IO-Link Wireless IO-Link Wireless in der industriellen Umgebung – funktioniert das wirklich?

Ein Gastbeitrag von Inge Kamenz*

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Sensoren und Aktoren kommunizieren heute drahtlos mit Feldbusmastern. Daraus ergeben sich disruptive Anwendungen in der industriellen Fertigung. Welche Rolle spielt die IO-Link Wireless Technologie dabei und welche neuen Applikationen lassen sich dadurch realisieren?

Die IO-Link Wireless Technologie wurde mit Blick auf die Umsetzung von Industrie 4.0 speziell für die Anforderungen der Automatisierungsindustrie konzipiert.
Die IO-Link Wireless Technologie wurde mit Blick auf die Umsetzung von Industrie 4.0 speziell für die Anforderungen der Automatisierungsindustrie konzipiert.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay)

Mit der hochverfügbaren und weltweit standardisierten IO-Link Wireless Technologie wird eine Systemerweiterung der bereits etablierten IO-Link Technologie für die Automatisierungsindustrie angeboten, die den Einsatz von Sensoren und Aktoren noch flexibler gestaltet.

Die vernetzte Produktion steht bei vielen Unternehmen im Fokus, um eine dynamische Anpassung der Fertigung und eine Steigerung der Produktivität bei gleichbleichbleibend hoher Produktqualität zu erreichen. Für die Überwachung und die intelligente Steuerung der Maschinen und Fertigungsanlagen benötigen Unternehmen eine zuverlässige industrielle Kommunikation.

Bisher war die IO-Link Technologie eine der bevorzugten Kommunikationslösungen in der OT-Ebene, da sie eine zuverlässige, bidirektionale Kommunikation mit den Sensoren und Aktoren ermöglicht. Doch die zunehmende Anzahl von Sensoren und Aktoren setzt mit der notwendigen Verkabelung physikalische Grenzen. Um eine vernetzte und zugleich flexible, skalierbare und kostengünstige Automatisierungsumgebung zu schaffen, war somit die Entwicklung eines industrietauglichen, drahtlosen Kommunikationsstandards die logische Konsequenz.

Die IO-Link Wireless Technologie bietet, ebenso wie die verkabelte IO-Link Technologie, eine sehr gute Übertragungszuverlässigkeit, eine niedrige Latenz, eine hohe Skalierbarkeit sowie ein deterministisches Kommunikationsverhalten – und dies als industrielle, drahtlose Systemlösung. Sie wurde mit Blick auf die Umsetzung von Industrie 4.0 speziell für die Anforderungen der Automatisierungsindustrie konzipiert.

IO-Link Wireless – die Anforderungen

Die Anforderungen an die Umsetzung des weltweiten Standards für die drahtlose IO-Link Wireless Kommunikation waren hoch. So sollten alle bekannten Vorteile der IO-Link Technologie, die eine hohe Akzeptanz bei den Maschinen- und Anlagenbauern sowie Systemintegratoren hat, erhalten bleiben, bei gleichzeitiger Erweiterung der Einsatzbereiche. Auch sollte ein interoperabler Mix-Betrieb mit IO-Link und IO-Link Wireless Komponenten in einer Installation möglich sein. Zugleich sollte die Technologie weltweit lizenzfrei zu nutzen sein. Hierzu wurde das lizenzfreie 2,4-GHz-ISM-Band ausgewählt. Dabei handelt es sich um das Frequenzband 2401 bis 2480 GHz, für Industrie, Wissenschaft und Medizin.

