eco/Arthur D. Little Internetwirtschaft: Langfristig positive Effekte nach Corona-Schock

Redakteur: Jürgen Schreier |

Eine Studie von eco-Verband und Arthur D. Little zeigt: Die Corona-Krise trifft auch Internetwirtschaft in Deutschland. Allerdings werden Katalysatoreffekte im Bereich Ausbau digitaler Infrastrukturen und die Implementierung digitaler Geschäftsmodelle ab 2021 wieder für nachhaltiges Branchenwachstum sorgen.

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Der Bereich Netzwerk, Infrastruktur und Operations bleibt auch in der Corona-Krise auf Wachstumskurs.
Der Bereich Netzwerk, Infrastruktur und Operations bleibt auch in der Corona-Krise auf Wachstumskurs.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay )

"Nie war er so wertvoll, wie heute". Heute dürfte dieser Slogan, mit dem der Kölner Eau-de-Cologne-Hrsteller "Klosterfrau" für seinen berühmten "Melissengeist" warb, wohl ehre auf das Internet zutreffen. In der der aktuellen Corona-Krise erweist sich tagtäglich als stabiles Instrument, das die Kommunikation zwischen den Menschen sichert und so manches Business am Laufen hält.

Natürlich haben die durch die Covid-19 Pandemie eingeleiteten Lock-Down-Maßnahmen zu negativen Folgen für nahezu alle Wirtschaftsbereiche geführt, was wiederum das bisherige Wachstum der Internetbranche in Deutschland bremst. Dieser Negativ-Effekte wird aber voraussichtlich bis Ende 2022 komplett ausgebügelt werden können- vorausgesetzt, dass die Wirtschaft insgesamt noch in 2020 wieder weitestgehend hochgefahren wird.

Während die Krise zu einem starken Einbruch führt, wächst die Internet-wirtschaft in Folgejahren wieder: 11,8 Prozent pro Jahr über alle Layer
Während die Krise zu einem starken Einbruch führt, wächst die Internet-wirtschaft in Folgejahren wieder: 11,8 Prozent pro Jahr über alle Layer
(Bild: eco / ADL)

Zu diesem Ergebnis kommen der eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. und die Unternehmensberatung Arthur D. Little in vorab veröffentlichten Auszügen der Studie „Internetwirtschaft 2020-2025“, die alle fünf Jahre aktuelle Branchentrends und Wachstumsprognosen formuliert.

Während die aktuelle Corona Krise laut Prognosen verschiedener Institute zu einem Wirtschaftseinbruch um rund fünf Prozent führt, verzeichnet auch die Internetwirtschaft von digitalen Infrastrukturen bis hin zur Applikationsebene in Anwenderbranchen einen realen Wachstumsrückgang von 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Corona: Katalysator für mehr Digitalisierung

Trotz dieses Rückgangs wächst die Internetwirtschaft um durchschnittlich sogar bis zu 9,5 Prozent pro Jahr bis 2025, und zwar über alle Branchensegmente hinweg. In diese Berechnung fließt die Wertschöpfung der Internetwirtschaft aus den Anwenderindustrien wie Industrial IoT, Automotive oder Smart Industries u.v.a. mit ein.

Das sei eine erfreuliche Perspektive und zeige die zunehmende Bedeutung der Branche insgesamt eindrücklich, so eco- Vorstandsvorsitzender Oliver J. Süme: „Wir erleben aktuell wie die Corona Krise trotz partieller Einbrüche in einzelnen Branchensegmenten insgesamt zu einem Digitalisierungsschub in vielen Bereichen der Internetwirtschaft führt.“. Dies werde sich mittelfristig positiv auf viele Branchensegmente auswirken. Besonders beim Ausbau digitaler Infrastrukturen und der Implementierung digitaler Geschäftsmodelle erwarte man Katalysatoreffekte, so Süme weiter.

