Edge Computing mittels Hard- und Softwarelösungen verbessern

Autor / Redakteur: Mark Patrick * / Margit Kuther

Edge Computing entlastet IoT-Netzwerke immens. Doch die Datenmenge steigt rasant und fordert auch von Edge-Computing-Geräten immer höhere Performance. Lesen Sie, wie Sie diese Herausforderung meistern können.

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Bild 1: Unverzichtbar im IoT ist die Datenverlagerung an den Netzwerkrand.
Bild 1: Unverzichtbar im IoT ist die Datenverlagerung an den Netzwerkrand.
(Bild: EdgeX Foundry)

Der Aufstieg des Internets der Dinge (Internet of Things, IoT) beschleunigt das Thema Edge Computing. Ähnlich wie beim „Fog Computing“ von Cisco wird die Rechenleistung an den Rand der Cloud verlagert, um den Stromverbrauch zwischen Sensorknoten und Rechenzentrum zu verringern. Hiervon könnten auch Entwickler von Embedded-Systemen stark profitieren, die komplexere Algorithmen für Sensoren und Gateways implementieren möchten.

Es wird zwar schon seit Jahren an Software gearbeitet, die Hardware in Rechenzentren unterstützen. Jedoch ist für den Wechsel zum Edge Computing eine noch deutlich größere Palette von Software erforderlich, die mit leistungsfähigeren Embedded-Systemen kompatibel ist. Das Angebot an passender Hardware für industrielle Systeme wird kontinuierlich erweitert. In der Regel kommen Dual- oder Quadcore-Prozessoren zum Einsatz, wie das KeyStone System-on-Chip von Texas Instruments an den Knoten und Intels Core-i7-Prozessor in Gateways von Anbietern wie ADLINK, die sowohl für die Verarbeitung der Sensordaten als auch für Analysen geeignet sind. Dies ist eine unverzichtbare Voraussetzung, denn künftig sollen mehrere zehn Milliarden IoT-Geräte mit dem Internet verbunden sein (Bild 1).

Bildergalerie

Ziel ist es, Daten am Netzwerk-Edge zu verarbeiten

Heutige IoT-Architekturen setzen Analyseverfahren im Zusammenhang mit Rechenzentren meist erst ein, nachdem alle Informationen erhoben wurden. Da die Zahl von IoT-Implementierungen jedoch steigt, werden die Daten zukünftig nicht mehr schnell genug zur Verfügung stehen.

„Aktuell werden Daten an einen sogenannten Data Lake geschickt, wo sie nur aufbewahrt werden und ungenutzt bleiben“, erklärt Chad Boulanger, Global VP of Business Development for IoT Analytics des Softwareentwicklungsunternehmens Greenwave Systems. „Nachdem das IoT weiter wächst, wird dieses Vorgehen in Zukunft keinen Nutzen mehr bringen. Der einzig richtige Weg ist, möglichst viele Daten am Netzwerk-Edge zu verarbeiten – also direkt innerhalb der Endgeräte –, damit diese Probleme sofort erkennen und darauf reagieren können.“

Nach einem Bericht des Marktforschungsunternehmens Gartner werden bis zum Jahr 2020 weltweit 20,4 Milliarden verbundene IoT-Geräte im Einsatz sein. Die Aussicht auf die riesige Datenmenge, die dann von diesen Geräten aus übertragen werden wird, beschleunigt die Akzeptanz des Edge Computings – ein Verfahren, bei dem vernetzte Geräte und Sensoren Daten an ein lokales Gateway-Gerät übertragen, anstatt sie zurück an die Cloud oder an ein Rechenzentrum zu schicken.

Edge Computing unterstützt IoT-Anwendungen bestens

Dank schnellerer Datenanalysen und einer Reduzierung des Netzwerkverkehrs eignet sich Edge Computing bestens für IoT-Anwendungen. Auf diese Weise sind auch Datenanalysen in Echtzeit möglich, welche die Entscheidungsfindung erleichtern und hilfreich sind für Fabrikoptimierung, vorausschauende Wartung, Fernmanagement von Vermögenswerten, Gebäudeautomation, Flottenmanagement und Logistik. Allerdings geht es beim Edge Computing nicht nur um Analysen. Die Einführung energieeffizienterer Methoden zur schnellen und lokalen Verarbeitung von Algorithmen kann die Stromreserven in batteriebetriebenen Knoten an entfernten Standorten schonen, den Datenverkehr reduzieren und so die Betriebsdauer verlängern.

