Interview mit Dirk Didascalou, AWS "Die Cloud finde ich sehr befreiend"
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Der VW-Konzern baut zusammen mit Amazon Web Services (AWS) die "Volkswagen Industrial Cloud" auf, die Echtzeitdaten aus 122 Produktionsstätten zusammenführen soll. Über diese IoT-Plattform, andere AWS-Projekte sowie die Vorzüge der Cloud sprach "Industry of Things" mit Dirk Didascalou, Vice President IoT bei AWS.

Amazon Web Services und Volkswagen haben eine enge Partnerschaft zum Aufbau einer "Volkswagen Industrial Cloud" geschlossen. Entstehen soll eine digitale Produktionsplattform zur Stärkung eines weltweiten industriellen VW-Ökosystems, das im Laufe der Zeit mehr als 30.000 Anlagen sowie 1500 Lieferanten und Partner in die globale Lieferkette des Automobilkonzerns integrieren wird. Gibt es andere Digitalisierungs-Cases unter Mitwirkung von AWS in dieser Größenordnung - und wenn ja, welche?
Didascalou: Ja, es gibt viele. Ich kann Ihnen ein paar Beispiele geben. Philips Healthcare, auch eine europäische Firma, hat vor einigen Jahren etwas angekündigt, was sich Digital-Health-Plattform nennt. Denken Sie an alle Bildverarbeitungs-Systeme, die Sie in Krankenhäusern finden, seien es Röntgengeräte, Computertomographen oder andere Systeme, die Bilder generieren. Bei Philips Healthcare stellte man sich die Frage: Warum fasst man alle diese Bilder nicht in einem Data Lake zusammen? Das ist dann die digitale Plattform. Insgesamt sind Daten aus mehr als 390 Millionen bildgebenden Untersuchungen, Krankenakten und Patientenaussagen in den Data Lake eingeflossen, alles in allem 15 Petabyte. Jeden Monat kommt ein Petabyte dazu. Und was wäre, wenn man all diese Bilder auswerten und verstehen könnte? Eine andere Branche, die sich in der digitalen Transformation befindet, ist die Finanzbranche. Die Regulierungsbehörde in den USA, FINRA, untersucht jede einzelne finanzielle Transaktion, die auf der Wall Street passiert. Sie können sich das als Billionen von Transaktionen vorstellen, die dort erfolgen. Auch das ist ein Use Case.
Oder sehen Sie sich den Consumer-Bereich an. Mehr als 80 Prozent der Unternehmen, die sich mit dem Thema Gaming befassen, sind auf Amazon Web Services aktiv. Wenn Sie eines der wichtigsten Spiele sehen, ist es wahrscheinlich, dass es für die AWS-Plattform entwickelt und dort herausgebracht wurde. Ähnliches für Video-on-Demand, also die „Netflixe“ und „Hulus“ dieser Welt. Oder sehen Sie sich die Öl- und Gasindustrie an. Denken Sie nur an die Digitalisierung der Ölförderung und der Energielogistik. Die Deutsche Bahn nutzt AWS unter anderem dazu, Daten ihrer Eisenbahnwaggons in die Cloud zu bringen. Die Cloud hat heutzutage Anwendungsmöglichkeiten in fast allen Branchen, nicht nur in der produzierenden Industrie. Ich würde sogar sagen, dass die produzierende Industrie eines jener Verticals ist, die im Vergleich zu anderen relativ spät zur Speicherung und Verarbeitung der Daten in der Cloud übergegangen sind.
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Transformation der Automobilproduktion
VW und AWS: Ein Automobil-Konzern geht in die Cloud
AWS CEO Andy Jassy sagte: “Wir sind eng mit den Geschäftseinheiten von Volkswagen verbunden, um dabei zu helfen, die Zukunft des Automobilbaus neu zu definieren.“ Wie soll das funktionieren?
