Energieeffizienz Intelligentes Energie-Management: Aus Daten werden Informationen

Ein Gastbeitrag von Hannes Gütler* und Florian Schmidt*

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Der Energieversorger Kelag Energie & Wärme liest mit M-Bus- und LoRaWAN-Sensorik sowie Systemen des Metering-Spezialisten Elvaco stündlich vollautomatisiert 2.750 Zähler in ganz Österreich aus. Business Intelligence verwandelt die Daten in wertvolle Informationen.

Das Dashboard visualisiert die Standorte aller rund 14.000 Zähler in Österreich. Eine Fehlerübersicht zeigt, welcher Zähler einen Fehler anzeigt, der sofort behoben werden muss.
Das Dashboard visualisiert die Standorte aller rund 14.000 Zähler in Österreich. Eine Fehlerübersicht zeigt, welcher Zähler einen Fehler anzeigt, der sofort behoben werden muss.
(Bild: Kelag Energie & Wärme)

Viele Versorgungsunternehmen sehen in gesetzlichen Vorgaben wie der EU-Energieeffizienz-Richtline (kurz: EED) nur zusätzliche Kosten. Privatkunden müssen zum Beispiel regelmäßig ihre Verbrauchsinformationen zugestellt werden. Erlaubt ist dafür jede technische Kommunikationsform, bei der kein Mitarbeiter die Zählerstände vor Ort ablesen muss. In der Folge werden immer häufiger intelligente Messgeräte für eine elektronische Erfassung aus der Ferne eingesetzt. Aus vorliegenden und zusätzlich erhobenen Daten lassen sich dadurch wertvolle Informationen ziehen. Das ermöglicht mehr Effizienz, mehr Umsatz, eine bessere CO2-Bilanz und eine höhere Kundenbindung, etwa durch neue datenbasierte Geschäftsmodelle. Denn Funktechnologien wie Long Range Wide Area Network (kurz: LoRaWAN) ermöglichen es, die Messwerte in kurzen Zeitabständen mit geringem Energieverbrauch in eine IoT-Infrastruktur zu übertragen.

Kelag Energie & Wärme betreibt über 900 Heizkraftwerke

Ein Vorreiter des intelligenten Energie-Managements ist die Kelag-Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft. Die Kelag Energie & Wärme betreibt als 100-prozentige Tochter mit Sitz in Klagenfurt 85 Fernwärmenetze und über 900 Heizkraftwerke in Österreich. Neben Industrie- und Großkunden versorgt die Kelag auch öffentliche Einrichtungen oder Wohnungsbaugesellschaften. Geschäftskunden bietet das Unternehmen zudem zukunftsfähige Lösungen aus dem Bereich sensorbasiertes IoT.

Das Unternehmen befasste sich bereits 2006 mit der Automatisierung von Fernauslesungen. Mit dem Wechsel von bidirektionalen zu unidirektionalen Funksystemen traf das Management die strategische Entscheidung, die Datenübertragung im Drive-by-Verfahren zu automatisieren. 2011 waren alle Zähler auf wireless M-Bus umgestellt. M-Bus, kurz für Meter-Bus, ist ein europäischer Standard für die Fernablesung verschiedener Arten von Verbrauchszählern. Die Granularität der Daten verbesserte sich enorm: Die Kelag konnte monatlich ablesen und verfügte so über regelmäßige Bilanzen für alle Heizwerke. Im Rahmen von Fixed-Network-Lösungen wurden die Funkzähler im nächsten Schritt über eine Distanz von bis zu elf Kilometern ausgelesen. 2018 stieß der Energieversorger schließlich auf die LoRaWAN-Technologie und setzt sie seitdem für Projekte zum Energiemonitoring ein.