IO-Link Wireless – der Faktencheck
  • Geringe Latenzzeit: Als hochverfügbare, industrielle Technologie bietet IO-Link Wireless eine garantierte deterministische Latenz von 5 ms.
  • Zuverlässigkeit: IO-Link Wireless bietet eine hohe Übertragungszuverlässigkeit mit einer Bitfehlerrate von bis zu 10-9 Packet Error Rate (kurz: PER). IO-Link Wireless ist somit sechs Zehnerpotenzen zuverlässiger als andere drahtlose Kommunikationslösungen wie zum Beispiel Wifi, Bluetooth oder Zigbee, die eine PER von 10-3 aufweisen.
  • Raue Umgebungsbedingungen: IO-Link Wireless wurde speziell für den Einsatz bei rauen Umgebungsbedingungen der Industrie konzipiert.
  • Determinismus: IO-Link Wireless ist als deterministisches Protokoll konzipiert, die Struktur der Kommunikation ist stringent aufgebaut und fest definiert.
  • Kompatibilität: IO-Link Wireless unterstützt die Integration aller bestehenden IO-Link Geräte. Über IO-Link Wireless Bridges werden sie zu IO-Link Wireless Geräten. Gleichzeitig ist die Einbindung konventioneller, digitaler oder analoger Geräte durch die Kombination von IO-Link Hubs und IO-Link Wireless Bridges möglich. Die bekannteste, am Markt existierende Lösung ist die IO-Link Wireless Tigo Bridge von Core Tigo.
  • Koexistenz: IO-Link Wireless ist so konzipiert, dass es durch Mechanismen wie Blacklisting und adaptives Frequenzsprung-Verfahren mit anderen Funknetzwerken koexistieren kann.
  • Robustheit: IO-Link Wireless verwendet die GFSK-Modulation (Gaussian Frequency Shift Keying). Diese beschränkt die Übertragungen auf ein schmales Spektralband und ist deshalb besonders widerstandsfähig gegen Störungen.
  • Skalierbarkeit: Basierend auf der IO-Link Wireless Spezifikation können bis zu 40 IO-Link Wireless Geräte pro Feldbus-Master integriert und bis zu drei Master zu einer Kommunikationszelle zusammengeschaltet werden. Pro Zelle sind somit 120 IO-Link Wireless Geräte mit der oben angegebenen Latenzzeit möglich. Die Anzahl der Zellen kann beliebig skaliert werden. Die aus dem IO-Link Standard bekannte 20-m-Kabellänge wurde als 20-m-Funkradius definiert. Innerhalb dieser Reichweite wird die geringe Latenz für Steuerungsaufgaben eingehalten. Bei Anwendungen, wo beispielsweise Sensordaten für eine Cloudanwendung gesammelt werden, lassen sich Reichweiten bis zu 100 Meter erreichen. Als Feldbusvarianten stehen Profinet, EtherNet/IP und EtherCAT am Markt zur Verfügung.
  • Low Power: Ein Teil der IO-Link Wireless Spezifikation beschreibt das Systemverhalten für batteriebetriebene, drahtlose Sensoren mit geringem Energieverbrauch, die Low-Power-Applikationen im IO-Link Wireless Netzwerk unterstützen.

IO-Link Wireless – Drei Trends identifiziert

1. Produktionsanlagen neu definiert – Ein Blick auf neue Use Cases

Die drahtlose IO-Link Wireless Kommunikationslösung ermöglicht Maschinenbauern und Systemintegratoren die Konstruktion einer neuen Generation von Maschinen und Fertigungslinien, die bisher nicht umzusetzen waren. Auch die Entwicklungen intelligenter Werkzeuge, Roboter und Cobots zeigen die Möglichkeiten bei der Überwachung und Steuerung hochdynamischer Fertigungs-, Abfüll- oder Verpackungsprozesse. So können beispielsweise die Maschinen für die adaptive Fertigung eine Vielzahl von Produkten dynamisch auf einer Anlage bearbeiten. Der Bedarf an Spezialmaschinen für jedes einzelne Produkt verringert sich, die Produktionskapazitäten werden erhöht und die Umrüstzeiten verkürzen sich signifikant: Die Fertigung wird hochoptimiert, skalierbar, individualisierbar und somit flexibler.

Beispiele neuer Anwendungen in der Automatisierung:

  • Fertigung Non-Stopp: Lineare Transfersysteme mit unabhängig voneinander fahrenden Warenträgern sind ein wesentlicher Baustein bei der Konstruktion moderner Produktionslinien. IO-Link Wireless ermöglicht die Steuerung und Überwachung der Fertigungsprozesse auf jedem Warenträgern in Echtzeit. Beispielsweise können Produkte nun während der Fahrt auf den Warenträgern bearbeitet, bewegt oder vermessen werden. Die Warenträger erhalten die jeweiligen Vorgaben von der SPS im laufenden Betrieb, zum Beispiel für eine Anpassung der Fertigung oder für die Neukonfiguration der Produktionslinie in Echtzeit. Bisher waren solche integrierten Funktionen auf den Warenträgern nur eingeschränkt möglich, da diese eine bidirektionale Echtzeitkommunikation mit den Sensoren und Aktoren erfordern. Die drahtlose Konnektivität bietet hier eine deutliche Steigerung der Flexibilität und der Anlagenauslastung.
  • Intelligente Werkzeuge: Die Verarbeitungsprozesse von CNC-, Fräs- und Schleifmaschinen sind durch hohe Rotationsgeschwindigkeiten gekennzeichnet. IO-Link Wireless ermöglicht nun die kontinuierliche Datenerfassung und bietet so die Möglichkeit zur Echtzeitsteuerung und -überwachung, z. B. bei der präzisen Einstellung von Spannvorgängen. Das Werkzeug wird intelligent.
  • Roboter können sich nun frei bewegen und endlos drehen: Bisher schränkten Datenleitungen die Beweglichkeit und die Flexibilität des Roboterarms ein, erhöhten das Gewicht des Arms und verringerten somit die Greifgenauigkeit und Geschwindigkeit. Die sichtbaren, seitlich an den Robotern oder Cobots angebrachten Datenkabel entfallen und werden durch die IO-Link Wireless Technologie komplett ersetzt. Die 24-V-Spannungsversorgung der IO-Link Sensoren und Aktoren wird durch den Roboter am Greifer-Flansch bereitgestellt. Greifer-Systeme können sich im Montageprozess nun endlos drehen.
  • Rundschalt-/ Takt-Tische: die drahtlose Steuerung und Überwachung von Sensoren/Aktoren an Rundschalt-/Takt-Tischen sowie rotierenden Maschinenkomponenten wird nun möglich. Die Spannungsversorgung auf dem Tisch wird durch einfache Schleifringsätze oder per Induktion realisiert.

