Eventreihe zur digitalen Transformation Erfolgreicher Auftakt von "MindShift Mittelstand"
Wissenstransfer zum Thema Digitalisierung sowie Networking mit Start-Ups, Trendsettern und Unternehmen bietet die neue Veranstaltungsreihe "MindShift Mittelstand". Am 2. Juni 2017 ging das Eventformat der Online-Plattform "Industry of Things" an den Start.
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Digitale Transformation, Disruption, Industrie 4.0: Buzzwords wie diese elektrisieren seit einiger Zeit den deutschen Mittelstand, denn sie werfen jede Menge Fragen auf: Ist mein Geschäftsmodell davon betroffen? Brauche ich ein neues, digitales Geschäftsmodell? Kann ich von den Veränderungen im Markt profitieren? Wie ist es um den digitalen Reifegrad meines Unternehmens bestellt? Wie schnell muss ich "digitalisieren"? Hat die Digitalisierung Auswirkungen auf meine Unternehmensorganisation?
Antworten auf diese und noch viele weitere Fragen will ein neues Eventformat der Online-Plattform „Industry of Things“ geben: der MindShift Mittelstand. „Mit diesem exklusiven Teilnehmerkreis wird ein qualifizierter Austausch gewährleistet. Diese Plattform ermöglicht es den Teilnehmern, Networking mit Start-Ups, Trendsettern und Unternehmen zu betreiben“, erläutert Projektleiter Bernhard Göbel.
Innovation sichert Überleben
Unter dem Motto „Herausforderung Digitale Transformation“ hatten am 2. Juni rund 30 Gäste aus der Wirtschaft und dem Hochschulbereich in der Vogel Gründerwerkstatt zur „MindShift Mittelstand“-Premiere eingefunden. Was tun bei beschleunigten Produktlebenszyklen? Mit welchen Methoden kann ich den Herausforderungen der digitalen Transformation begegnen? Um diese Themen kreisten vier Vorträge, wobei keineswegs nur „Digital Natives“, sondern auch zwei Vertreter der "alten Ökonomie" zu Wort kamen.
Quasi zur Einstimmung referierte Stefan Eiselein, Chief Digital Officer von Vogel Business Media, darüber, wie die digitale Disruption die Medien und deren Geschäftsmodelle verändert hat. Dr. Gunther Wobser, CEO der Lauda Dr. R. Wobser GmbH & Co. KG, skizzierte aus Sicht eines klassischen Apparatebauers die Herausforderungen an der Schnittstelle Innovation aus Tradition oder Disruption. Im Jahr 1956 gegründet, zählt das Unternehmen mit Sitz in Lauda-Königshofen heute zu den weltweit führenden Herstellern von Temperiergeräten und –anlagen mit Kunden rund um den Globus in den Bereichen Automotive, Chemie und Pharma, Halbleiter sowie Labor-und Medizintechnik.
Wie nimmt man die Belegschaft mit auf die digitale Reise?
Innovation – in allen Bereich und auf allen Ebenen –, so das Credo Wobsers, sichert das unternehmerische Überleben, wobei häufige Aufenthalte im Silicon Valley bei ihm bald die Faszination für neue Geschäftsmodelle und das Thema Digitalisierung weckten. Doch wie nimmt man die eigene Belegschaft mit bei einer strategischen Neuorientierung und wie kommuniziert man diese hinein ins Unternehmen?
Im Falle der digitalen Transformation seien Digitalisierungs-Checks wie der Industrie 4.0 Maturity Index von Acatech oder das Digitale Befähigungsmodell von Fraunhofer durchaus hilfreich, resümierte Wobser. Was aber bisher gefehlt habe, "war ein einfache, gut zu kommunizierendes Konzept der Umsetzung". En wenig Kramen in der "Mottenkiste" der Managementwerkzeuge förderte ein altes Schätzchen zutage: Jerome Mc Carthys 4P-Modell aus den 1960er Jahren, das die komplette Marktseite (Product, Price, Placement und Promotion) abdeckt.
