Channel Fokus: IoT, Smart Manufacturing Der disruptive IoT-Ansatz in der Smart Factory

Redakteur: Dr. Stefan Riedl

Das Internet of Things kann Joseph Schumpeter, der als größter Ökonom des vergangenen Jahrhunderts gehandelt wird, noch nicht gekannt haben. Die „schöpferische Zerstörung“ (Disruption) durch Neukombination von Produktionsfaktoren hinter IoT hat er aber exakt beschrieben.

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Das disruptive Potenzial des Internet of Things (IoT) ist enorm.
Das disruptive Potenzial des Internet of Things (IoT) ist enorm.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay )

Das Aufkommen des Internet of Things mischt fast jede Branche auf. Die neu gewonnenen Daten daraus dienen entweder als Kern einer neuen Geschäftsidee oder ergänzen ein bereits bestehendes Konzept. In Kombination mit anderen ­Datenquellen eröffnen IoT-Daten große Chancen für Unternehmen. Diese nutzbar zu machen, ist der Job von Igor Ilunin, Leiter der IoT-Abteilung beim Technologie­berater DataArt. Und das geht so: Daten-Analyse hilft Unternehmen dabei, Kunden besser zu verstehen und dadurch besseren Service oder neue Premium-Features anzubieten. Ilunin berichtet aus dem Tagesgeschäft: „Prädiktive Analyse kann zum Beispiel dabei helfen, Energie- oder Gasverbrauch anhand historischer und prognostizierter Wetterdaten sowie anhand des Lebensstils der Hausbewohner besser vorherzusagen. Solche Vorhersagen können dem gesamten Energieökosystem nützen, von den Verbrauchern über Versorgungsunternehmen hin zum Energielieferanten. Echtzeit-Datenanalyse und vorausschauende Wartung, beispielsweise in der Fertigung, verbessert die Reaktionszeit erheblich: Probleme werden wesentlich schneller behoben und Ausfallzeiten reduziert bis verhindert.“

Praktische Bedeutung

„Smart Factory“ ist neben „Industrie 4.0“ eines jener Schlagwörter, die industrielle Herangehensweisen beschreiben, die sich Predictive-Analytics-Möglichkeiten zunutze machen. Was das in der Praxis bringt? „Ganz einfach, um Zeit, Mühe und Geld zu sparen. Predictive Analytics ermöglicht es, den Bedarf an Ersatzteilen und Arbeitskräften zu decken, Anlagen im Voraus zu warten und Prozesse reibungslos ablaufen zu lassen“, so der IoT-Berater.

Predictive Analytics eignet sich für fast ­jede Branche. Der erste Schritt besteht immer darin, zu verstehen, welche Daten überwacht werden sollen. „Die Entwicklung ­eines robusten und effizienten Tool-Sets ist eine Herausforderung für fast alle Unternehmen der Branche 4.0“, so Ilunin und nennt als Beispiele:

  • Energieverbrauchsprognose für Heizgeräte basierend auf maschinellem Lernen, historischen Daten, Wettervorhersagen und anderen Datenquellen
  • Elektromechanische Ersatzteilüber­wachung (wie Motoren oder Lüfter), denn Geräteausfälle verursachen vermeidbare Kosten
  • Überwachung von Industrie-Anlagen zur Einhaltung von Belastungsgrenzen
  • Fahrzeugdatenanalyse zur Verschleiß-Erkennung bei Autoteilen und zur Vorhersage des Wartungszeitplans.

Woran häufig nicht gedacht wird

Fast jedes IoT-Projekt ist einzigartig, sagt Ilunin, und erfordert eine gründliche Analyse. Sicherheit sei stets die Herausforderung Nummer eins. „Das System muss per Design mit rollenbasiertem Zugriff, Token, kryptographischen Protokollen und anderen Mitteln zum Schutz sensibler Daten ­gesichert sein“, legt der Berater dar. Inhomogene Gerätenetzwerke würden dabei besondere Aufmerksamkeit erfordern, da sie eine Reihe von Protokollen, technischen Stacks oder Gateways kombinieren können. „Die richtige Abstimmung der Geräte kann für den Erfolg des gesamten Projekts entscheidend sein. Wenige Architekten denken in der Anfangsphase von IoT-Projekten an eine Kostenoptimierung“, berichtet Ilunin. Es sei zudem wichtig, im Vorfeld zu verstehen, wie viele Nachrichten pro ­Sekunde übertragen werden, wie groß die Nachrichten sein werden und welche Kosten für die Übertragung und Verarbeitung von Daten anfallen.

