Kommentar von Timothy Chou Ist es an der Zeit, in IoT zu investieren?
Ist IoT mehr als ein vorübergehender Hype oder richtungsweisend? Viele Unternehmen stehen momentan vor der Entscheidung, die Weichen für Ihre digitale Zukunft zu stellen. Aber macht es wirklich Sinn jetzt in IoT zu investieren? Antworten auf diese Fragen hat Timothy Chou, ehemaliger Präsident von Oracle On Demand und nun Dozent für Informatik in Stanford.
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Mein erstes Buch, „The End of Software“, habe ich 2004 veröffentlicht. Damals war ich Präsident von Oracle On Demand, aus dem später das milliardenschwere Cloud-Geschäft von Oracle wurde. In dem Buch habe ich die grundlegenden wirtschaftlichen Gründe diskutiert, warum Software zukünftig nur noch als Dienstleistung angeboten sollte, d.h. als Software-as-a-Service (SaaS).
Als Beispiel für Neugründungen in diesem Bereich habe ich vier Unternehmen angeführt: VMware, Salesforce, NetSuite und OpenHarbor. Keines davon war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Buches börsennotiert. Salesforce erzielte einen Umsatz von weniger als 86 Millionen US-Dollar. Inzwischen sind aus drei dieser vier Firmen namhafte Anbieter von Unternehmenssoftware der zweiten Generation geworden.
Seitdem sind mehr 12 Jahre vergangen. Viele behaupten, dass der Verkauf von Unternehmenssoftware heutzutage ein ausgereiftes Geschäftsmodell ist: CRM-, ERP-, HR- und Einkaufssoftware werden als Cloud-Services angeboten. Aber sind wir wirklich schon am Ende angekommen?
Das glaube ich nicht. Obwohl Software der zweiten Generation dazu beigetragen hat, die Kosten zu senken und die Effizienz einiger Unternehmen zu verbessern, hat sie wenig dazu beigetragen, unsere physische Welt zu verändern. Strom, Wasser, Landwirtschaft, Verkehr, Baubranche und Gesundheitswesen sind kaum betroffen. Aber das wird sich bald ändern.
Industriemaschinen oder "Unternehmensdinge" werden zunehmend miteinander verbunden. John Chambers, ehemaliger Cisco-CEO, prophezeit, dass bis zum Jahr 2025 500 Milliarden Dinge mit dem Internet verbunden sein werden. Diese Zahl kann man in Frage stellen, allerdings sind beispielsweise schon 100.000 vernetzte Windenergielagen mit jeweils 400 Sensoren in der Lage alle fünf Sekunden Daten zu senden. Also werden wir am Ende mit einer Menge intelligenter, vernetzter Dinge da stehen.
Leider ist unsere gesamte Technologie so konzipiert, dass sie Anwendungen für das Internet der Menschen unterstützt. Dinge sind KEINE Menschen. Dinge haben viel mehr zu sagen und Dinge reden viel häufiger. Eine Kohlebergbaumaschine der Herstellers Joy Global verfügt über Vibrationssensoren, die 10.000 Daten pro Sekunde sammeln. Um Präzisionsmaschinen für Bergbau, Transport, Gesundheitswesen, Baubranche, Energie, Wasser und Landwirtschaft zu bauen, brauchen wir eine neue Generation von Enterprise-Cloud-Software.
Wer investiert bereits in IoT?
Einige Firmen haben bereits Investitionen getätigt. GE Software wurde 2011 mit einer Investition von 1 Milliarde US-Dollar gegründet. CEO Jeff Immelt hat angekündet, dass GE sich zu einem Software- und Analytikunternehmen entwickeln muss, damit seine Industriemaschinen nicht zu bloßen Gebrauchsgütern werden. Immelt hat dazu ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: 15 Milliarden US-Dollar Umsatz bis 2020 durch Software. GE plant dies durch seine neue Predix-Softwareplattform unter der Leitung von Bill Ruh, dem CEO von GE Digital, zu erreichen.
PTC setzt auf M&A und hat mehr als 400 Millionen US-Dollar in verschiedene Unternehmen investiert: ThingWorx für 112 Millionen US-Dollar, die Übernahme von ColdLight für 150 Millionen US-Doller und Axeda für 170 Millionen US-Dollar.
Auch im Venture-Bereich tut sich viel: Uptake, ein in Chicago ansässiges IoT-Startup, hat Slack und Uber hinter sich gelassen und wurde von Forbes zum Hottest Startup 2015 gekürt. Uptake wurde mit 1 Milliarde Dollar bewertet und sammelte bei einer Finanzierung 45 Millionen Dollar ein.
"Wenn Sie ein Startup sind und die Vision haben, Produkte für Dinge zu entwickeln und nicht für Menschen, dann sollten Sie jetzt anfangen"
Ich lasse Sie selbst beurteilen, ob es an der Zeit ist, in IoT zu investieren. Aber wenn Sie ein Frühphasen- oder sogar Spätphasen-Investor sind, wäre es ratsam, diesen Bereich im Auge zu behalten, da IoT verspricht, eine ebenso große disruptive Kraft zu entfalten wie vor vielen Jahren die zweite Generation von Unternehmenssoftware.
Und wenn Sie ein Startup sind und die Vision haben, Produkte für Dinge zu entwickeln und nicht für Menschen, dann sollten Sie jetzt anfangen. Vielleicht sprechen wir dann in 12 Jahren über Sie, wie jetzt über VMware, NetSuite und Salesforce.
Timothy Chou können Sie als Speaker live erleben: am 6. Dezember in Würzburg bei der Konferenz www.iotmeetsanalytics.de.
Das neue Buch von Timothy Chou „Precision: Principals, Practices and Solutions for the Internet of Things“ ist im Mai 2017 erschienen.
Das Buch gibt es auch als Onlinekurs: www.precisionclass.com/industries
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