Didascalou: Es gibt darauf im Prinzip eine sehr einfache Antwort. Allerdings steckt der Teufel im Detail. Die generelle Idee ist, was es für Vorteile für Volkswagen oder jeden anderen unserer Kunden hätte, wenn sie zu jedem Zeitpunkt den Zustand jeder Maschine sehen könnten? Von jeder Fabrik. Der Supply Chain. Den Kundenbestellungen. Es liegt auf der Hand, dass man dann viele Probleme im Unternehmen lösen könnte. Da sind wir nah an dem, was Volkswagen zu erreichen versucht. Alles zu wissen und auf der Basis diese Wissens Entscheidungen zu fällen und zu handeln ist aber alles andere als trivial. Wir haben bei AWS zahlreiche Services und Softwarewerkzeuge entwickelt, die unseren Kunden, in dem Fall Volkswagen, helfen, diese zwei fundamentalen Fragen zu beantworten? A: Wie ist der Zustand meiner Anlagen? Und B: Wie kann ich auf Basis dessen eine Entscheidung treffen? Und wenn Sie das Wissen und die Services, die wir anbieten, zum Beispiel AWS IoT, mit Software wie Amazon FreeRTOS, die auf alle Anlagen zugeschnitten ist, unsere Control Services wie AWS IoT Core oder Device Management, unsere Dataservices wie AWS IoT SiteWise, das die Daten der Anlagen in den Data Lake befördert, kombinieren und das mit dem Wissen verbinden, das Volkswagen in der Produktion der weltbesten Autos hat, dann wird Ihnen das gelingen. Wir geben Volkswagen sämtliche Werkzeuge an die Hand, um ihre Produktion zu verbessern. Das ist die Expertise die wir als AWS einbringen. Und diese Werkzeuge verbinden wir dann mit dem Produktions-Know-how von Volkswagen.
Welche Vorteile für Unternehmen wie VW hat die Digitalisierung der Fabriken?
Didascalou: Prinzipiell sind es immer die gleichen Dinge. Man versucht, dieselbe Sache entweder schneller, günstiger oder flexibler zu tun. Und idealerweise mit einer besseren Qualität. Wenn ich in meiner Fabrik Autos herstellen will, wäre es optimal, das in einem kürzeren Zeitraum zu machen. Jedes Prozent Produktionssteigerung ist bares Geld, ob Dollar oder in diesem Fall Euro. Und bei Volkswagen wären das typischerweise sehr viele davon. Man kann das Auto auch mit geringerem Energieeinsatz herstellen, mit weniger Abfall, flexibler als bisher. Ich bin kein Automobilexperte, aber es ist immer noch ein Problem, dass Sie bereits bei der Bestellung Ihres Autos die Farbe auswählen müssen. Was ist aber, wenn Sie nach der Bestellung Ihre Meinung ändern? Was ist der späteste Zeitpunkt, an dem Sie sich bezüglich der Farbe noch anders entscheiden können? Ich glaube, bei den meisten Autos sind das einige Monate vor der Lieferung. Aber warum ist das so? Wieso kann ich nicht ein paar Minuten, bevor die Produktion startet, noch sagen, dass ich eine Änderung möchte? Einfach, weil die Systeme nicht darauf eingestellt sind und die Supply Chain nicht darauf ausgelegt ist. Denken Sie an die Verbesserungen hinsichtlich Effizienz, Flexibilität und letztlich auch Qualität, die Sie erreichen können, wenn alles digitalisiert ist - in der Supply Chain, im Produktionsprozess, bei der Bestellung. Das ist das Versprechen und das ist die Idee, die Volkswagen aus dieser Initiative generieren möchte.
Oft stehen bei der Digitalisierung, so auch bei VW, die Erhöhung von Anlageneffizienz, also OEE, Betriebszeit und auch Flexibilität der Produktion im Vordergrund. Aber liegt das viel größere Potential der Digitalisierung nicht in der Schaffung neuer Wertschöpfungsmöglichkeiten, also neuer Produkte oder neuer Services?
