IoT Solutions World Congress 2017 Barcelona wird zum Mittelpunkt des IIoT-Universums

Redakteur: Jürgen Schreier

Vom 3. bis 5. Oktober trifft sich die internationale IIoT-Szene in Barcelona zum IoT Solutions World Congress. Geboten werden über 250 Referate, 150 Panels, Testbeds und Showcases sowie eine Fachmesse rund um das Internet der Dinge mit mehr als 220 Ausstellern.

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Das Neueste in Sachen IoT und IIoT erfährt man vom 3. bis 5. Oktober beim IoT Solutions World Congress 2017 in Barcelona.
Das Neueste in Sachen IoT und IIoT erfährt man vom 3. bis 5. Oktober beim IoT Solutions World Congress 2017 in Barcelona.
(Bild: Geoff Crawford)

Eine Woche muss sich die "IoT-Welt" noch gedulden. Dann öffnet der IoT Solutions World Congress (IoTSWC) in Barcelona zum dritten Mal seine Pforten. Vom 3. bis 5. Oktober ist die weltweit bedeutendste Kongressmesse rund um das industrielle Internet der Dinge (IIoT) mit mehr als 220 Ausstellern und und 250 internationalen Experten Schaufenster der weltweiten IoT-Szene und zeigt die neuesten Produkte und Anwendungen dieser disruptiven Technologie, die dabei ist, die Geschäftsmodelle in vielen Branchen von Grund auf zu verändern.

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Mehr als als 10.000 Entscheider und Führungskräfte aus über 70 Ländern erwartet Veranstalter Fira Barcelona. Rund 250 internationale Top-Referenten aus der Industrie werden zu aktuellen Trends im IIoT-Bereich sprechen. Zu den Vorträgen kommen mehr als 100 verschiedene Panel-Sessions, die von IoT-Experten geleitet und moderiert werden.

IIoT-Technologien, die wirklich funktionieren

Ein weiteres wichtiges "Feature" des IoT Solutions World Congress sind sie sogenannten Testbeds, Demonstratoren, die IIoT-Anwendungen unter konkreten Einsatzbedingungen zeigen.

Im Rahmen solcher Tests werden zum einen neue Technologien, zum anderen Kombinationen bereits vorhandene Anwendungen erprobt. Ziel dabei ist, neuartige Produkte oder Technologien zu generieren, die geeignet sind, internationale Standards zu setzen. Die konkreten Showcases beim IoT Solutions World Congress werden vom Industrial Internet Consortium (IIC) koordiniert und überwacht .

ABB zeigt den weltweit ersten Tauchroboter für die Inspektionen von Transformatoren. Er wird mittels VR remote gesteuert.
ABB zeigt den weltweit ersten Tauchroboter für die Inspektionen von Transformatoren. Er wird mittels VR remote gesteuert.
(Bild: ABB)

So präsentiert ABB zum Beispiel einen Tauchroboter für die Inspektion von Transformatoren auf Öl- und Gasförderungsplattformen, der mithilfe von VR ferngesteuert wird und problemlos im Inneren eines Transformators operieren kann. Aktuell muss für Arbeiten dieser Art das Öl aus dem Trafo abgelassen werden. Das birgt zum einen signifikante gesundheitliche Risiken für die Servicetechniker, die bei ihrer Tätigkeit einer hochtoxischen Umgebung ausgesetzt werden. Zum anderen muss die Anlage während der Inspektions- bzw. Wartungsarbeiten abgeschaltet werden, was Stillstandskosten verursacht. Außerdem besteht die Gefahr von Umweltschäden - etwa dann, wenn es beim Ablassen des Öls zu Havarien kommt. Die neue Inspektionslösung von ABB reduziert diese Risiken in markanter Weise. .