Igor Ilunin, IoT-Leiter, DataArt
Igor Ilunin, IoT-Leiter, DataArt
(Bild: DataArt)

„Lösungsarchitekten sollten sich auch mit Fragen der Lastverteilung und der Skalierbarkeit befassen“, sagt der IoT-Profi, denn das System dürfe keinesfalls an seine Grenzen stoßen. „Und vor allem sollten alle gesammelten Daten schnell genug verarbeitet und analysiert werden, um wertvolle Geschäftsinforma­tionen zu erhalten.“ Andernfalls verliere die Datensammlung ihre Bedeutung.

Von M2M zu IoT

M2M-Kommunikation (Machine to Machine) kam als Vorgänger von IoT, im letzten Jahrhundert in der Industrie zum Einsatz, blickt der Berater zurück. „Sie half, branchenspezifische Protokolle und Kommunikationsstandards zur Datenerfassung zu entwickeln.“ IoT deckt eine größere Bandbreite ab als M2M, was laut Ilunin dazu führte, dass verschiedene Protokolle und Standards oftmals nicht miteinander kompatibel sind. Der grundlegende Unterschied bestehe in Protokollen und Kommunikationsebenen zum Sammeln von Daten; die Datenanalyse hingegen lasse sich mit denselben Tools, Plattformen und Frameworks durchführen.

Disruptive Echtzeit-Anwendungen

Wobei besonders die Echtzeit-Analyse in diesem Umfeld disruptiv (in Sinne Schumpeters) alte Zöpfe abschneidet. „Diese Verschiebung führte zu neuen Entwicklungen in den Bereichen Infrastruktur, Technologien und Softwarearchitekturen, die große Mengen von Zeitreihendaten verarbeiten, speichern und analysieren können. IoT-Plattformen sind so konzipiert, dass sie flexibel und von Anfang an skalierbar sind, um die steigenden Datenmengen und damit die wachsenden Anforderungen bei der Datenanalyse automatisch bewältigen zu können“, so der Daten-Experte.

Blick in die Zukunft

Was erwartet uns in der Zukunft, in Sachen IoT in der Industrie? Die Geräte werden ­immer leistungsfähiger, weiß Ilunin. „Edge Computing ermöglicht die lokale Datenverarbeitung und die Nutzung von KI ­ohne Cloud-Backend. Das bedeutet, dass die ­Automatisierung der Fertigungsprozesse noch effizienter wird.“ Der Digital Twin sei ein weiteres Beispiel dafür, wie Fertigungsdesign und -simulation beschleunigt und effektiver gestaltet werden können. Jene ­digitalen Zwillinge sind digitale Repräsentanzen von Objekten aus der realen Welt, die in Simulationen die Eigenschaften und das Verhalten unter sich ändernden Bedingungen beschreiben. „Generell setzt der Digitalisierungsprozess große disruptive Kräfte frei“, so der Technologie-Berater von DataArts.

Der Einfluss der technologischen Entwicklung im Hinblick auf IoT und die Folgeerscheinungen auf die Gesellschaft ist nicht klar vorhersagbar, „wie uns die Geschichte lehrt“, sagt der IoT-Profi. „Es werden aber mit Sicherheit mehr qualifizierte Ingenieure benötigt, die am Herstellungsprozess beteiligt sind.“ Mitarbeiter müssen sowohl im Umgang mit den Geräten als auch im Verständnis der IT erfahren sein. Mehr Mitarbeiter werden sich dadurch auf wertschöpfende Aktivitäten konzentrieren können. Die Optimierung von Herstellungsprozessen und die Beseitigung harter körperlicher Belastungen wird die Industrie definitiv sicherer machen, so der IoT-Techie optimistisch.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf unserem Partnerportal IT-Business erschienen.

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