Obsoleszenz Ist Additive Fertigung die Antwort für veraltete Bauteile?

Von Neil Ballinger

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Mangelnde Ersatzteilverfügbarkeit ist eine branchenübergreifende Herausforderung, bei der AM eine wichtigere Rolle spielen könnte. 3D-Druck kann das Obsoleszenzmanagement unterstützen, es bestehen aber noch technische und formelle Herausforderungen.

Im Rahmen eines proaktiven Obsoleszenzmanagementplans kann 3D-Druck einen wichtigen Beitrag leisten.
Im Rahmen eines proaktiven Obsoleszenzmanagementplans kann 3D-Druck einen wichtigen Beitrag leisten.
(Bild: gemeinfrei // unsplash)

Die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der additiven Fertigung haben vermuten lassen, dass es bald möglich sein wird, per 3D-Druck jedes beliebige Teil herzustellen und so das Problem der Obsoleszenz zu lösen. Die Hauptursache von Obsoleszenz ist, dass neuere Technologien heute sehr schnell auf den Markt gebracht werden und dass Originalhersteller (OEM) infolgedessen die Produktion von Komponenten für abgekündigte Maschinen einstellen können, um Raum für neuere Modelle zu schaffen. Doch ist es tatsächlich so einfach, die Problematik der Obsoleszenz mithilfe von AM in Angriff zu nehmen?

Technischer Fortschritt eröffnet viele Möglichkeiten

Mittlerweile ist die Bandbreite an verwendbaren Materialien für die additive Fertigung nahezu unendlich – von innovativem Kunststoff und Metalllegierungen bis hin zu Beton, Wachs, Harzen und sogar menschlichem Gewebe. Einer der neuesten Fortschritte in diesem Sektor ist die von Sandvik entwickelte Möglichkeit, mit Diamantenpulver zu drucken, wobei das härteste Material der Erde in die gewünschte Form gebracht wird

Mit der steigenden Anzahl der in der additiven Fertigung einsetzbaren Materialien erweitern sich auch die möglichen Anwendungen dieser Technologie. Eines der jüngsten Gebiete, auf denen sich AM als nützlich erwiesen hat, ist die Fertigung von abgekündigten und obsoleten Komponenten.

AM verfügt über zahlreiche Vorteile im Vergleich zu herkömmlichen Fertigungstechnologien. Es ist beispielsweise möglich, komplizierte und hohle Formen ohne Ausschuss zu drucken, da für den Prozess lediglich die notwendige Materialmenge benötigt wird. Damit wurde sie zu einer beliebten Technik in Bereichen, die die Produktion von hoch spezialisierten Komponenten in einer relativ geringen Stückzahl erfordern, wie etwa in der Luftfahrt oder der Biomedizin.

Das Problem der Obsoleszenz

Unsere Gesellschaft und Wirtschaft werden immer mehr durch schnelle Technologieentwicklungen in Bezug auf die Nutzung von Big Data, Automation und Informatik gekennzeichnet. Diese Technologien hatten positive Auswirkungen auf die Fertigung, was es Anlagenmanagern ermöglichte, die Produktivität zu maximieren, Ausschuss zu reduzieren und eine sichere Arbeitsumgebung für ihre Mitarbeiter zu schaffen.

Technologische Komponenten, sowohl Hardware als auch Software, tendieren allerdings zu einer kürzeren Lebensdauer. Wenn neue Versionen derselben Bauteile vertrieben werden, beendet der Originalhersteller (OEM) möglicherweise die Produktion der vom Hersteller gekauften Version, wodurch sie obsolet wird.

Wenn obsolete Bauteile kaputt gehen, kann es schwierig sein, identische Ersatzteile zu finden. Obsoleszenzmanagement ist daher entscheidend, da kaputte oder nicht funktionierende obsolete Bauteile das Unternehmen vor kostenintensive Ausfallzeiten stellen oder ein Upgrade des gesamten Systems erforderlich werden kann.

AM – eine sinnvolle Alternative?

Materialingenieure untersuchen gegenwärtig das Potenzial von AM, um einige Aspekte der Obsoleszenz zu managen. Die Kernidee besteht darin, dass wenn eine Komponente nicht mehr vom OEM erhältlich ist, könnte sie einfach 3D-gedruckt werden.

Für Stakeholder, die in stark regulierten Branchen arbeiten, wo ein Upgrade auf neuere Komponenten viel Papierarbeit und Bürokratie bedeutet, ist es besonders wichtig, diese Möglichkeit zu erforschen. Mehrere Regierungen, wie zum Beispiel in den USA und der Schweiz, haben bereits Forschungsprogramme ins Leben gerufen, um das Potenzial von AM zu untersuchen, Obsoleszenz innerhalb der Verteidigungsindustrie zu managen.