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Lizenzfreier Funkstandard LoRaWAN

LoRaWAN gehört zur Gruppe der Low-Power-Wide-Area-Technologie (kurz: LPWA). Diese zeichnet sich durch niedrige Kosten, geringen Energieverbrauch und hohe Gebäudedurchdringung aus. Der lizenzfreie Funkstandard LoRaWAN überträgt Mess- und Sensordaten kontinuierlich auch über große Distanzen. Die Sensoren sind einfach konstruiert, dadurch preiswert und flexibel einsetzbar. Die Batterien halten zum Teil über zehn Jahre. Der Anwender kann die Infrastruktur selbst aufbauen. So entsteht keine Abhängigkeit von einem Netzbetreiber. Das Protokoll arbeitet mit einer zweistufigen symmetrischen Verschlüsselung. In Europa nutzt die Funktechnologie hauptsächlich das Frequenzband von 863 bis 870 MHz. Wireless M-Bus wird nur für Metering und Submetering-Lösungen angeboten. LoRaWAN bot der Kelag die gleichen Lösungen wie M-Bus und zusätzlich alles, was man für ein sensorbasiertes IoT benötigt. Außer der Messtechnik für Wärme, Strom und Wasser lassen sich weitere mit Sensoren ausgestattete Geräte einbinden. Die Anwendungsmöglichkeiten gehen damit weit über die Energieeinsparung hinaus.

LoRaWAN-Zähler und professionelles Datenmanagement

In dieser Phase des Automatisierungsprozesses begann die Zusammenarbeit mit Elvaco. Seit fast 30 Jahren realisiert der Anbieter technologieoffene Komplettlösungen und Services, um Messwerte in Gebäuden und industriellen Anlagen zu erfassen, zu bewerten und zu präsentieren. Die Kelag verband die Datenübertragung mit ihrer Abrechnungs- und Datenbankinfrastruktur und automatisierte das System. Zu diesem Zeitpunkt kamen viele LoRaWAN-Anbieter auf den Markt, die jedoch die hohen Anforderungen eines Energieversorgers an Rahmenbedingungen wie die Authentifizierung oder das Key-Management für eine stabile Kommunikation nicht gewährleisten konnten. Elvaco brachte ein innovatives System mit, das dem sehr hohen Datenaufkommen gewachsen war. Die Produkte überzeugten die Kelag durch ihre hohe Qualität und Zuverlässigkeit im Betrieb. Zudem war sichergestellt, dass die Module der wesentlichen Hersteller sich problemlos in die bestehende Systemwelt einbinden ließen.

Power BI liefert den Kontext

Heute liest die Kelag Tages- und Stundenwerte der LoRaWAN-Zähler ab. Im Hintergrund hat der Energieversorger seine Managementsysteme komplett auf neue Füße gestellt. Denn die Systeme für Plausibilisierung und Validierung der Messwerte waren nicht für diese großen Datenmengen ausgelegt. „Dank ETL – Extract, Transfer, Load – und analytischen Datenprozessen lassen sich die Datenströme strukturieren, managen und monitoren. Der Einblick in die strukturierten Messwerte hilft dabei, die Daten zu verstehen, neue Optimierungspotenziale zu erkennen und so die Effizienz kontinuierlich zu steigern“, erklärt IoT Engineer und Data Analyst Alexander Bachler. „Bei den reinen Messwerten fehlte der Kontext. Diesen erhalten unsere Mitarbeitenden heute dank der Lösung Power BI von Microsoft. Der Datenanalysedienst bringt alle Werte der Wärmemengenzähler, egal ob Drive-by, M-Bus oder LoRaWAN, mit weiteren Kennzahlen wie SAP-Daten zusammen und analysiert sie, sodass nutzbare Aussagen entstehen.“

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Dashboards für Servicetechniker

Das selbst entwickelte System liefert unter anderem Auswertungen einzelner Fernwärmewerke. Die Daten lassen sich nach Kriterien filtern, sodass Anomalien bei der Temperatur sichtbar werden. Auffällige Werte werden auf einem Dashboard markiert. Die Techniker können daraufhin gezielt vor Ort nach den Ursachen forschen – etwa ob ein Ventil oder die Steuerung nicht funktioniert. Was als Management-Tool gedacht war, ist inzwischen auch ein wichtiges Werkzeug für die Servicetechniker. „Wir haben unterschiedliche Dashboards für spezielle Analysen entwickelt: Ein eigenes Techniker-Dashboard lässt Mitarbeitende auf einer Karte erkennen, welche Zähler in seiner Anlage eine bestimmte Rücklauftemperatur, zu hohe Leistungen oder Durchflussmengen haben. Und ein Fehler-Dashboard visualisiert alle rund 14.000 Zähler in Österreich. Erkennbar ist zum Beispiel, welcher Zähler einen Fehler anzeigt, der sofort behoben werden muss, wie etwa eine leere Batterie“, so Alexander Bachler. Durch die feingranulare Messung und die Erstellung der Kennzahlen kommen die Mitarbeitenden datenbasiert zu Entscheidungen. Dieser Prozess ist nur möglich, da die Kelag auf Grundlage der stundenbasierten Datenerhebung und der Analyse und grafischen Aufbereitung die Daten zu Informationen umwandelt.

