Künstliche Intelligenz in Industrieunternehmen Gekommen, um zu bleiben: KI ist aus der Industrie nicht mehr wegzudenken

Ein Gastbeitrag von Mark-W. Schmidt und Holger Hornik Lesedauer: 6 min

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Für die Transformation hin zu moderneren, digitalisierten Strukturen, gibt es kein mächtigeres Werkzeug als KI. Sie bietet bereichsübergreifend Lösungen, die Prozesse effizienter und ressourcenschonender gestalten können. Was muss bei der Planung beachtet werden?

Industrieunternehmen in Deutschland stehen Künstlicher Intelligenz aufgeschlossen gegenüber.
Industrieunternehmen in Deutschland stehen Künstlicher Intelligenz aufgeschlossen gegenüber.
(Bild: frei lizenziert / Pixabay)

Noch heute baut die Forschung und Arbeit an Künstlicher Intelligenz auf Grundlagen auf, die seit den 1950er-Jahren von visionären Forschern gelegt wurden. Dabei haben sich die Ziele der Technologie deutlich verändert. Während es zu Beginn der Forschung an KI noch darum ging, menschliche Intelligenz nachzuahmen, ist sie heutzutage so wichtig, weil sie Datenmengen verarbeiten kann, deren Masse die Kapazitäten des durchschnittlichen menschlichen Gehirns bei Weitem übersteigen. Dabei ist KI nicht nur in der Lage, große Datenmengen zu verarbeiten, sondern vermag es auch, intelligente Schlüsse zu ziehen und Vorhersagen zu treffen. Die oft fast wundersam anmutende KI basiert dabei nicht immer auf Machine Learning, sondern zunehmend auch auf Deep-Learning-Prozessen.

Während beim Machine Learning einzelne Algorithmen entwickelt und angelernt werden, werden beim Deep Learning neuronale Netze trainiert, die später situationsspezifisch und flexibel eingesetzt werden können. Damit ist es der KI möglich, auf kleinste Eigenheiten der ihr vorliegenden Situation zu achten. Diese Methode eignet sich für den Einsatz in einer Vielzahl an Feldern, darunter etwa die Sprachverarbeitung bei Voice- und Chatbots, Empfehlungs-KI in Online-Shops und die produzierende Industrie.

Mehr Mehrwert durch KI

Von unterschiedlichen Institutionen wurde 2023 als Jahr der KI ausgerufen. Industrieunternehmen in Deutschland stehen Künstlicher Intelligenz aufgeschlossen gegenüber, wobei Großunternehmen – auch wegen ihrer überlegenen Ressourcen, was Personal, Daten und IT-Infrastruktur angeht – kleinen und mittelständischen Unternehmen gegenüber bisher die Nase vorn haben. Nach MSG-interner Einschätzung wird Künstliche Intelligenz bereits in rund der Hälfte der großen deutschen Industrieunternehmen eingesetzt. Eine Studie von Bitkom belegt dies: Sie hat ergeben, dass 48 Prozent der deutschen Unternehmen mit mehr als 2.000 Mitarbeitenden KI nutzen.

Insbesondere im In- und Output-Management sind KI-Lösungen in Großunternehmen bereits weit verbreitet. Das automatisierte Verbuchen von eingehenden oder dem Auslösen von ausgehenden Zahlungen gleicht für sie einem Kinderspiel. Ebenfalls in nahezu flächendeckendem Einsatz sind ton- und bilderkennende KI in der Produktion. Dort optimieren sie Produktionsprozesse, indem sie alle durchlaufenden Komponenten mit bekannten Bildern von intakten Komponenten abgleichen und so fehlerhafte Komponenten identifizieren und aussortieren. Das ist noch nicht das Ende ihres Mehrwerts: Sie sind nicht nur in der Lage, Fehler zu erkennen. Sie können darüber hinaus mögliche Gründe für die Entstehung des Fehlers identifizieren und die Produktionsparameter so anpassen, dass der Fehler nicht mehr auftritt. Damit leistet Künstliche Intelligenz einen wichtigen Beitrag, um die gesamte Produktion effizienter und ressourcenschonender zu gestalten. Betriebe sparen mit dem Einsatz von KI also Material und Energie, während ihre Produktqualität mindestens konstant bleibt. Industrieunternehmen sollten die Vorteile von Künstlicher Intelligenz darum auch bei ihren Nachhaltigkeitsstrategien mitdenken.

Warum Fachkräftemangel, wenn KI?

Ob beim Endverbraucher oder im Unternehmen: Wenn ein Gerät wegen eines Fehlers ausfällt, ist das für die Anwendenden lästig und der Defekt sollte aus wirtschaftlichen Gründen schnellstmöglich repariert werden. Gar nicht so leicht in Zeiten des Fachkräftemangels, der sich in den kommenden Jahren voraussichtlich nicht verbessern wird. Mit Künstlicher Intelligenz lässt sich der Service vereinfachen; sie kann Benutzerhandbücher und Selbsthilfelösungen anbieten und die Reparatur so erleichtern. Muss doch ein Mensch Hand anlegen, kann die KI auch weniger umfassend ausgebildetes Servicepersonal im Außendienst unterstützen und Wissen per Knopfdruck – also etwa Informationen über Ort und Art des Fehlers sowie benötigte Werkzeuge und Ersatzteile – bereitstellen. Die notwendigen Reparaturen können dadurch effektiv und effizient durchgeführt und dokumentiert werden.

Klingt gut – Wo fangen wir an?