Gerade jetzt müssten in Deutschland Anbieter digitaler Technologien und Services aus dem KMU Umfeld besondere Beachtung seitens der Politik erhalten, denn klar sei, dass die großen Player der Internetwirtschaft dank der Skalierbarkeit ihrer Geschäftsmodelle aktuell besonders von den Krisenanforderungen profitieren könnten, mahnt eco-Vorstandsvorsitzender Oliver J. Süme.
Gerade jetzt müssten in Deutschland Anbieter digitaler Technologien und Services aus dem KMU Umfeld besondere Beachtung seitens der Politik erhalten, denn klar sei, dass die großen Player der Internetwirtschaft dank der Skalierbarkeit ihrer Geschäftsmodelle aktuell besonders von den Krisenanforderungen profitieren könnten, mahnt eco-Vorstandsvorsitzender Oliver J. Süme.
(Bild: eco)

Tatsächlich stellt die Studie für die meisten Segmente gegenläufige Effekte fest, die sowohl negativ als auch positiv auf die Geschäftsentwicklung wirken. In Summe ergeben sich aber Muster, die dazu führen, dass sich viele Bereiche von dem kurzfristig negativen „Schock“ rasch erholen werden – nur wenige Bereiche der Internetwirtschaft werden dauerhaft negativ von der Krise beeinträchtigt.

Bildung, Gesundheit, Publishing und Public Cloud Services profitieren

„Dennoch müssen gerade jetzt in Deutschland Anbieter digitaler Technologien und Services aus dem KMU Umfeld besondere Beachtung seitens der Politik erhalten, denn klar ist, dass die großen Player der Internetwirtschaft dank der Skalierbarkeit ihrer Geschäftsmodelle aktuell besonders von den Krisenanforderungen profitieren können. Daher heißt es für den Mittelstand seine Stärken selbstbewusst auszuspielen und auf Nähe und Verlässlichkeit zu setzen. Für die Anwenderbranchen gilt zudem ganz grundsätzlich: die Zeit der Technikskepsis ist vorbei. Digitalisierung ist überlebenswichtig für jedes Unternehmen und Geschäftsmodell – diese Erkenntnis muss in allen Branchen jetzt zur Richtschnur sämtlichen unternehmerischen Handelns werden“, so Süme weiter.

„Insgesamt hat der Datenverkehr in Deutschland im Zuge der Corona Krise bislang um ca. zehn Prozent zugelegt. Das Internet zählt nun auch zur kritischen Infrastruktur für Bereiche wie etwa Home Office oder die Schulbildung. Der Sektor der Telekommunikations-Infrastruktur hat sich in der Krise als sicherer Hafen für Investoren erwiesen. Daher erwarten wir eine zunehmende Dynamik im Transaktions- und Beteiligungsmarkt und einen weiteren Ausbau digitaler Infrastrukturen in Deutschland“, ergänzt Lars Riegel, Partner bei Arthur D. Little.

Bitkom-Digitalindex rutscht tief ins Minus

In der Digitalbranche hat sich die Stimmung im April 2020 weiter eingetrübt. Unter dem Eindruck der Corona-Krise fiel der Index für die Geschäftslage um 20,1 Zähler auf 0,9 Punkte. Damit bewerten die IT- und Telekommunikationsunternehmen ihre aktuelle Lage im Durchschnitt nur noch als befriedigend, vor einem Monat wurde die Geschäftslage noch überwiegend gut bewertet.

Auch die Aussichten haben sich weiter verschlechtert. Der Index der Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate ging um 10,6 auf -36,3 Punkte zurück. Damit rutschte der Digitalindex, der sich aus der Einschätzung von Geschäftslage und Geschäftserwartung berechnet, deutlich ins Minus. Nach -3,8 Punkten im Vormonat sank der Index auf -18,7 Punkte. Das ist der niedrigste Wert seit der erstmaligen Erhebung 2006. Dennoch gibt sich Bitkom-Präsident Achim Berg optimistisch: „Die Welt dreht ins Digitale, dafür wird die Bitkom-Branche gebraucht und das wird sich demnächst auch in den Auftragsbüchern niederschlagen.“

Auf dem Arbeitsmarkt gehen die Digitalunternehmen inzwischen mehrheitlich von einer negativen Entwicklung aus. Die Beschäftigungserwartungen für die kommenden drei Monate sind erstmals seit Juli 2009 leicht negativ. Der Index fiel um 14,6 auf -2,3 Punkte. Das bedeutet, dass die Mehrheit der Unternehmen einen Beschäftigungsabbau erwartet. Die fehlende Nachfrage (39,9 Punkte, +17,5) hat den Fachkräftemangel (13,3 Punkte, -27,5) als größtes Geschäftshemmnis abgelöst – zum ersten Mal seit 2015. Berg: „Immerhin: Jedes zehnte Digitalunternehmen sucht selbst in der Corona-Krise neue Mitarbeiter.“

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