Netzwerke Das Henne-Ei-Problem mit Time-Sensitive Networking

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Time-Sensitive Networking gilt als die nächste Evolutionsstufe des Ethernets. Doch was ist der Wert eines TSN-Netzwerks ohne die passenden Endgeräte? Dieser Frage geht der Autor nach.

Time-Sensitive 
Networking: Für Steuerungssysteme im industriellen Umfeld ist die sichere Kommunikation in Echtzeit unabdingbar.
Time-Sensitive 
Networking: Für Steuerungssysteme im industriellen Umfeld ist die sichere Kommunikation in Echtzeit unabdingbar.
(Bild: ©get4net - stock.adobe.com)

Oft ist die Einführung eines neuen Protokolls oder einer neuen Funktion im Netzwerk mit einer Henne-Ei-Situation vergleichbar. Welchen Wert haben neue Funktionen, wenn nicht alle Teilnehmer im Netzwerk diese beherrschen? Oftmals entsteht ein Mehrwert nur dadurch, dass das Zusammenspiel zwischen Netzwerkgeräten und den Endgeräten tadellos funktioniert.

Daraus entsteht das Henne-Ei Problem: Wer bietet die Funktion zuerst an: Endgerätehersteller oder Netzwerkgerätehersteller? Und das unter der Voraussetzung, dass der Hersteller, der als Erstes in den Markt geht, möglicherweise nicht unmittelbar ein Mehrwert für den Kunden aufzeigen kann?

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Mit Time-Sensitive Networking (TSN) ist dies auf den ersten Blick nicht anders. TSN ist nicht eine einzelne Technologie, sondern ein Zusammenschluss aus vielen Teilstandards, die im Rahmen der IEEE 802 Standardisierung erarbeitet werden. Hierbei entfaltet TSN als System seine maximale Wirksamkeit genau dann, wenn sowohl die Endgeräte als auch die Ethernet Switche die TSN-Funktionen unterstützen.

Obwohl TSN die nächste Evolutionsstufe des vollständig herstellerneutralen Ethernets darstellt und sich damit schnell in standardisierte Chips für Endgeräteanschaltungen und Netzwerkswitches ausbreitet, wird es eine Übergangsphase geben, in denen Geräte mit Anforderungen in der Echtzeitkommunikation auf TSN umgestellt werden.

Und natürlich wird es auch weiterhin Geräte geben, in die kein TSN integrieren werden wird, da die an sie gestellten Anforderungen dies nicht erfordern. Daraus folgt, dass dauerhaft nicht alle Geräte, die in einem TSN-Netzwerk kommunizieren werden, auch selbst TSN-Funktionen beherrschen.

Welchen Mehrwert bietet ein Automatisierungsnetzwerk, wenn in den Endgeräten TSN-Funktionen nur teilweise oder vielleicht sogar überhaupt nicht unterstützt werden und welche TSN Funktionen sind nötig, um TSN nutzbringend anwenden zu können?

Die Basisfunktionen eines TSN-Netzwerks

Die TSN Funktionen lassen sich im Kern in drei Kategorien einteilen:

  • 1. Mechanismen zur Ablaufkontrolle (engl. Scheduling) sorgen dafür, dass Datenübertragungen im Netzwerk nicht mehr in jedem Endgerät und Switch individuell und rein nach Bedarf erfolgen. TSN Scheduling sorgt dafür, dass die Kommunikation nach einem Ablaufplan durchgeführt wird, an den sich alle Geräte im Netzwerk halten. Anhand dieses Plans erfolgt die Kommunikation im gesamten Netzwerk streng konzertiert. So kann gewährleistet werden, dass die einzelnen Kommunikationsströme mit unterschiedlichen Prioritäten sich gegenseitig nicht negativ beeinflussen, beispielsweise durch zusätzliche Übertragungsverzögerungen in den Warteschlangen der Ethernet Switches. Der wichtigste Mechanismus, um dies zu gewährleisten, ist der Time-Aware Scheduler gemäß Standard IEEE 802.1Qbv-2016, der mit einem Zeitschlitzverfahren arbeitet. Über die Ethernet Prioritäten können unterschiedlichen Kommunikationsströmen unterschiedliche Zeitschlitze zugeordnet werden. Die Ablaufkontrolle nach IEEE 802.1Qbv-2016 kann für jeden Zeitschlitz getrennt die Übertragung von Frames bestimmter Priorität sperren oder erlauben.
  • 2. Mechanismen zur Bandbreitenreservierung sowie Protokolle zur Konfiguration und Verkehrssteuerung ermöglichen den TSN-Geräten die Kommunikation und Abstimmung untereinander und mit zentralen Netzwerkkonfigurationsrechnern. So können die für eine fehlerfreie Ablaufkontrolle notwendigen Konfigurationsdaten auf alle Geräte ausgebracht werden. Weiterhin können Überlastszenarien, beispielsweise der Abruf von zu viel Bandbreite auf einer Ethernet-Leitung, vorab erkannt und verhindert werden. Ein zentraler Mechanismus hierfür befindet sich mit dem Projekt IEEE P802.1Qcc in einer späten Phase der Standardisierung.
  • 3. Mechanismen zur Zeitsynchronisation erlauben es den Ethernet Switchen und Endgeräten, die Ablaufkontrolle und Kommunikationsplanung auf der Grundlage einer gemeinsamen Zeitbasis durchzuführen. Die beste Ablaufkontrolle ist wirkungslos, wenn nicht alle Teilnehmer ihr Ablaufschema, basierend auf der gleichen Uhrzeit, abarbeiten. Somit ist die Zeitsynchronisation ein essentieller Bestandteil jedes TSN Ethernet Systems. Zur Zeitsynchronisation wird üblicherweise das Precision Time Protocol gemäß Standard IEEE 1588-2008 oder eines der IEEE 1588 Profile, beispielsweise IEEE 802.1AS, verwendet.

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