3D-Insights Diese Probleme muss die additive Fertigung lösen

Redakteur: Stefan Guggenberger

In einigen Bereichen der industriellen Fertigung tritt AM zunehmend aus dem Schatten herkömmlicher Verfahren. Doch der große Durchbruch in der Serienfertigung bleibt weiter aus. Welche Herausforderungen und Probleme für die additive Fertigung bestehen, haben wir unsere Experten gefragt.

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Viele Unternehmen stehen bei der Einführung von AM immer noch vor großen Herausforderungen. Dazu zählen auch die Kosten der 3D-Drucktechnologie.
Viele Unternehmen stehen bei der Einführung von AM immer noch vor großen Herausforderungen. Dazu zählen auch die Kosten der 3D-Drucktechnologie.
(Bild: gemeinfrei // pexels)

Wir haben unsere 3D-Experten gefragt, welche Probleme die additive Fertigung lösen muss, um einen wirklichen Mehrwert zu liefern. Dazu stellt Christoph Hauck, Vorstand bei Toolcraft, klar: „Sie liefert doch für bestimmte Industrien bereits einen echten Mehrwert“. Womit er vollkommen recht hat: Bei vielen Anwendungen in den Bereichen Prototyping, Medtech oder Formenbau zählt 3D-Druck schon zu den Standardanwendungen. Wenn es um die Bedeutung für die industrielle Fertigung geht, hat AM aber noch einiges aufzuholen. „Wir befinden uns mit der additiven Fertigung dort, wo sich die Zerspanung 1970 befunden hat“, erklärt Hauk weiter. Gemeint ist, dass die meisten Industrieunternehmen für Massen- und Serienfertigung weiterhin auf herkömmliche Verfahren setzen. Im Schatten von Zerspanung und Co. kann AM jedoch zunehmend Fuß fassen. Laut einer Studie von Ernest und Young haben im Jahr 2019 schon 63 Prozent der deutschen Unternehmen 3D-Druck eingesetzt. Dabei sehen die Anwender die größten Vorteile der Technologie darin, besser auf Kundenanforderungen zu reagieren (43 %) und die Produktentwicklung effizienter zu gestalten (38 %). Was hält die additive Fertigung also davon ab, herkömmliche Verfahren zu verdrängen?

Additives Denken ist Grundvoraussetzung für additive Wertschöpfung

„Wir merken, dass viele Anwender erst einen 'Mindset Change' hin zum 'additiven Denken' durchlaufen müssen“, meint Lisa Krämer von Forward AM. Dazu muss ein ganzheitlicher Ansatz erarbeitet werden, der 3D-Druck nicht nur als Lösung für ein spezifisches Problem sieht, sondern als essenziellen Teil der Wertschöpfungskette. Dann ist es auch leichter, applikationsspezifische End-to-End-Lösungen einzuführen, die auf eine enge Zusammenarbeit mit Partnern wie Druckerherstellern, Materialanbietern und Druckdienstleistern setzen. Für die Praxis heißt das beispielsweise, dass zunächst die digitale Prozesskette geschlossen werden muss, damit additiv gefertigte Bauteile einfacher in die Prozesse integriert werden können.

AM muss Kosten sparen und Umsätze erhöhen

Neben dem additiven Denken gibt es aber auch ganz praktische Herausforderungen, die unsere Experten für die additive Fertigung sehen. Dabei geht es auch um Kernvoraussetzungen, die jede Fertigungstechnologie erfüllen muss: „Additiv muss zeigen, dass es nicht nur wirtschaftlich sein kann sondern den Anwender letztlich Kosten spart oder Umsätze erhöht“, stellt Matthias Schmidt-Lehr von Ampower fest. Auch bei der Umfrage von Ernest und Young gaben viele Befragte an, dass die Kosten von AM noch die größte Hürde für dessen Einführung darstellen. 90 Prozent (der Unternehmen, die noch keinen 3D-Druck nutzen) sagten, dass das Material zu teuer ist und 87 Prozent meinten, die Anschaffungskosten der Fertigungssysteme seien zu hoch. Können die Gesamtkosten entsprechend gesenkt werden, sehen wir viele neue AM-Applikationen, ist sich Felix Ewald von Dyemansion sicher. Außerdem fordern unsere Experten weitere Verbesserungen im Bezug auf Automatisierung, Post-Processing und Datenmanagement. Alle Statements finden Sie weiter unten im Artikel.

Diese Herausforderungen sehen unsere Experten für die additive Fertigung:

  • 1. Additives Denken: Bevor 3D-Druck in der Fertigung eingesetzt werden kann, muss ein ganzheitlicher Ansatz zur Technologie gefunden werden. Nur so kann AM in die Unternehmensprozesse integriert werden.
  • 2. 3D-Druck muss günstiger werden: Die Kosten für die additiven Fertigungssysteme und das verwendete Material sind für viele Interessierte schlicht noch zu hoch.
  • 3. Umsätze erhöhen: AM muss für Kunden einen Mehrwert generieren, den diese auch bezahlen möchten.
  • 4. Automatisierung: Die Produktion muss ressourcenschonend und effizient erfolgen, hierfür ist ein gutes Maß an Automatisierung notwendig.
  • 5. Post-Processing: Nachbearbeitungs-Schritte müssen weiter standardisiert werden, damit die additive Wertschöpfung effizienter und planbarer wird.
  • 6. Datenmanagement: Wie in jedem anderen Bereich muss jederzeit sichergestellt sein, dass kein Unbefugter auf Daten und Systeme zugreifen und diese korrumpieren kann. Zudem sollten alle Prozesse und Daten der Wertschöpfung digitalisiert sein.