Predictive Analytics und Predictive Maintenance zur Reduzierung ungeplanter Stillstandszeiten demonstriert PTC & Partner mit einem Pumpen-Testbed.
Predictive Analytics und Predictive Maintenance zur Reduzierung ungeplanter Stillstandszeiten demonstriert PTC & Partner mit einem Pumpen-Testbed.
(Bild: PTC)

Die Reduzierung "ungeplanter" Produktionsausfälle durch Predictive Analytics und vorausschauende Wartung ist Thema eines gemeinsamen Projekts von PTC, Hewlett-Packard Enterprise, National Instruments, OSIsoft and Flowserve. Anhand eines Flowserve-Pumpen-Demonstrators zeigt dieses Testbed, wie durch die dezentrale Verarbeitung von Sensordaten (Temperatur, Druck, Durchfluss, Vibration) "Anomalien" in der Leistung der Pumpe in Echtzeit erkannt werden können. Der Showcase demonstriert außerdem den Einsatz von Augmented Reality, um Techniker vor Ort bei der Fehlererkennung und bei Reparaturarbeiten zu unterstützen.

SaveThePeaches: Das Projekt verbessert Frostprognosen für Obstplantagen auf Basis der Low-Power-Mesh-Technologie.
SaveThePeaches: Das Projekt verbessert Frostprognosen für Obstplantagen auf Basis der Low-Power-Mesh-Technologie.
(Bild: SaveThePeaches)

Einen Anwendungsfall aus der Landwirtschaft haben schließlich Analog Devices, IBM Bluemix und inria im "IoTSWC-Gepäck". Das Ziel des Projekts SaveThePeaches besteht darin, Frostprognosen für Pfirsichplantagen durch ein dichtes Monitoring mithilfe drahtloser Low-Power-Mesh-Netzwerktechnologie zu verbessern. Die Applikation ist bereits in der Felderprobung - und zwar im argentinischen Mendoza. Dort wirken 100 Sensoren in einer Obstplantage verteilte Sensoren zusammen.

Weitere Testbeds finden Sie unter diesem LINK.

Interview mit Richard Soley, Chairman des IIC

Es ist noch gar nicht lange her, da war das Konzept des IIoT in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Ein paar Jahre später ist es zu einem Schlüssel für die Geschäftsmodelle der Zukunft geworden. So werden immer billigere Sensoren produziert. Innovationen in Hard- und Software, Analytics und Machine Learning schaffen enorme Chancen für Unternehmen - ob klein oder groß. Herr Dr. Soley, wo befinden wir uns aktuell auf dem Weg zur vierten industriellen Revolution?

Soley: Es geht auch, aber nicht allein um billigere Sensoren, sondern eher um die Konvergenz aller IoT-Triebkräfte in den letzten Jahren - also um die erwähnten billigen Sensoren, aber auch um kostengünstigere Computer- und Speichertechnologien und um verbesserte Verfahren zur Analyse großer Datenmengen. Wir sehen ein enormes Interesse in verschiedensten Branchen, IoT-Technologien anzuwenden - zum Beispiel im Gesundheitssektor, in der Finanzindustrie, im Bergbau, im produzierenden Gewerbe in der Landwirtschaft, im Transportwesen und der Logistik. Diese Branchen bewegen sich sich, was den Einsatz von IoT anbetrifft, mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, doch machen die Testbeds des IIC deutlich, dass sich Investitionen in IoT wirtschaftlich lohnen.

Welche Rolle spielen Veranstaltungen wie der Internet of Things Solutions World Congress in der IIoT-Landschaft?

Soley: Zusammenkünfte wie der Internet of Things Solutions World Congress bringen die Besten der Szene zum Erfahrungsaustausch zusammen. Aufsätze oder Videos sind sicher eine feine Sache, aber es gibt eben nichts Besseres als persönliche Gespräche, wenn man sowohl die guten Ideen als auch die Fehltritte bei der Implementierung des IoT verstehen will. Zudem ist der IoTSWC ist das einzige IIoT-Event, das ganz prominent Testbeds in den Vordergrund rückt - Anwendungen und Systeme, die unter realen Bedingungen laufen.