Didascalou: Meines Erachtens geht es hier weniger um ein „entweder oder“, sondern vielmehr um ein „und“. Es ist immer einfacher, etwas zu optimieren, das man kennt. Eben weil es etwas ist, was man kennt. Es ist schwieriger, etwas zu erfinden, das man noch nicht kennt. Aber natürlich bezieht sich das Versprechen der Digitalisierung auf beides. Es gibt viele Produkte, die ohne Digitalisierung gar nicht möglich wären. Ich kann Ihnen ein paar Beispiele aus dem Consumer-Bereich geben. Wir haben als Kunden iRobot, einen Hersteller von Staubsaugrobotern für zu Hause. Die Idee ist, dass in der Wohnung oder im Haus automatisch Staub gesaugt wird. Das ist aber noch nicht alles. Das Besondere am iRobot ist, dass die Roboter voneinander lernen. Der Hersteller hat mittlerweile Millionen von Robotern verkauft. Diese lernen voneinander, weil sie verstehen, was in einem Haus funktioniert und in einem anderen nicht. Das verbessert die Reinigungsqualität jedes Roboters.
Oder denken Sie an verbundene Lautsprecher wie die von Sonos. Diese werden regelmäßig aktualisiert und optimieren so den Klang. Man hat bei Sonos einen neuen Algorithmus erfunden, der mit Hilfe eines bestimmten Tons erfassen kann, in welcher Umgebung der Lautsprecher eingesetzt wird. Der Algorithmus passt dann den Sound entsprechend an. Die Automobilproduktion ließe sich so flexibilisieren, dass der Kunde auch noch in der letzten Minute, quasi just in time, Details des von ihm bestellten Autos verändern kann. Ob mehr Anlageneffizienz oder mehr Flexibilität wichtiger sind als das neue Produkt oder die neue Dienstleistung, das durch die Digitalisierung ermöglicht wird, lässt sich so ohne weiteres nicht sagen. Es hängt vielmehr von der Art des Unternehmens ab.
In Unternehmen, die sehr anlagenintensiv sind, ist die Verbesserung sehr wichtig. Wir sprechen hier über Milliarden von Euro. Da würde ich nicht unbedingt sagen, dass neue Produkte und Services wertvoller sind. In anderen Bereichen hat die Digitalisierung durchaus disruptiven Charakter. So stehen in der Sharing Economy, bei Video-on-Demand und teilweise auch in der Automobilindustrie Produkte und Dienstleitungen im Vordergrund, die es ohne Digitalisierung gar nicht geben würde. Deshalb würde ich sagen: Beides ist von Bedeutung. Nicht entweder oder, nicht das eine mehr als das andere. Alles hängt letztlich von der Anwendung ab.
Geschwindigkeit ist ein wichtiges Merkmal bei digitalen Geschäftsmodellen. Viele Unternehmen versuchen, das im Alleingang zu machen. Wäre es nicht besser, Partner wie AWS ins Boot zu holen, um keine Zeit mit langen konzeptionellen Phasen zu verschwenden?
Didascalou: Darauf gibt es eine einfache Antwort: Ja! Wenn Sie kein IT-Experte sind, müssen Sie lernen, digitale Business Cases zu entwickeln und zu implementieren. Allerdings gibt es Unternehmen wie AWS oder andere Cloud Provider, deren Kerngeschäft genau das ist. Wenn Sie von A nach B fahren wollen, dann kaufen Sie sich ja auch ein Auto bei einem Automobilhersteller, anstatt es selber zu bauen.
Verändern sich durch die Digitalisierung auch die Arbeitsmethoden in den Unternehmen?
Didascalou: KKomplett. Ich werde oft gefragt, was die größte Hürde für die Digitalisierung ist. Ich sage dann immer, dass die meisten technologischen Herausforderungen in diesem Zusammenhang bereits gelöst worden sind. Das wirkliche Problem ist nicht mehr die Technologie, vielmehr sind es die kulturellen und prozessualen Veränderungen, die aus der technologischen Veränderung resultieren. Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele. In der Vergangenheit hat man unterschieden zwischen OT, Operational Technology, oder IT, Information Technology, und dem Produkt, der Finanzierung. Sie waren alle in ihren Silos und hatten ihre Aufgaben. Heutzutage kann man im Bereich Operational Technology arbeiten und eine eigene IT haben. Jeder Projektmanager kann sich heute auch mit Fragen der Finanzierung auseinandersetzen. Diese Dinge sind eng miteinander verbunden.