Alle Statements unserer Experten

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Welche Probleme muss die additive Fertigung lösen, um Anwendern einen echten Mehrwert zu liefern? 

Wir merken, dass viele Anwender erst einen 'Mindset Change' hin zum 'additiven Denken' durchlaufen müssen. Gerade wir als technologie-übergreifender Anbieter bauen daher unsere Service- und Beratungsleistungen mehr und mehr aus. Wir nutzen nun mehr denn je auch virtuelle Kommunikationswege, um allgemeine Einführungen in die additive Fertigung zu geben und erweitern unseren E-Learning Hub mit industrie- und anwendungspezifischen Webinaren beinahe wöchentlich. Mit unserem technologie-übergreifendem Ansatz arbeiten wir zudem eng mit verschiedensten Partnern zusammen und merken, dass gerade das eingespielte Zusammenspiel aus Druckerhersteller, Materialanbieter und Druckservice-Dienstleister die Kunden von der ersten Idee bis zum final gedruckten Teil begleiten kann. - Lisa Krämer von Forward AM

Gerade bei den Anwendern ist vor allem die Betrachtung der gesamten Prozesskette ein aktuell sehr relevanter Schritt. Um die digitale Prozesskette vollständig zu schließen müssen auch Post-Processing-Schritte weiter standardisiert werden. - Kristina Hager von Cubicure

Im industriellen Bereich braucht es applikationsspezifische End-to-end-Lösungen, um den Kunden den Einstieg zu erleichtern. Strategische Kooperationen können hier einen wichtigen Beitrag leisten. Ebenso müssen die Gesamtkosten für 3D Druck einfach geringer werden. Das wird viele neue Applikationen ermöglichen. - Felix Ewald von Dyemansion

In einfachen Worten ausgedrückt: Die additive Fertigung muss funktionieren. Das bedeutet, die Konstanz und Wiederholbarkeit müssen gegeben sein sowie die Anwendungskriterien erfüllt werden. Die Technologie und das Material müssen aufeinander und auf die Anwendung perfekt abgestimmt sein. Nicht zuletzt soll die Gesamtlösung preisgünstiger sein als andere Methoden. - Sylvia Monsheimer von Evonik

Schon jetzt bietet die additive Fertigung die nötige Flexibilität und Unabhängigkeit, um produktive Bauteile schnell und mit wenig Aufwand zur Verfügung zu stellen. Wenn sich die additive Fertigung im industriellen Bereich in der Automation durchsetzt, ist dies ein weiterer großer Schritt. Voraussetzung dafür ist die Datensicherheit in der additiven Fertigung. Wie in jedem anderen Bereich muss jederzeit sichergestellt sein, dass kein Unbefugter auf Daten und Systeme zugreifen und diese korrumpieren kann. Hier spielen insbesondere nicht-cloudbasierte Lösungen zur Datensicherung einer Rolle. - Andrea Berneker und Kilian Rottenberger von German Rep Rap

Sie liefert doch für bestimmte Industrien bereits einen echten Mehrwert. Wir befinden uns mit der additiven Fertigung dort, wo sich die Zerspanung 1970 befunden hat. Hier hat man noch einiges zu erwarten. Morgen ist die additive Fertigung bereits günstiger als heute (fallende Pulverpreise, reduzierte Ausschussraten, höhere Produktivität der Anlagen). Die klassische Massenfertigung ist noch sehr weit entfernt, aber für uns auch nicht das Maß aller Dinge. Wichtig ist für uns, die komplette Wertschöpfung unter einem Dach zu haben. - Christoph Hauck von Toolcraft

Das gesamte Produktionssystem muss prozessstabil für Serienprozesse zur Verfügung stehen. Die Produktion muss ressourcenschonend und effizient erfolgen, hierfür ist ein gutes Maß an Automatisierung notwendig. 3D Druck muss in Zukunft so selbstverständlich werden, wie zum Beispiel das Fräsverfahren in den letzten Jahren. - Karsten Müller von Rapidshape

Additiv muss zeigen, dass es nicht nur wirtschaftlich sein kann sondern den Anwender letztlich Kosten spart oder Umsätze erhöht. Diesen Nachweis ist die Technologie in vielen Bereichen bislang noch schuldig geblieben. - Matthias Schmidt-Lehr von Ampower

In der industriellen Applikation geht es um Kosten, Skalierbarkeit, Reproduzierbarkeit, Genauigkeit, Geschwindigkeit und Qualität. Technologien der additiven Fertigung, die diese wichtigen Eigenschaften erfüllen, werden sich durchsetzen, unabhängig vom Verfahren. Erst wenn additive Verfahren sich wirklich als Fertigungsverfahren sehen und solche Anforderungen erfüllen, werden sie massiv Einzug halten. - Lutz Feldmann von Markforged

Prozessstabilität und Automatisierung sind zwei Hauptprobleme auf die wir uns gezielt fokussieren. - Maximilian Neck von Production to go

Damit AM breit in der Serienfertigung zum Einsatz kommen kann, müssen wir zum einen die Reproduzierbarkeit sicherstellen – jedes gedruckte Bauteil aus einer Serie muss exakt identische Eigenschaften aufweisen. Zum anderen müssen wir es schaffen, die Teilekosten zu senken. Nur so gelingt eine effiziente Serienfertigung. Zudem muss es uns gelingen, die Maschine und den gesamten Produktionsprozess noch einfacher zu gestalten – von der Datenvorbereitung über den Druckvorgang bis hin zur Nachbereitung der Bauteile. - Damien Buchbinder von Trumpf

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