2. Nachhaltigkeit im Blick – Fit mit Retrofit

Die IO-Link Wireless Lösungen bieten sich nicht nur als wichtiger Baustein für die Entwicklung völlig neuer Werkzeuge und Fertigungsanlagen an, sondern ermöglichen viele Applikationen im Brownfield. Intelligente und smarte Retrofitlösungen transformieren bestehende Anlagen und Maschinen zu hochmodernen Anlagen und Maschinen und statten sie mit neuster Konnektivität aus. Die Transparenz der Produktion erhöht sich und Predictive-Maintenance-Applikationen werden möglich. Hierfür werden bestehende Maschinen/Anlagen mit verschiedensten Sensoren/Aktoren – je nach Bedarf – nachgerüstet oder umgerüstet. Die Analyse der Sensordaten bildet die Basis für die Produktionsplanung und -Steuerung.

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Ungeplante, kosten- und zeitintensive Produktionsausfälle werden vermieden, indem Prozessabweichungen im Voraus erkannt und notwendige Wartungsarbeiten zeitnah eingeplant werden können. Zugleich können jederzeit weitere Sensoren und Aktoren bedarfsgerecht und mit geringem Aufwand hinzugefügt werden, z. B. wenn es darum geht, die Umgebungsparameter der Produktionshallen genau bestimmen und anpassen zu können. Dies sichert eine gleichbleibend hohe Prozess- und Produktqualität. Die Instandhaltungskosten sinken dank zustandsabhängiger Instandhaltungen und planbarer Wartungsintervalle. Mithilfe dieser Instandhaltungsstrategie lässt sich eine Steigerung der Produktivität der Maschinen und Anlagen erzielen.

3. Schnelle Integration bei Serienprodukten mit den SOM-Modulen

Viele Hersteller von Automatisierungsgeräten integrieren unter anderem die SOM-Module von Core Tigo als Master oder Device auch direkt in die eigenen Geräte. Hier kommen die standardisierten Master-, Bridge-, oder die Low-Power-HF-Frontend-SOM-Module zum Einsatz. Der Automatisierungsgeräte-Hersteller hat somit alle Möglichkeiten der optimalen Integration und entwickelt seine eigene IO-Link Wireless Produktreihe zum Beispiel für Werkzeuge oder Roboter. Das kleinste, am Markt verfügbare SOM-Modul von Core Tigo hat eine Größe von 11 mm x 17 mm. Zurzeit werden zahlreiche SOM-Integrationen durch die Gerätehersteller realisiert. Somit wächst das IO-Link Wireless Eco-System stetig.

Zukunftssichere Lösung

Industrie 4.0, die intelligente Vernetzung von Menschen, Maschinen und industriellen Prozessen, ist unausweichlich. Für die Hersteller von Maschinen besteht die Herausforderung darin, auf die verändernden Anforderungen ihrer Kunden flexibel, schnell und skalierbar reagieren zu können und sie mit neuen Lösungen zu inspirieren.

Die vollständige Automatisierung ist eine Schlüsselkomponente für den Übergang zu Industrie 4.0. Sie führt neue Kommunikationsszenarien ein, die eine, für den industriellen Bereich geeignete drahtlose Konnektivität erfordern. Bestehende drahtlose Kommunikationslösungen sind jedoch unzureichend, da sie für die Echtzeitsteuerung und -überwachung der Produktion nicht ausgelegt sind und die hohen Anforderungen an niedrige Latenzzeiten, der Zuverlässigkeit und der Skalierbarkeit nicht erfüllen.

IO-Link Wireless ist ein weltweiter Standard. Er basiert auf dem kabelgebundenen Kommunikationsstandard IO-Link für die Fabrikautomation und erfüllt die hohen Anforderungen der heutigen, neuen Kommunikationsszenarien vollständig. IO-Link Wireless bietet zuverlässige Lösungen, sowohl für die Entwicklung neuer Maschinen und Komponenten, aber auch für die Nachrüstung bestehender Anlagen und erfüllt die Latenz- und Zuverlässigkeitsstandards für die Echtzeitsteuerung und -überwachung.

Der Wert der drahtlosen Kommunikation zeigt sich in zahlreichen Stadien des Maschinendesigns, der Maschinenentwicklung, der Maschinenproduktion, des Maschinenaufbaus und in der laufenden Produktion bei den Betreibern der Anlagen. Der, von führenden Industrieunternehmen, eingeführte, weltweite Standard IO-Link Wireless, der speziell für raue Industrieumgebungen und Motion-Control-Anwendungen konzipiert wurde, bietet Konnektivität in Kabelqualität für Millionen von Sensoren, Aktoren und Industriegeräten weltweit.

* Inge Kamenz ist Head of Public Relations DACH bei Core Tigo.

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