5G-Mobilfunk-Infrastruktur Huawei: Sicherheitsbedenken lassen "Berlin" zaudern
Der Start ins lukrative 5G-Infrastrukturgeschäft könnte für den chinesischen Netzwerkausrüster Huawei recht holprig ausfallen oder sogar komplett. Presseberichten zufolge zögert die Bundesregierung, das Unternehmen am Aufbau zu beteiligen. Der Grund seien Sicherheitsbedenken.
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Stickoxide, Feinstaub, Dieselfahrverbote und Brexit: Das sind die Themen die Deutschlands Öffentlichkeit und damit auch die Medienlandschaft bewegen. Doch seit einigen Wochen taucht in schöner Regelmäßigkeit ein weiteres Reizwort auf: Huawei - sprich der chinesische Mobilfunktechnikriese, der eine gewichtige Rolle beim Aufbau des deutschen 5G-Mobilfunknetzes spielen will.
Doch soll die Bundesregierung inzwischen zögern, das Unternehmen aus Shenzhen wegen möglicher Sicherheitsrisiken an der Ausrüstung des Netzes zu beteiligen, berichtet das "Handelsblatt". Erwogen werde, den Einsatz von chinesischer Technik über schärfere Sicherheitsauflagen "einzuschränken".
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Cybersecurity
Huawei in the line of fire
Der Grund: US-Geheimdienste werfen dem Technologiereisen vor, der KP und der chinesischen Regierung zu nahe zu stehen und technische Backdoors in seine Gerätschaften und Softwareprodukte einzubauen. Und diese Hintertürchen sendeten natürlich Richtung Beijing - so zumindest die These der amerikanischen "Schlapphüte".
Huawei: In den USA eine Firma "non grata"
In den USA ist die Huawei-Technologie folglich tabu - zumindest was den öffentlichen Sektor anbetrifft. Außerdem erstattete das US-Justizministerium inzwischen Strafanzeige gegen die Firma aus Shenzhen. Nach einer Meldung des US-Newsdienstes Techcrunch hat eine Grand Jury in Seattle Huawei unter anderem wegen Verschwörung zum Diebstahl von Geschäftsgeheimnissen, versuchtem Diebstahl von Geschäftsgeheimnissen sowie Behinderung der Justiz und noch einigem mehr angeklagt.
"Wie ich chinesischen Beamten im August sagte, muss China seine Bürger und chinesischen Unternehmen für die Einhaltung des Gesetzes verantwortlich machen", erklärte der amtierende Generalstaatsanwalt Matthew Whitaker vor wenigen Tagen bei einer Pressekonferenz. Außerdem wird Huawei-CFO Meng Wanzhou wegen irreführender Praktiken, die, wie es heißt, darauf abzielten, die Sanktionen der USA gegen den Iran zu umgehen, beschuldigt.
Ex-BND-Chef warnt vor "Killswitch"
Hierzulande ist die Meinung bezüglich Huawei eher "verschwommen". Der Aufbau der 5G-Infrastruktur mit Huawei-Technologie versetze die chinesische Regierung in die Lage, bei Differenzen mit der Bundesregierung das Netz in Deutschland abzuschalten, berichtet das ARD-Hauptstadtstudio unter Berufung auf "Sicherheitskreise".
So vertrat der frühere Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) Gerhard Schindler die Auffassung, dass eine Beteiligung von Huawei am Aufbau des 5G-Netzes in Deutschland, das Risiko der Betriebssicherheit erhöhe, da China zu einem "Killswitch" in der Lage wäre, der das Mobilfunknetz in Deutschland lahmlegen würde - z.B. auf dem Höhepunkt einer politischen Krise. Konkrete Beweise dafür lieferte der Ex-BND-Chef aber nicht.
Die Netzbetreiber in Deutschland wollen laut "Handelsblatt" eine Zusammenarbeit mit Huawei nicht generell ausschließen, zumal man in der Branche der Meinung sei, den von Schindler thematisierten Killswitsch gebe es gar nicht - so der IT-Newsdienst Golem .
Ein Sprecher der Deutschen Telekom sagte, sein Unternehmen setze bei der Beschaffung der Netzwerkelemente auf verschiedene Lieferanten - darunter die europäischen Netzwerkausrüster Ericsson und Nokia, den US-Konzern Cisco und auch Huawei. Laut Handelsblatt bewerte die Telekom die Beschaffungsstrategie allerdings neu.
Das 5G-Netz: Objekt der Begierde von Industriespionen?
Zugleich sucht die Deutsche Telekom laut einem Bericht der FAZ mit neuen Vorschlägen nach einem Ausweg aus der Huawei-Krise. Im Mittelpunkt steht ein Zertifizierungsverfahren, das zum Ziel hat, durch herstellerunabhängige Prüfungen die Sicherheit kritischer Bauteile zu gewährleisten.
Nach Einschätzung der FAZ zielten die Vorschläge aber keineswegs einseitig auf Huawei. Auch andere Anbieter müssten sich vor der Markteinführung möglicherweise eine schärfere Überprüfung gefallen lassen. Schließlich soll das 5G-Netz in erster Linie den industriellen Datenverkehr beschleunigen und diverse "Echtzeitanwendungen" wie das autonome Fahren ermöglichen, was das schnelle Netz interessant für Industriespione, Saboteure und andere Cyberkriminelle macht.
Doch warnen die Netzbetreiber, die sich für die 5G-Frequenzversteigerung im März 2019 rüsten, davor, dass ein Ausschluss von Huawei den Netzausbau möglicherweise um Jahre verzögern und deutlich höhere Kosten verursachen könnte. So müssen die neuen 5G-Netze auf der bestehenden 4G/LTE-Infrastruktur aufgebaut werden, bei der viel Huawei-Technik im Einsatz ist. In Europa erreicht der chinesische Tech-Konzern immerhin auf einen Marktanteil von rund 30 Prozent im Telekom-Infrastrukturbusiness.
Nach einer Definition des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik sind Kritische Infrastrukturen (KRITIS) Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.
Zu den Betreibern solcher Infrastrukturen zählen unter anderem Energieversorger, Wasserwerke, Unternehmen der Informationstechnik und Telekommunikation sowie Organisationen aus dem Gesundheitswesen oder der Finanz- und Versicherungsbranche. Mit dem im Juli 2015 verabschiedeten IT-Sicherheitsgesetz werden Betreiber Kritischer Infrastrukturen verpflichtet, die für die Erbringung ihrer wichtigen Dienste erforderliche IT nach dem Stand der Technik angemessen abzusichern.
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