Der Grund, wieso ich Finanzierung erwähne, ist folgender. In der Vergangenheit hat man budgetiert, dass man X Millionen Euro ausgeben kann. Wenn Sie in die moderne, cloudbasierte Infrastruktur gehen, on demand, dann zahlen Sie nur für das, was Sie nutzen. Sie sagen nicht vorher, was Sie nutzen werden, was natürlich nicht dem etablierten Prozess der Budgetierung entspricht. Das ist am Anfang sehr befremdlich, weil man einerseits in interdisziplinären Teams zusammenarbeitet, und andererseits kein Experte mehr sein muss. Man muss kein IT-Experte sein, um die beste und neueste Technologie in der IT zu nutzen, da man diese mehr oder weniger on demand von AWS bekommt. Man muss kein Experte in maschinellem Lernen sein, weil wir Services anbieten, die erlauben, sehr komplizierte Analysen durchzuführen, die vorher unmöglich waren. Und mehr noch, man braucht keine hohen CapEx-Investments mehr, weil auch ein Ein-Mann-Start-up Zugang zu den gleichen Werkzeugen haben kann wie ein DAX30- oder Fortune500-Unternehmen. Das heißt, kulturell verändert sich viel mehr als technologisch.
Also benötigt man für die Digitalisierung im Endeffekt ein neues Mindset in der Belegschaft...
Didascalou: Ganz sicher!
Wie kann man das zum Erfolg führen?
Didascalou: Dadurch, dass diese Veränderung den Mitarbeiter befähigt. Als Mitarbeiter, der ein Produkt entwickelt, waren Sie bisher oft abhängig von anderen Funktionen im Unternehmen und wurden dadurch manchmal ganz schön ausgebremst. Denn was konnte man tun, wenn die IT nicht funktionierte? Oder wenn man das Budget nicht bekam. Dann stand man schnell auf dem sprichwörtlichen Schlauch. Mit den Cloud-Services und der Digitalisierungsstrategie, die wir anbieten, ist jeder Produktingenieur sein eigener Meister. Man hat sofortigen Zugang zu Werkzeugen, die dem Produktentwickler vorher oft vorenthalten wurden, weil sie die Budgetautorität oder die technische Expertise nicht hatten. Im Zeitalter der Cloud und Digitalisierung ist das Experimentieren für alle im Unternehmen viel einfacher geworden. In dem Moment, indem man die Möglichkeiten annimmt, kann man einen höheren Mehrwert liefern. Andererseits kann das natürlich auch ein wenig beängstigend sein. Ich habe zwar all die Möglichkeiten und Fähigkeiten, aber möchte ich sie wirklich nutzen? Ich denke, es ist eher die Frage, ob man bereit ist, ins kalte Wasser zu springen und zu experimentieren oder eben nicht. Grundsätzlich aber ist die Digitalisierung befreiend, weil sie allen technikaffinen Menschen im Unternehmen Werkzeuge an die Hand gibt, die man vorher nicht nutzen konnte. So sehe ich das. Wenn wir die Digitalisierung annehmen, ist sie, so denke ich, eine Befähigung.
Deutschland ist die Wiege des Mittelstands. Und mittelständische Unternehmen sind Experten in ihrer Nische. Um spezifische Aufgaben zu lösen, nutzen sie oft sehr spezifische IT-Software - und das auch on premises. Was wiederum die Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie behindert. Führt deswegen der Weg zur Digitalisierung nicht zwangsläufig in die Cloud?