Der Einsatz digitaler Signalverarbeitung (DSP) erlaubt die Ausführung komplexerer Algorithmen für Analysen und Datenverarbeitung, während dank der höheren Speicherkapazität Daten für längere Zeit im Sleep-Modus zwischengespeichert werden können. Flexible I/O-Schnittstellen führen zu einer stärker verteilten heterogenen Datenverarbeitungsarchitektur. Diese Kombination bietet OEMs die Flexibilität, die sie benötigen, um binnen kürzester Zeit neue Innovationen bereitzustellen.

FPGA iCE40 UltraPlus beschleunigt Edge-Computing-Geräte

Die Herausforderung besteht darin, das passende Leistungsniveau in integrierten Geräten zu liefern. Neben Analysen ist die Steigerung der Computer-Vision ein weiterer wichtiger Schritt. Hierfür sind mehr dedizierte DSP-Blöcke in den integrierten Prozessoren und ein größeres Augenmerk auf die Kompetenzen der Entwickler von Embedded-Systemen erforderlich. Die Fokussierung auf Edge-Verarbeitung treibt auch die programmierbare Logiktechnologie mit Produkten wie dem FPGA iCE40 UltraPlus von Lattice Semiconductor weiter in Richtung eingebettete Sensorsysteme. Das Produkt hat achtmal mehr Speicherkapazität und doppelt so viele DSP-Ressourcen sowie bessere I/Os als frühere Generationen.

Folglich kann es die nötige höhere Rechenleistung für Edge-Computing-Geräte bereitstellen, die ständig eingeschaltet und jederzeit bereit sind, Befehle lokal und ohne Konsultation der Cloud auszuführen. Funktionen wie Gesten- und Gesichtserkennung, Klangverbesserung, akustische Strahlformung, Satzerkennung, Doppel-Tap, Shake-to-wake und Fußgänger-Koppelnavigation (Pedestrian Dead-Reckoning, PDR) werden unterstützt.

Neben 1,1 Mbit SRAM und 8 DSP-Blöcken beinhalten die FPGAs dieser Familie bis zu 5000 Lookup-Tabellen (LUTs) und nicht flüchtigen Konfigurationsspeicher (Non-volatile Configuration Memory, NVCM) für Instant-on-Anwendungen. Mit einem Stromverbrauch im Standby-Modus von weniger als 100 µW und kompakten QFN-Gehäusen sind sie bestens für den Einsatz in platzbeschränkten Umgebungen mit begrenzter Leistungsaufnahme geeignet. Zu den wichtigsten Anwendungen gehören unter anderem Pufferspeicher für Always-on-Sensoren und verteilte Verarbeitung für mobile Geräte mit einer Leistungsaufnahme von weniger als 1 mW oder eine Always-on-Sensorfunktion, die aktiv ist, während der Applikationsprozessor (AP) sich im Schlafmodus befindet (Bild 2, siehe Bildergalerie).

Echtzeitanalysen auf Edge- Geräten mit ultrakleiner Fläche

Allerdings geht es beim Edge Computing nicht nur um leistungsstarke Hardware. FogHornSystems beispielsweise hat eine Plattform entwickelt, die – so das Unternehmen – Echtzeitanalysen auf Edge-Geräten mit ultrakleiner Grundfläche bietet. Damit können Entwickler Daten aus IoT-Anwendungen beziehen und so die Bandbreitennutzung und Kosten reduzieren. Sie bietet minimierte Latenz, höhere Zuverlässigkeit und Reaktion in Echtzeit. Die integrierbare Software Lightning Micro des Unternehmens benötigt wenig Speicher (unter 256 MByte) zur Datenverarbeitung und Echtzeitanalyse am Edge und verwendet ein C++-SDK. Die Daten werden über IoT-Protokolle wie OPC-UA, MQTT und Modbus eingespeist, und die Echtzeit-Streaming-Analyse-Engine kann über eine bedienerfreundliche Expression Language und Hunderte eingebauter Funktionen konfiguriert werden.