Digitalisierung schreit nach neuen Organisationsformen
Wobser erweiterte dieses für die digitale Welt um weitere vier „P's“ zu einem 8P-Modell: Um P wie People (Qualifikation, Zusammenarbeit, Organisationsstruktur). Um P wie Processes – sprich Unternehmensprozesse. Denn die bestehenden sollten nach Einschätzung des Referenten nicht einfach digitalisiert werden, sondern müssten oftmals komplett neu aufgesetzt werden. P wie Production beinhaltet alle Themen im Zusammenhang mit Industrie 4.0. Und mit P wie Prosumer rückt schließlich noch der Kunde bzw. Anwender in den Fokus, der nach Meinung des Laudaer Unternehmers ebenfalls in die Innovations- und Digitalisierungsstrategie integriert werden muss. Nur am Rande: Bereits 2003 promovierte Wobser über die Einbindung der Anwender in den Produktentwicklungsprozess promoviert, und zwar mit Internettechnologie.
Digitalisierung bedeutet zugleich mehr Kundennähe und Beweglichkeit. Auch hier gab es Anpassungsbedarf. Bei Lauda Dr. R Wobser besteht Organisation heute im Nukleus aus all jenen Teams, die für die Steuerung der Kernprozesse zuständig sind: Finanzen, Compliance, Recht, Logistik. Dazu kommen noch einige spezielle Fertigungsprozesse.
Um diesen Kern herum sind flexible, kundenorientierte Teams angeordnet und mit allen Funktionen versehen, die zur schnellen Bearbeitung der Kundenanforderungen benötigt werden. Doch welche Aufgabe sieht Wobser für den Chef in einer solchen Organisation? Ganz einfach! Der wird wird zum Coach der Teams, sollte aber dennoch (noch) mitspielen können, zumindest aber ein grundlegendes Verständnis der Geschäftsprozesse haben. Wobser: „Mir gefällt die Aussage von Steve Jobs: Musicians play their instruments. I can play the orchestra.”
Künstliche Intelligenz für Supply-Chain-Experten
Da wirken selbst Unternehmen der "old economy" plötzlich wieder taufrisch. „Junge Unternehmen können hier von alten lernen“, so Prof. Dr. Christian Heinrich von Co-Gastgeber „scoutbee“, der sozusagen die Riege der „jungen Wilde“ vertrat. Bei scoutbee hat die Supply Chain fest im Blick und macht hier Dinge, die mit herkömmlichen (IT-)Techniken bisher gar nicht oder nur mit großem Zeitaufwand zu machen waren. ARTEMIS heißt das Zauberwort. Dahinter verbirgt sich ein System der künstlichen Intelligenz, mit den sich höchst rationell die drei Hauptherausforderungen in einer digitalen Supply Chain bewältigen lassen:
- Wie finde ich schnell den/die richtigen Lieferanten?
- Wie hoch ist in der Lieferkette mein Risiko hinter Tier 1 und Tier 2?
- Welche meiner Einkäuferkollegen arbeiten mit welchen Lieferanten zusammen?
Kurzum: Es geht um die Erweiterung des Lieferantenportfolios, um die präventive 360°-Absicherung der Supply Chain sowie um die plattformbasierte Bildung von Kompetenzteams.
Bevor die Lieferkette reißt
Der Innovation.Hub von scoutbee macht dank 2.1 Mrd. Datenpunkten die Beschaffungsaktivitäten aller relevanten Wettbewerber transparent. Basis dafür ist die eine Datenbank, die nicht nur Millionen an Unternehmens- und Produktdaten beinhaltet, sondern auch Informationen über Kunden-Lieferanten-Beziehungen – einschließlich der ausgetauschten Produkte, der Mengen und in vielen Fällen auch der gezahlten Preise. scoutbee stellt dem Einkäufer diese Daten durch ein intuitives Benutzer-Interface direkt zur Verfügung.