Didascalou: Natürlich. Mittelständische Unternehmen können sich wegen eines begrenzten Budgets nicht dasselbe Level an Ausgaben und Zeit leisten wie große Unternehmen. Noch eingeschränkter sind häufig Start-ups. Was ist, wenn Sie nur ein Zweimann-Unternehmen sind oder ein Ein-Mann-Unternehmen mit einer tollen Idee? Die Cloud befähigt Start-ups und den Mittelstand - und natürlich auch die großen Unternehmen - zum exakt gleichen Zeitpunkt exakt über die gleichen Werkzeuge zu verfügen. Sie haben eine tolle Idee und Sie brauchen dafür mehr oder weniger die gesamte Kapazität einer der leistungsstärksten Recheninstanzen der Welt. In der Vergangenheit hätten Sie keine Chance gehabt. Sie hätten es bauen oder kaufen müssen. Und wenn Sie das Geld dafür nicht hatten, konnten Sie das nicht tun und ihre Idee nicht umsetzen. Heute ist das anders. Sie können in die Cloud gehen, die Ressourcen in unseren Regionen nutzen und Sie können alles ausprobieren. Läuft ihr Business Case nicht, können Sie die Services einfach kündigen, ohne dass damit Kosten verbunden wären.
Egal ob man ein mittelständisches Unternehmen ist, wie Sie gesagt haben, oder ein Start-up: Die Cloud ist der einzige Weg für Mittelständler, Start-ups oder Ein-Mann-Unternehmen, dieselben Vorteile zu haben wie große Unternehmen. Es gibt etwas, was wir die Demokratisierung der IT nennen. Man könnte argumentieren, dass es keine finanziellen Hürden mehr gibt, um Ihr Business umzusetzen. Auch kann Sie Ihre Konkurrenz nicht mehr überflügeln, nur weil Sie zu wenige Ressourcen haben. Die Cloud erlaubt selbst Unternehmen mit geringen finanziellen Ressourcen auf dieselbe Art zu experimentieren wie das große, finanzstarke Unternehmen können. Das ist sehr befreiend – für einzelne Personen in den Unternehmen wie für die Unternehmen selbst. Also: Ja. Die Digitalisierung führt zwangsläufig in die Cloud.
Benötigt man beim Wechsel in die Cloud eigentlich mehr oder gar anderes IT-Personal?
Didascalou: Nein, man braucht kein anderes Personal. IT-Mitarbeiter sind sehr anpassungsfähig. Die typischen Kunden der Cloud sind Softwareentwickler. Und ITler sind oft Softwareentwickler. Also braucht man keine "anderen" Mitarbeiter. Man braucht nur "IT-Menschen", die dabei helfen zu verstehen, wie es funktioniert. Aber man muss nicht unbedingt besonders viele davon haben. Auch ein Produktmanager, der ein wenig technikaffin ist, kann damit arbeiten. Sehen wir uns als Beispiel den Sprachassistenten Alexa bzw. Echo an. Jeder kann neue Skills hinzufügen – das allein zeigt, wie viel einfacher alles geworden ist. Mittlerweile gibt es Zehntausende Skills im Alexa Skills Store zu entdecken, z.B. von der Deutschen Bahn oder dem ZDF. Mit dem Alexa Skills Kit - einer Sammlung von Self-Service APIs, Tools, Dokumentationen und Codebeispielen - kann man schnell und einfach Alexa Skills entwickeln und Nutzern zur Verfügung stellen, ohne IT-Experte zu sein. Mehr zum Alexa Skills Kit findet man auf der Amazon Website.
Um auf die Frage zurückzukommen: Nein, man braucht weder mehr noch spezialisiertes IT-Personal. Das gleiche IT-Personal kann das stemmen. Aber es funktioniert genauso, wenn man kein IT-Experte ist.
Und wie gestaltet AWS das Funktionsspektrum von Cloud bis Edge? Welche Tools bietet AWS hier an?
Didascalou: Wir haben eine Vielfalt an verschiedenen Services. Typischerweise bietet AWS Services in mehreren Kategorien an. Wir haben mit einfachen Infrastrukturservices angefangen: Rechnerkapazität, Datensicherung, Datenbanken, Networking und Sicherheit. Dann haben wir begonnen, zusätzlich Services höherer Level aufzubauen: spezielle Datenbanken wie SQL-Datenbanken und NoSQL-Datenbanken, Visualisierungstools, mobile Applikationen, Internet-of-Things-Lösungen, Machine Learning (ML), Künstliche Intelligenz (KI) und Operation-Tools. Das ist es, was wir typischerweise auf Seiten der Cloud machen.
