3D-Druck-Kolumne // November Der Kampf der 3D-Druck Giganten und was sich jetzt ändert

Von Johannes Lutz Lesedauer: 4 min |

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Der AM-Markt ist in Bewegung. So manche Nachricht schlägt dabei durchaus hohe Wellen. Unser Kolumnist Johannes Lutz ordnet die aktuellen Geschehnisse ein und wagt einen Ausblick.

Die Welt der additiven Fertigung dreht sich schnell dieser Tage. Was bedeutet das perspektivisch?
Die Welt der additiven Fertigung dreht sich schnell dieser Tage. Was bedeutet das perspektivisch?
(Bild: 3D Industrie GmbH)

In der industriellen 3D-Druck-Branche stimmten die Stratasys-Aktionäre gegen die Fusion mit Desktop Metal, Voxeljet prüft strategische Optionen inklusive Verkauf. Nano Dimension wollte Stratasys kaufen, wie auch 3D Systems, die seit Wochen das Kaufangebot dafür verlängern. Dann kommt Bambu Lab und nimmt sich den 3D-Druck Konsumentenmarkt vor.
Was passiert gerade und wie kann man die aktuellen Ereignisse einschätzen?

Aktuellen Veröffentlichungen zu Folge geht es rund in der additiven Fertigung und der 3D Druck-Branche. Egal ob im industriellen Bereich oder bei den Desktop-Consumer-Geräten: Große 3D-Druck-Hersteller merken den Kostendruck. Daher schauen die Unternehmen aktuell auch wieder verstärkt darauf, wie sie in Zukunft besser zusammenarbeiten können, um sich strategisch und machtvoller aufzustellen.

Es ist Restrukturierungsphase, sozusagen ein Aufräumen am Markt. Das spiegelt sich natürlich auch in den Aktienkursen der börsennotierten Unternehmen wider: Täglich sehen wir hier ein großes Auf und Ab von fünf bis zehn Prozent – jedoch nur in eine Richtung, nämlich seitwärts. Die Verunsicherung der kaufwilligen Aktionäre ist groß und lässt aktuell eher Spekulationen als fundierte Entscheidungen zu.

Dabei sind die letzten Quartalszahlen vieler Hersteller gut. Es fällt nur eines auf: Obwohl weniger Drucker verkauft wurden, ist der Umsatz gestiegen. Das dürfte angesichts der globalen Unsicherheiten und der aktuellen Wirtschaftslage allem voran an den Preiserhöhungen liegen.

Worüber die Branche nur hinter vorgehaltener Hand spricht

Große und kleine 3D-Druck Reseller klagen über vertagte Investitionen. Auch erleben sie eine Verunsicherung darüber, ob man vor der Formnext noch einen Drucker kaufen soll oder ob der Zusammenschluss großer Hersteller später für noch mehr Durcheinander sorgen wird. Bei Problemen mit dem Drucker könnte man dann allein gelassen werden, da das Gerät kurzerhand abgekündigt wurde, so eine Sorge.

Lässt der Maschinenverkauf nach, wollen einige Reseller natürlich auch über Sonderaktionen weitere Geräte auf den Markt bekommen. Oder sie wollen sich die Marge über professionelle Schulungen zu den Geräten holen, die bisher keiner haben wollte. Es gibt auch den Trend, die Service- und Wartungsverträge und deren Gebühren so unflexibel und teuer zu gestalten, dass viele vom Kauf zurücktreten oder einfach deutlich weniger drucken, da die Kosten pro Bauteil einfach zu hoch sind.

Bislang kannte die additive Fertigungsbranche vor allem einen Weg: Nach oben. Alle wollten die Ersten, die Besten, die Größten oder die Innovativsten sein. Nun scheint es, als würden die Akteure so langsam bemerken, dass es für den Geschäftserfolg auch wichtig ist, Geld zu verdienen und es nicht immer nur auszugeben. Denn nur ein zufriedener Kunde arbeitet gerne mit seinem Drucker. Und nur ein begeisterter Anwender kauft auch einen zweiten und dritten Drucker.

Was bringt die Restrukturierung Positives mit sich?

Es gibt zu viele gleiche Technologien auf dem Markt, die sich von Hersteller zu Hersteller nur minimal unterscheiden. Dort werden natürlich gleiche Verfahren zusammengelegt.

Die Öffnung der Maschinen für Fremdmaterialien aus dem Markt wird immer weiter zunehmen und sehr intelligente Ingenieurinnen und Ingenieure der Hersteller arbeiten zusammen an Lösungen für Nachhaltigkeit, Prozesssicherheit und einfachere Bedienung. Ihr Ziel ist es, die Systeme noch besser zu machen, anstatt jetzt wieder das nächste Shiny Objekt zu präsentieren, das dann aber erst in zwei Jahren verfügbar ist – mit der Hoffnung, es funktioniert dann auch wie versprochen.

Was sich definitiv ändern muss

An ihrer jetzigen Situation ist die AM-Branche jedoch auch vollkommen selbst schuld. Denn all die Versprechungen und Erwartungen, die durch das Marketing propagiert wurden, rächen sich aktuell. Sind die Anwender der Anlagen früher noch auf Innovation, Prototyping, Ausprobieren und Tüfteln aus gewesen, geht es jetzt immer mehr um Plug and Play und um Serienfertigung mit Prozesssicherheit und Produktivität. Denn die Unternehmen wollen mit AM schließlich auch Geld verdienen. Doch die Branche hat verlernt, mit 3D-Druck Geld zu verdienen, da man zu sehr auf Hypes fokussiert war.

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Wirklich etwas bringen würde es, die Anwender mit dem eigenen 3D-Drucker zum Erfolg zu führen. Das bedeutet auch, Anwendungen zu finden und umzusetzen, die wirklich Geld bringen und Zeit sparen. Knackpunkt ist hier oft nicht die Technik. Vielmehr muss es darum gehen, den Anwender dazu zu bewegen, den Drucker viel öfter zu nutzen, anstatt nur eine Dose Resin oder eine Rolle Filament in sechs Monaten zu verarbeiten.
Ein gutes Beispiel ist hier Bambu Lab, ein chinesischer Hersteller für Consumer 3D-Drucker. Er konnte mittlerweile auch eine Vielzahl an Unternehmenskunden gewinnen, da der Drucker ohne große Vorkenntnisse ein Erfolgserlebnis gewährleistet, anstatt sich mit Parametern, verstopften Düsen oder Problemen beschäftigen zu müssen, die keiner versteht.

Würden die Anwender einfach mehr drucken und sehen, welchen großen Impact das Werkzeug 3D Druck in der Fertigung, Montage und weiteren Abteilungen haben kann, müsste man sich über den Verkauf der Anlagen sowie über Wartungsverträge und Schulungen keine Sorgen mehr machen.
Doch wenn jemand, zum Beispiel aufgrund einer fehlenden Vorrichtung, vor einer Herausforderung bei der Montage einer Baugruppe steht und zusätzlich noch wegen einer komplexen Fertigungstechnologie emotionellen Stress spürt, wird er oder sie immer zur Fräsmaschine anstelle des 3D-Druckers greifen.

Egal was dort draußen in der Welt der additiven Fertigung passiert, welche Materialien und Technologien in Zukunft brillieren, eines wurde die letzten Jahre mehr denn je vergessen: nämlich der User und Anwender, der bei jedem Druckjob ein Erfolgserlebnis benötigt und somit im eigenen Unternehmen für weniger Ablehnung und mehr Akzeptanz beim 3D-Druck sorgt.

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