde, niedrige Latenzzeiten von einer 1 Millisekunde), Sicherheit, Zuverlässigkeit und Skalierbarkeit. Sie eignen sich für eine Vielzahl an Industrieanwendungen, auch im Parallelbetrieb. Das könnte beispielsweise die Videoüberwachung des Betriebsgeländes mit vielen Kameras sein und die gleichzeitige Übertragung von Maschinendaten in größerem Umfang, beispielsweise Echtzeitdaten für einen digitalen Zwilling.
- Für diese Kommunikationsinfrastruktur gibt es mehrere Möglichkeiten: Zunächst können die Unternehmen den Eigenbetrieb der 5G-Infrastruktur wählen. Hierbei wird ein technisch vollständiges, vom restlichen 5G getrenntes Netz aufgebaut.
- Doch aus Kostengründen empfehlen sich Zwischenlösungen, von denen es einige gibt. So können für ein Campusnetz Teile der öffentlichen Netzinfrastruktur eines Telekommunikationsanbieters mitgenutzt werden. Das kann zum Beispiel der eigentliche Netzwerkkern sein oder die Zugangsinfrastruktur durch Radio Access Network und RAN, oder auch beides. Im letzteren Fall wird dem Kunden vom Telefonanbieter einfach ein dediziertes Slice – quasi ein privates, logisch getrenntes 5G-Teilnetz – zur Verfügung gestellt.
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Auch die Hyperscaler bieten jetzt 5G
Vor allem für mittelständische Unternehmen bieten sich kosteneffiziente Möglichkeiten zum Einstieg in privates 5G mit Slicing an. Häufig werden diese Netzwerk-Slices über unterschiedliche Parameter für Bandbreite und Latenz bestimmt. So ist es möglich, einen Slice mit einer hohen Bandbreite für die Videoüberwachung zu verwenden und einen zweiten, unabhängigen, mit einer kurzen Latenz für die Steuerung von autonomen Transportern. Angesichts der zahlreichen Möglichkeiten, 5G zu nutzen, dürfte dieser Standard in naher Zukunft für das IIoT bedeutend werden.
Ein Signal für diese Entwicklung ist auch das Engagement der Cloud-Hyperscaler: Sie haben vor einiger Zeit den Aufbau von 5G-Campusnetzen in ihr Serviceportfolio aufgenommen. Aus ihrer Sicht ist das eine sehr gute Ergänzung zu IoT-Plattformen und weiteren Angeboten für IIoT oder Industrie 4.0. Sie dringen damit in einen Markt ein, der bis vor Kurzem noch von den großen Telekommunikationsunternehmen bestimmt war. Doch eine echte Konkurrenzsituation entsteht nicht, im Gegenteil. Der Markt boomt: Analysten erwarten ein jährliches Wachstum von knapp 40 Prozent.
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Großes Potenzial für das Industrial IoT
Im Moment ist der Aufbau eines 5G-Campusnetzes noch eine aufwendige Investition. Doch sobald eine gewisse Marktdurchdringung erreicht ist, sollten die Preise für die notwendigen Komponenten sinken. Allerdings werden die aktuellen Lieferkrisen das Bergfest noch einige Zeit hinausschieben. Immerhin: Anfang des Jahres war erstmals die Hälfte aller neu verkauften Smartphones 5G-fähig.
Die fünfte Generation der Mobilfunktechnologie hat das Potenzial, ältere Funkstandards im IIoT abzulösen. Es ist schneller und besser als seine Vorgänger, die Geschwindigkeit ist 100-mal so hoch wie die von 4G. Außerdem ermöglicht 5G einen mindestens zehnmal höheren Durchsatz und kann über eine Million Geräte pro Kilometer verbinden. Damit bietet 5G alle notwendigen Leistungsdaten und die von den Unternehmen gewünschte Zuverlässigkeit. Auch die Skepsis gegenüber den Hyperscalern hinsichtlich einer Datenspeicherung in den USA und der Erfüllung der DSGVO könnte bald sinken. Denn Ende März meldete unter anderem das Handelsblatt, dass sich die EU und die USA auf neue Regeln für den internationalen Datenfluss geeinigt haben. Angesichts des starken Wachstums von 5G, IIoT und Cloudservices sind das positive Nachrichten: Unternehmen haben bald die Wahl zwischen zahlreichen IoT- und Netzdienstleistern ohne Sorgen bei der Compliance haben zu müssen.
* Carsten Mieth ist Senior Vice President und Head of Telecommunications, Media & Technology bei Atos.
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