Der Risk.Hub von scoutbee überwacht und bewertet Einzelrisiken aller Unternehmen der Supply Chain und alarmiert im Risikofall, also bevor die Kette reißt. Dazu nutzt das seit wenigen Wochen in der Vogel Gründerwerkstatt residierende Start-Up zahlreiche Informationsquellen, um Engpässe durch politische, finanzielle, geologische und gesellschaftliche Risiken in Echtzeit zu identifizieren und zu analysieren. Das System leitet vollautomatisch und proaktiv Maßnahmen ein, um dem Risiko zu begegnen – es „aktiviert“ beispielsweise eine zweite, alternative Lieferquelle (second source).
Der Collaboration.Hub macht es B2B-Einkäufern möglich, mit Kollegen und Lieferanten zu kollaborieren, weltweit anonym ausschreiben, Bieterlisten mit Dynamic Data automatisiert zu füllen und so die Prozesskosten zu reduzieren und die Effizienz des Beschaffungsprozesses zu steigern.
Die ersten namhaften Player aus dem Automotive-Bereich konnte scoutbee für sein KI-basiertes SCM-Management-System bereits interessieren. Wer mehr über die Lösungen des innovativen Unternehmens und die KI-Maschine ARTIMIS erfahren will, muss sich allerdings noch einen knappen Monat gedulden: Dann nämlich geht die komplett runderneuerte scoutbee-Website live.
Volle Fahrt voraus mit Start-Ups!
Welche Vor- und Nachteile die Zusammenarbit mit Start-Ups für "etablierte" Unternehmen haben kann, skizzierte Clemens Launer von inDTact. Der 2016 mit dem Deutschen Gründerpreis ausgezeichnete Hersteller von Hochleistungssensoren, mit denen sich die "Intaktheit" von Maschinen überwachen lässt, kann bereits eine beeindruckende Liste von Partnern vorweisen. Ob Daimler, Airbus, ebm-papst, Bosch Rexroth, Wittenstein oder Siemens: Viele internationale Marktführer suchen die Nähe zu dem Newcomer aus Würzburg. Und das nicht ohne Grund, denn die Zusammenarbeit eines „Etablierten“ mit einem Start-Up ist für beide Seiten in vielen Fällen sehr fruchtbar, wie Launer in seinem Referat berichtete.
So können "Etablierte" relativ einfach Geschäfts- und Entwicklungsrisiken auslagern, erhalten über die Zusammenarbeit mit Start-Ups Zugang zu neuen Technologien, können ihr Image verbessern und sich auch in kultureller Hinsicht die eine oder andere Scheibe von ihrem Start-Up abschneiden. Überzeugendstes Asset einer solchen „Kollaboration“ ist für Launer jedoch, dass ein Etablierter mit einem Start-Up einen agilen und schnellen Umsetzer gewinnt. Am Motto „Volle Fahrt voraus mit Start-Ups“, unter das der inDTact-CEO seine Präsentation gestellt hatte, ist also etwas „dran“.
Nächster "MindShift" am 23. November
Allerdings hat dieses "Co-Living" auch gewisse Tücken. Rasch können Etablierte in eine Abhängigkeit von "ihrem" Start-Up geraten. Oder es gibt Probleme in Sachen Qualitätssicherung, Liefertreue und Compliance. Ein Start-Up hingegen setzt sich unter anderem dem Risiko aus, dass es sich schwer tut, bestehende Rechte gegen den größeren Partner durchzusetzen. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Technik des kleineren Partners vom Big Brother früher oder später "nachempfunden" wird.
Projektleiter Bernhard Göbel von „Industry of Things“ zeigte sich mit der Veranstaltung zufrieden: „Das Feedback war durchweg gut, die Vorträge gaben interessante Diskussionsimpulse und die Größe der Veranstaltung wurde positiv bewertet.“ Nach diesem Kickoff-Event ist für den „MindShift“ ein halbjährlicher Rhythmus geplant, als nächster Termin ist der 23.November 2017 angesetzt.
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