Im Hinblick auf Edge haben wir spezialisierte Software, die Sie implementieren können. Zum Beispiel im IoT-Bereich nennen wir sie unsere Device Data Services und Device Data Software. Wir haben eine Software namens „Amazon FreeRTOS", das weltweit führende Echtzeit-Betriebssystem. Wenn Sie ein sehr günstiges, kleines Gerät entwickeln wollen, einen Sensor oder eine Kontrolleinheit eines Motors, dann brauchen Sie dafür ein Betriebssystem für Mikrocontroller. Dafür bieten wir FreeRTOS als kostenlose Open-Source-Anwendung. Wenn Sie leistungsstarke Geräte haben, z.B. ein Gateway Gerät in einer Fabrik, zuhause oder im Auto, dann hat das eine, wie wir es nennen, CPU-Unit. Wir bieten dafür eine Softwarelösung an, die wir AWS IoT Greengrass nennen. Das ist eine Runtime-Software, die Ihnen lokal die Basisfunktionen für die IoT Cloud gibt - egal ob Sie verbunden sind oder nicht. Für komplexere Edge-Applikationen gibt es die sogenannten AWS Outposts, die ein Hybrid-Cloud-Szenario ermöglichen. Outposts können beispielsweise zur Unterstützung von Workloads verwendet werden, die aufgrund geringer Latenzzeiten oder lokaler Datenverarbeitungsanforderungen vor Ort verbleiben müssen. Dabei muss man eine Anwendung nur einmal entwickeln und kann diese dann in der AWS Cloud und vor Ort bereitstellen. Outposts bringen Rechenkraft, oder bei uns EC2, direkt in die Produktionsstätte. Das ist auch etwas, was Volkswagen in der Plattform, die wir mit ihnen aufgebaut haben, nutzen wird, weil Latenzzeiten erfasst werden. Darüber hinaus bieten wir AWS Storage Gateway an, welches es ermöglicht, lokalen Speicher genauso zu nutzen wie die Cloud.
Wir stellen unseren Kunden zudem Appliances zur Verfügung: AWS Snowball Edge ist ein Edge-Device mit 100 Terabyte Kapazität. Es ist einerseits extrem robust. Sie könnten es aus einem Fenster im dritten Stock werfen und es würde überleben. Andererseits verschlüsselt es auch die Daten. Die Idee dahinter ist es, eine große Menge an lokal gespeicherten Daten von der Edge in die Cloud zu bringen. Wenn man hunderte Terabytes an Daten in die Cloud hochlädt, dauert das Wochen oder sogar Monate. So kann man die Datenübertragung auf Rotationsbasis erledigen. Unser CEO sagt gerne: „Wir haben eine Vielzahl an Services und Werkzeugen. Wir glauben immer daran, dass das beste Werkzeug für den besten Job verwendet werden muss.“ Ob kleines Edge-Device, Echtzeit-Betriebssysteme, Runtime-Umgebungen, Snowball Edge, Outposts oder die Integration mit der Cloud - das Wichtigste dabei ist: Alle Tools benutzen dieselben Programmierparadigmen, sodass man die Applikation starten und sie in der Cloud testen kann und sie dann in der Cloud, mit Outposts oder auf dem Edge mittels Greengrass verwenden kann, ohne differenzieren zu müssen, wo diese verwendet wird und wie sie genau funktioniert. Die Synchronisation der Ausführung wird von unseren Services übernommen.
Thema Sicherheit: Wie sicher ist die Cloud? Beziehungsweise, wie können IoT-Lösungen abgesichert werden?