Die Ergebnisse sind zwar vielversprechend, es gibt jedoch noch technische und bürokratische Fragen, die beantwortet werden müssen, bevor AM in großem Umfang genutzt werden kann, um die Obsoleszenz von Fertigungsbauteilen zu managen.

Eine dieser Fragen betrifft die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen. Additiv gefertigte Bauteile müssen nach wie vor dieselben regulatorischen Prüf- und Konformitätsstandards einhalten wie ihre mittels herkömmlicher Methoden gefertigten Gegenstücke. Nur weil sie unternehmensintern produziert wurden, sind sie deswegen noch lange nicht von diesen Vorschriften ausgenommen. Daher sollten Hersteller, die 3D-Druck für die Fertigung von Ersatzteilen in Betracht ziehen, in ihren Überlegungen auch umfassende Prüf- und behördliche Zulassungsprozesse berücksichtigen. Besonders in stark regulierten Bereichen wie dem Atomsektor, der pharmazeutischen Industrie und der Lebensmittel- und Getränkebranche kann dies dazu führen, dass dieser Prozess zeit- und kostenaufwändiger wird.

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Ein weiteres rechtliches Problem ist auch die mögliche Verletzung geistiger Eigentumsrechte. In Mitgliedstaaten der Europäischen Union kann die Verbreitung von geistigem Eigentum wie zum Beispiel CAD-Zeichnungen, die für die additive Fertigung unabdingbar sind, vom Urheberrecht geschützt sein. Bauteile selbst können durch Design- bzw. Geschmacksmusterrechte geschützt sein, und wenn eine Komponente eine Erfindung beinhaltet, wird diese in der Regel durch Patente geschützt. Das Herunterladen der Zeichnungen und die Reproduktion der Teile mithilfe von AM kann dazu führen, dass Hersteller unabsichtlich gegen das Gesetz verstoßen. Daher könnte die additive Fertigung eine gute Lösung für Bauteile sein, die so alt sind, dass der urheberrechtliche Schutz ihres Designs abgelaufen ist.

Außerdem sollten Hersteller bedenken, dass Versicherungen Schadensfälle, die auf den Bruch oder Defekt 3D-gedruckter Teile zurückzuführen sind, möglicherweise nicht abdecken. In Branchen, in denen die Sicherheit des Endkunden oberste Priorität hat, wie im Automobil- oder Medizinproduktesektor, könnte dies einen schwerwiegenden Schwachpunkt darstellen.

Rein technisch gesehen liegt die größte Schwachstelle von AM darin, dass es schwer möglich ist, damit die Obsoleszenz von elektronischen Komponenten wie Chips oder von Ausrüstung, die aus mehreren, zu montierenden Elementen besteht, zu managen. Mittels 3D-Druck kann man zweifelsohne ein Lenkrad herstellen, aber wie sieht die Situation bei einer obsoleten SPS (Speicherprogrammierbare Steuerungen zur Steuerung oder Regelung von Maschinen und Anlagen) aus?

Mechanische Komponenten, Elektronik, Kabel, Software, Know-how, all das kann obsolet werden, und Lösungen, die sich nur mit einem Aspekt des Problems befassen, greifen letztendlich zu kurz. Aus diesen Gründen kann AM einen proaktiven Obsoleszenzmanagementplan, der zurzeit die beste Möglichkeit zur Minimierung der negativen Auswirkungen von Obsoleszenz darstellt, nicht ersetzen.

Ein holistischer Ansatz

Obsoleszenz ist die natürliche Folge von technologischem Fortschritt und der Vermarktung von immer effizienteren Lösungen. Deshalb ist sie nicht vollständig vermeidbar. Ihre Auswirkungen auf das Unternehmen können jedoch drastisch reduziert werden.

In Bezug auf mechanische Komponenten und Bauteile, die keine weitere Montage erfordern, kann 3D-Druck im Rahmen eines proaktiven Obsoleszenzmanagementplans einen wichtigen Beitrag leisten. Für Elektronik und andere Komponenten, die nicht mithilfe von 3D-Druck hergestellt werden können, ist es jedoch nach wie vor von großer Bedeutung, Partnervereinbarungen mit einem zuverlässigen Anbieter abzuschließen, der Teile schnell und effizient liefern kann, um Stillstandszeiten zu minimieren.

EU Automation liefert eine breite Auswahl an neuen, instand gesetzten und obsoleten Teilen, die innerhalb von Europa in nur neun Stunden und weltweit innerhalb von 48 Stunden geliefert werden können.

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