Interview BMW setzt auf Additive Fertigung
Dr. Maximilian Meixlsperger, Leiter Additive Manufacturing Metall der BMW Group, spricht über die 3D-Druck-Strategie seines Unternehmens und welche Herausforderungen noch zu überwinden sind.
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Der BMW-Konzern baut seine Kompetenzen im 3D-Druck weiter strategisch aus: Unter anderem können Mini-Kunden über einen Konfigurator individuelle Bauteile gestalten und der Konzern arbeitet auch daran, Additive Fertigung in die Großserie zu integrieren. Nun hatten wir die Möglichkeit, mit Dr. Maximilian Meixlsperger, Leiter Additive Manufacturing Metall der BMW Group, über die 3D-Druck-Strategie seines Unternehmens zu sprechen.
Mission Additive: Welches Projekt im Bereich der Additiven Fertigung ist für Ihr Unternehmen im Jahr 2020 am wichtigsten?
Maximilian Meixlsperger: In den 2020er Jahren erwarten wir einen immensen Hub der additiven Fertigung in Richtung Großserie. Darauf bereiten wir uns systematisch vor und werden auch in diesem Jahr den Einsatz der Additiven Fertigung (AM) konsequent vorantreiben. Ein wichtiger Baustein wird für uns die Eröffnung des Additive Manufacturing Campus in Oberschleißheim bei München sein. Dort werden wir Komponenten für den Prototypenbau, die Serie, für die Individualisierung unserer Fahrzeuge, Ersatzteile aber auch Produktionshilfsmittel herstellen. Erstmalig werden wir die Fertigung von individualisierten Teilen für ein Fahrzeug vollständig in unser Produktionssystem integrieren: Die 3D-gedruckten Schaltwippen und Lenkradspange aus Aluminium sowie die Dekorleiste aus Kunststoff gehören zu den Highlights des neuen Mini John Cooper Works GP.
Auf unserer neu installierten Schulungsfläche werden wir unser Technologie-Know-How mit unseren Kollegen aus der Fahrzeugentwicklung teilen, um die Anwendung der Verfahren weiter zu etablieren und unser unternehmensinternes AM-Netzwerk zu stärken. Gleichzeitig werden wir in eigenen Vorentwicklungsbereichen neue Technologien erproben und zur Serienreife bringen. Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut und weiteren Projektpartnern arbeiten wir im Rahmen des Forschungsprojekts IDAM bereits intensiv daran, die metallische Additive Fertigung flächendeckend als industrialisierten und hochautomatisierten Serienprozess in der Automobilproduktion einzuführen. Damit wollen wir einen wichtigen Grundstein legen, um die technologische Vorreiterrolle Deutschlands und den Produktionsstandort Deutschland nachhaltig zu stärken. Die Integration der additiven Fertigung in die konventionellen Produktionslinien der Automobilindustrie ermöglicht es, kosten- und zeitintensive Prozesse wie z.B. die Herstellung von Formen zu ersetzen und dem Wunsch nach Produktanpassung ohne zusätzliche Kosten nachzukommen.
Auch bei der kunststoffbasierten additiven Fertigung entwickeln wir die gesamte Prozesskette weiter. Ziel des jüngst bewilligten Forschungsprojekts POLYLINE ist es, die Additive Fertigung mit polymerbasiertem Laser-Sintern (LS) zu einem automatisierten und noch effizienteren Produktionsverfahren weiterzuentwickeln. Dabei sollen Prozessschritte digital vernetzt und eine durchgängige Methodik zur Qualitätssicherung entlang des gesamten Prozesses entwickelt werden. Dafür werden wir alle zentralen Kennwerte und Qualitätskriterien erfassen und dokumentieren – vom CAD-Modell bis zum fertigen Bauteil.
Mission Additive: In welcher Entwicklung sehen Sie die größten Chancen für AM?
Maximilian Meixlsperger: AM zählt für uns ganz klar zu den vielversprechendsten Fertigungsverfahren der Zukunft. Genau aus diesem Grund arbeiten wir intensiv mit Tech Start-ups, Hochschulen und Industriepartnern zusammen, um das Potenzial dieser neuen Technologie weiter auszuschöpfen und uns in Sachen Design und Funktionalität zukünftiger Bauteile in agileren Entwicklungsprozessen noch flexibler aufzustellen. Dabei schauen wir uns die gesamte Prozesskette an – angefangen vom Datensatz, den Werkstoffen über die Anlagentechnik bis hin zu den IT-Systemen. Sowohl bei den Werkstoffen, als auch bei digitalisierten Prozessketten erkennen wir noch wesentliches Potenzial.
Mission Additive: An welcher Stelle zwickt es in der additiven Fertigung heute am meisten?
Maximilian Meixlsperger: Die größte Herausforderung bei der Additiven Fertigung sind noch immer die vergleichsweise hohen Prozess- und Werkstoffkosten. Diese resultieren vor allem aus der geringen Anlagenproduktivität in Relation zu konventionellen Fertigungsverfahren bei gleichzeitig hohen Maschinenkosten. So ergeben sich je nach Bauteilgröße und -komplexität bestimmte Break-Even Stückzahlen, die oft noch sehr gering sind. Die Standardisierung von Schnittstellen und Abnahmekriterien für AM-Anlagen ist aus unserer Sicht notwendig.
Die richtigen Materialien sind grundlegend für die späteren Einsatzgebiete des Bauteils. Denn sie ergeben gemeinsam mit der Prozessführung und dem Design die jeweiligen Bauteileigenschaften. Je nach Technologie müssen diese Ausgangsmaterialien unterschiedliche Anforderungen erfüllen. Durch den schichtweisen Aufbau bestehen bei den Materialien für Kunststoffe und Metalle unterschiedliche Herausforderungen zur Verarbeitung sowie zur Generierung der geforderten Teileeigenschaften. Auch hier sind Standards notwendig, um eine Skalierungen zu erreichen, in denen die Materialkosten mit Blick auf die produzierte Menge sinken können und damit der wirtschaftliche Einsatz der Technologien ermöglicht wird.
Zahlreiche im Automobilbereich konventionell verwendete Werkstoffe sind mittels additiver Fertigung heute nicht zu verarbeiten. Hier sehen wir noch weiteren Forschungsbedarf.
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