Greenwave Systems kümmert sich auch um die Implementierung von Analysefunktionen am Rande des Netzwerks. Das Unternehmen hat sich mit Wind River zusammengeschlossen, um seine Analyse-Engine AXON Predict an VxWorks anzuschließen und damit individuelle Analysen zu ermöglichen, um die Rechenleistung und Echtzeit-Intelligenz in industriellen IoT-Designs zu fördern. „Wir wollten den Entwicklern. die mit VxWorks arbeiten, ein Tool zur Verfügung stellen, das große Mengen an Streaming-Sensordaten an der Quelle analysieren und automatisch darauf reagieren kann“, so Michel Genard, General Manager für Betriebssystemplattformen bei Wind River. „AXON Predict wird Entwicklern integrierte Analysefunktionen bereitstellen, die Muster erlernen, Einblicke bieten und in Abläufe und Verhalten verbundener Geräte eingreifen.“

Mit dieser Edge-Analyse-Engine können Entwickler eine intelligente „Set-and-forget“-Anwendung bauen und wichtige Daten am Rand des Netzwerks in Echtzeit verarbeiten. Dies ermöglicht Geräten und intelligenten Sensoren, Informationen aus jeder Stufe des Netzwerks zu sammeln, automatisch Anomalien zu erkennen und unverzüglich Maßnahmen an der Eingabequelle zu ergreifen. Die Analyse-Engine verfügt außerdem über erweiterte Sicherheitsmerkmale und bietet Unternehmen damit zusätzlichen Daten- und Geräteschutz.

Open-Source-Projekt EdgeX Foundry für Edge Computing

Durch die Zusammenführung all dieser Elemente ist es der Linux Foundation gelungen, das Open-Source-Projekt EdgeX Foundry als offenes Framework für Edge Computing ins Leben zu rufen. Es umfasst die Entwicklung einer Reihe von Microservices, die sich auf verschiedenen Betriebssystemen und verschiedener Hardware (von x86 bis zu ARM) befinden können. AMD, Analog Devices, Dell und das Sensorunternehmen RFmicron sowie Energy-Harvesting-Spezialisten der EnOcean Alliance sind bereits mit im Boot. Die Linux Foundation weist auf die Branchenfragmentierung und das Fehlen eines gemeinsamen Frameworks für IoT-Lösungen hin, was der breit gefächerten Akzeptanz im Wege steht und das Marktwachstum verzögert. Die Komplexität der gegenwärtigen Landschaft und die breite Vielfalt von Komponenten lösen einen Lähmungszustand aus. EdgeX soll diese Probleme lösen, indem es die schnelle Entwicklung von Edge-Lösungen für das IoT ermöglicht, die sich flexibel an geänderte Geschäftsbedürfnisse anpassen lassen (Bild 3,siehe Bildergalerie).

„Unternehmen müssen heute eine Menge Zeit und Energie investieren, um ihre eigenen Edge-Computing-Lösungen zu entwickeln, bevor sie überhaupt IoT-Lösungen zur Erfüllung ihrer Geschäftsanforderungen implementieren können“, erklärt Dr. Philip DesAutels, Senior Director of IoT bei The Linux Foundation. „EdgeX stellt ein Ökosystem aus interoperablen Komponenten von diversen Anbietern bereit, damit die vorhandenen Ressourcen genutzt werden können, um den geschäftlichen Mehrwert zu steigern, und nicht, um IoT-Komponenten zu kombinieren und zu integrieren.“

Der Einsatz einer quelloffenen Edge-Softwareplattform ist ein Schritt in die richtige Richtung. Mit einem interoperablen Partner-Ökosystem können Hardwarehersteller auf schneller reagieren und gleichzeitig von zuverlässigerem Sicherheits- und Systemmanagement profitieren, während Sensor- und Gerätehersteller durch den Einsatz eines SDK einen Gerätetreiber auf Anwendungsebene mit einem ausgewählten Protokoll programmieren können. Zugleich können Systemintegratoren ihre Produkte durch die Kombination von Plug-and-Play-Teilen mit ihren eigenen geschützten Technologien schneller vermarkten.

Fazit: Edge Computing im Zusammenhang mit dem IoT eröffnet Embedded-Entwicklern neue Möglichkeiten. FPGAs werden aktuell zur Aggregation von Daten genutzt, aber sie können auch verwendet werden, um diese Daten zu verarbeiten und Echtzeitanalysen bereitzustellen. Gepaart mit DSP und Multicore-Prozessoren können intelligente Knoten und Gateways bessere Informationen an die Cloud zurückgeben, während sie gleichzeitig den Energieverbrauch senken und die Akkulaufzeit verlängern .

Dieser Beitrag ist erschienen im Sonderheft Embedded Systems Development und Internet of Things I der ELEKTRONIKPRAXIS (Download PDF)

* Mark Patrick ist Mitarbeiter bei Mouser Electronics

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