Netzabdeckung und Schutz vor Ausfällen

Mit dem eigens entwickelten LoRa-Report analysiert die Kelag unter anderem die Effizienz ihrer LoRaWAN-Gateways. Auf der grafischen Darstellung sind straßengenau sämtliche Gateways in ganz Österreich sichtbar. Die Visualisierung stellt jeden Zähler als einzelnen Punkt dar. Jeder Punkt ist aufgeteilt in verschiedene Farben, die zeigen, wie viele Gateways von einem Zähler erreicht worden sind. Alexander Bachler erläutert den Nutzen: „So ist zum Beispiel leicht zu identifizieren, wo Zähler nur mit einem Gateway kommunizieren. Denn fällt eines aus und Zähler werden nur über dieses eine Gateway erreicht, besteht an dieser Stelle ein hohes Ausfallrisiko. Sind hingegen mehrere Gateways im Spiel, kann ein anderes die Kommunikation übernehmen. Das Ergebnis ist ein genauer Überblick über die Zähler in einem bestimmten Gebiet mit aktuellen Informationen zu Signalqualität, Reichweiten, Abdeckung oder Ausfallsicherheit.“

Automatisierte Fernauslesung amortisiert Investitionen

Die Investitionen haben sich aus Sicht der Kelag gelohnt. Viele andere Versorger haben heute Probleme, die geforderten monatlichen Abrechnungsdaten zu erheben. Die Kelag arbeitet bereits mit Stundendaten und bringt alle Voraussetzungen für das nötige Datenmanagement von Haus aus mit. Die geforderten Auswertungen liegen standardmäßig vor. Darüber hinaus führte die Umstellung von M-Bus im Drive-by auf LoRaWAN dazu, dass die Techniker nicht mehr durch die Ortschaften fahren, um die Zähler auszulesen. Dank der Auswertungen über Power BI können Vor-Ort-Termine besser geplant werden. So spart der Energieversorger Arbeitszeit und Sprit. Nebenbei tragen weniger Fahrten zum Umweltschutz bei. Das Unternehmen hat es sich zum Ziel gesetzt, auf Basis der Datenbetrachtung den Wirkungsgrad seiner rund 900 Heizkraftanlagen um ein Prozent zu verbessern. Allein durch datenbasierte Entscheidungen ergibt dies Einsparungen in Höhe von geschätzt einer Million Euro. Die Kelag geht davon aus, dass sich die Investitionen für Hardware, Software und personelle Ressourcen innerhalb etwa eines Jahres amortisieren.

Für einen nächsten Schritt ist geplant, mithilfe von künstlicher Intelligenz Logiken zu entwickeln, die die Kunden nach bestimmten Merkmalen in Cluster aufteilen. So kann noch mehr Potenzial für die Energieeffizienz genutzt werden. Zudem werden weitere Parameter in das Daten-Ökosystem einfließen, wie Tourismusdaten oder Wetterprognosen. Börsendaten sollen den Einkauf effektiver machen und bei der Kalkulation der Preise helfen. Indem der zu erwartende Energieverbrauch für bestimmte Regionen besser vorhergesagt wird und Energieflüsse gezielter gesteuert werden, hofft die Kelag, auch aktuelle Herausforderungen wie Preissteigerungen und Engpässen bei Energie mit smarten Mitten zu bewältigen.

* Hannes Gütler ist Fachbereichsleiter Daten und Energiemanagement bei Kelag Energie & Wärme.

* *Florian Schmidt ist Regional Sales Manager DACH.

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