Die Vorteile von Künstlicher Intelligenz für die produzierende Industrie sprechen für sich. Darum ist die größte Hürde bei der Implementierung für viele deutsche Unternehmen nicht der fehlende Wille. Vielmehr betreiben viele Unternehmen noch jahrzehntealte Maschinen, die nicht über die notwendigen Kommunikationsschnittstellen verfügen, um mit Künstlicher Intelligenz zu sprechen. Industrieunternehmen, die sich für den Einsatz von KI entscheiden, sollten nicht nur ihre Maschinen modernisieren, sondern auch für gleichermaßen sichere und robuste IT-Systeme sorgen, die die großen und oft sensiblen Datenmengen sicher verarbeiten können. Außerdem muss die Grundsatzentscheidung, ob die KI On-Premises, in der Cloud oder in einem hybriden Ansatz ihren Platz finden soll, getroffen werden. Eins wird in dieser Diskussion deutlich: Um den flächendeckenden Einsatz der Technologie zu ermöglichen, müssen Politik und Unternehmen deutschlandweit an einem Strang ziehen. Nur mit dem Ausbau des 5G-Netzes besteht die nötige Bandbreite, die für die Funktionalität von Anwendungen wie Predictive Maintenance unerlässlich ist.

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Mensch und Maschine

Wenn die Erfüllung dieser Anforderungen ausreichen würde, um KI gewinnbringend einzusetzen, wäre es zu einfach: Unternehmen dürfen den Menschen nicht vergessen. Klar ist, dass Künstliche Intelligenz Menschen unterstützen und assistieren soll. Um die reibungslose Zusammenarbeit von Mensch und Maschine zu gewährleisten, sollten Unternehmen neben den technischen Investitionen auch in das Onboarding ihrer Mitarbeitenden investieren. Denn eine Belegschaft, die sich sorgt, dass die KI sie ersetzen könnte, wird sich nur widerwillig oder überhaupt nicht mit den neuen Prozessen und Strukturen anfreunden. Solche Sorgen ernst zu nehmen, ist im Zuge eines KI-Projekts eine essenzielle Aufgabe von Betrieben. Verantwortungsbewusste IT-Unternehmen starten erst in die Minimum Viable Product-Phase eines Projekts, wenn die Angestellten verinnerlicht haben, dass KI ihren Arbeitsalltag verbessern, sie jedoch nicht ersetzen wird.

Auch Fragen nach Ethik, Fairness und Verantwortung haben einen wichtigen Platz in Gesprächen über KI. Während vermutlich die meisten Industrien von KI profitieren könnten, ist sie in einigen Bereichen unerwünscht oder sogar gesetzlich eingeschränkt. Die robuste deutsche Gesetzgebung rund um das Thema Datenschutz weist der KI beispielsweise klare Schranken auf. Um die Grenzen der Technologie noch genauer abzustecken, wird europaweit bald der AI Act dafür sorgen, dass Künstliche Intelligenz stets nachvollziehbar, vorurteilsfrei und Mensch und Gesellschaft dienlich eingesetzt wird. Ob gewisse Bereiche darum trotz 5G-Netz und kommunikativer Maschinen auf KI werden verzichten müssen, wird sich zeigen.

Future of Industrial Usability - Conference & Expo

Usability in der Industrie – Einfachheit ist Trumpf!

Die industrielle Zukunft ist benutzerfreundlich – Future of Industrial Usability weist den Weg, und dient als Plattform, auf der Expertinnen und Experten von neusten Entwicklungen berichten und echter Austausch möglich ist – branchenübergreifend und praxisnah. Neben Neuigkeiten zu Trends und Entwicklungen lernen die Teilnehmer Methoden, Vorgehensweisen und Techniken des Usability Engineerings kennen, kommen mit Vertretern aus unterschiedlichen Industrien zusammen und finden im Austausch Antworten auf aktuelle Herausforderungen.

Smartphone, Staubsaugroboter, Industrie: KI ist überall

Während Künstliche Intelligenz wie eine einschüchternde Technologie der Zukunft wirken kann, lohnt es sich, im Kopf zu halten, dass sie bereits im Alltag allgegenwärtig ist. Nach und nach wandert die Akzeptanz der Technologie nun von dort in Unternehmen, wie es auch eine Umfrage von Bitkom zeigt. Sie belegt, dass immer weniger Unternehmen KI kritisch gegenüberstehen und viele planen, 2023 aktiv in die Technologie zu investieren. Je höher die Akzeptanz, desto schneller wird auch die Weiterentwicklung der Technologie voranschreiten. In einigen Jahren könnten Anwendungen möglich sein, die heute noch kaum denkbar sind. Während wir uns sicherlich nicht auf HAL 9000 oder den Terminator vorbereiten müssen, werden selbstlernende und selbststeuernde KI-Technologien in den kommenden Jahren ebenso Teil unseres Alltags werden, wie Staubsaugroboter und Smart-Kühlschränke es schon heute sind.

KI ist das mächtigste Werkzeug der Digitalisierung. Für Industrieunternehmen ist jetzt an der Zeit, sich zu informieren: Wo gibt es interne Use Cases und welche Vorbereitungen müssen vor dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz getroffen werden? Nur so können Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig bleiben.

Buchtipp

Das Fachbuch „Künstliche Intelligenz“ bietet eine fundierte Einführung in die Grundlagen der Künstlichen Intelligenz und der neuronalen Netze. Anhand von Beispielen aus der Unternehmenspraxis werden mögliche Einsatzgebiete aufgezeigt und Wege dargelegt, wie Unternehmen die Potenziale von Künstlicher Intelligenz erkennen und strategisch umsetzen können.

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* Mark-W. Schmidt leitet den übergreifenden Bereich MSG Artificial Intelligence.

* Holger Hornik ist Bereichsleiter Artificial Intelligence & Digitale Assistenzsysteme für die Branche Consumer Products bei MSG.

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