Didascalou: Die Cloud ist so sicher, wie es nur geht. Man muss sich die Frage stellen, ob ein lokaler Speicher überhaupt sicherer sein kann, als die Cloud? Ich denke nicht. Um die Cloud abzusichern, muss man zwei Dinge tun. Man braucht physikalische Sicherheit und man braucht logische Sicherheit. Und natürlich investieren wir viel Mühe, um physikalische Sicherheit in unseren Datenzentren zu erreichen, genauso wie logische Sicherheit. Sicherheit gehört zum Kerngeschäft von AWS. Wir haben ein Weltklasseteam an Sicherheitsexperten, die 24/7 darüber wachen, was passiert. Wir haben darüber hinaus viele Tools entwickelt, die unseren Kunden helfen, das alles zu verstehen. Wir haben ein so genanntes zudem über ein Shared Responsibility Modell entwickelt. Wir garantieren höchste Sicherheit für unsere Dateninfrastruktur, unsere Regionen und die Datenzentren. Die Tools, die wir unseren Kunden bieten, helfen ihnen bei ihren Best Practices. Sie haben hingegen die Verantwortung, sicherzustellen, dass sie unsere Services verantwortungsbewusst nutzen. Bei sensiblen Daten halten wir unsere Kunden immer dazu an, diese zu verschlüsseln. Auch dafür haben wir Tools.
Einige der größten Banken haben alle ihre Systeme auf AWS, dazu kommen Applikationen, die relevant für die nationale Sicherheit in verschiedenen Ländern sind. Wenn solche Systeme in der Cloud sicher sind, sind sehr wahrscheinlich auch alle anderen Systeme sicher.
Kommen wir zur letzten Frage. Was muss bei IoT Lösungen in Sachen Ausbau - sprich Skalierung - beachtet werden?
Didascalou: Ich mag diese Frage. Sie haben den wichtigsten Begriff bereits erwähnt: Skalierung. Wir haben Kunden, die mit wenigen tausend Geräten starteten und diese auf zehntausende, hunderttausende, oder gar Millionen erweiterten. Wie aber kann ich diese anschließen und sicher handhaben? Wie kann ich sie programmieren und entsprechend aktualisieren? Das im großen Stil umzusetzen ist tatsächlich sehr, sehr schwer. Um das realisieren zu können, bauen wir all unsere IoT-Systeme und Services auf eine Art und Weise, die wir serverless, also serverlos, nennen. Lassen Sie mich das erklären. Früher bedeutete Cloud nichts anderes, als dass wir Hardware für Sie gekauft haben und Sie diese Hardware leasen konnten. Egal, ob Sie einen Computer im Keller hatten oder Rechenleistung von Amazon Web Services nutzten. Letztendlich verfügten Sie stets über dieselbe "Menge" an Hardware.
Wir haben Ihnen eine virtuelle Maschine zur Verfügung gestellt, auf der ein Betriebssystem installiert und Anwendungen ausgeführt wurden. Das war der Anfang. Das bedeutet aber, wenn Sie mehr Rechenkraft brauchen, müssen Sie mehr virtuelle Maschinen bestellen und das parallel machen. Um das skalieren zu können, wurde die Container-Technologie erfunden, die Ihren Code enthält. Diese Container laufen auf den Maschinen und werden von einem Container-Managementservice verwaltet. Sie müssen dann aber immer noch wissen, wie viele dieser Instanzen Sie benötigen. Wenn Sie jedoch komplett auf eine serverlose Architektur umschwenken - es klingt ein bisschen widersprüchlich, weil es immer noch auf Servern läuft - ist für Sie als Kunde die Ressourcenfrage kein Thema mehr. Im IoT-Umfeld bedeutet das für Sie: Ob Sie ein Gerät mit der AWS Cloud verbinden oder viele Millionen: Sie brauchen vorher nicht mehr zu wissen, wie viele Ressourcen Sie reservieren müssen bzw. wie viel Rechenleistung reserviert werden muss. Bei uns läuft das automatisch.
Eine serverlose Architektur bedeutet also, dass Sie sich als Kunde keine Gedanken mehr über die Skalierung machen müssen. Sie zahlen nur für das, was Sie nutzen. Wenn Sie etwas nicht nutzen, müssen Sie es auch nicht bezahlen. Das ist denke ich der wichtigste Aspekt, wenn man über große, skalierte IoT-Anwendungen spricht. Hier sehen Sie auch den größten Unterschied zwischen den IoT-Providern. Bietet ein Provider nicht die automatische Skalierung mit der serverlosen Lösung an, so bleibt die Lösung der Skalierungsfrage und damit eines der schwierigsten Probleme des Cloud Computing dem Kunden überlassen.
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