Wird Edge Analytics für eine stärkere Disruption bei den Geschäftsmodellen sorgen als Big Data Analytics?

Soley: Datenanalyse bleibt Datenanalyse, ob dezentral, also "at the edge", oder in der Cloud. Die Disruption wird wohl eher dadurch entstehen, dass wir letztendlich Predictive Analytics in Echtzeit mit Daten durchführen können, die wir bisher vernachlässigt oder gar nicht gesammelt haben.

Man redet viel über Predictive Analytics als einem der wesentlichen Ziele des IIoT. Es gibt aber auch Stimmen, die sagen, dass wir als nächstes den Schritt in Richtung Prescriptive Analytics gehen müssen, also hin zu Methoden, die zusätzlich Handlungsempfehlungen liefern, wie man einen Trend in eine gewünschte Richtung beeinflussen, ein vorhergesagtes Ereignis verhindern oder auf ein zukünftiges Ereignis reagieren kann. Was müssen wir tun, um dorthin zu kommen?

Soley: Ich denke, dass uns Predictive Analytics zu Prescriptive Analytics führen wird. Wenn Sie sorgfältig beobachten, dann sammeln Sie die Daten, die Ihnen helfen, im Vorhinein Stillstände zu vermeiden oder Prozesse zu glätten, und zwar, indem man beobachtet und analysiert, was in der Vergangenheit passiert ist. Wir müssen also das Sammeln von Daten und deren Echtzeitanalyse ernst nehmen und stets die Muster, die sich daraus ergeben, im Blick behalten.

Gibt es bereits Testbeds für diese Technologien?

Soley: In der Tat. Indem die IIC-Testbeds immer mehr Prozessdaten sammeln, wird aus Predictive Analytics Prescriptive Analytics.

An welchen Testbeds arbeitet man aktuell beim IIC?

Soley: Beim IIC kommen ständig neue Testbed-Projekte hinzu. Derzeit haben wir 27 Projekte. Was wir außerdem sehen, sind übergreifende Ergebnisse unserer Testbeds in den Bereichen Healthcare, Energie und Landwirtschaft. Ein weiterer faszinierender Trend ist, dass unsere horizontal fokussierten Testbeds wie das Condition Monitoring in vielen Anwendungsbereichen gleich oder ähnlich sind.

Welche Rolle spielt das IIC im IIoT-Ökosystem?

Soley: Natürlich kann sich jedes Unternehmen zusammen mit Partnern sein eigenes IIoT-Ökosystem schaffen. Beim IIC hingegen haben wir eine "kritische Masse" von Unternehmen, die bereits als IoT- oder IIoT-Anwender unterwegs sind. Dazu kommen Unternehmen, die Technologien aus den Bereichen Computing, Sicherheit, Datenspeicherung, Sensorik und Aktorik anbieten und schließlich Forschungskapazitäten (z.B. Hochschulen). Das IIC stellt das Ökosystem zur Verfügung sowie den Prozess, um die Testbeds zusammenzustellen. Auf diese Weise ist es möglich, sehr schnell zu lernen, wie die IoT-Technologien in der realen Welt funktionieren.

Ein wichtiges Thema im Zusammenhang mit IIoT ist das Thema Security. Werden Technologien wie Blockchain oder Quanten-Computing hier eine Schlüsselrolle spielen?

Soley: Ja. Mechanismen wie Blockchain und IOTA unterstützten Trusted Networks und diese sind notwendig, um sichere Anwendungen über Firmen- und Ländergrenzen hinweg aufzubauen. High-Speed-Computing ist natürlich eine willkommen Technologie, um das leidige Echtzeit-Problem zu lösen.

Welche Erwartungen haben Sie als promovierter Computerwissenschaftler an das Quanten-Computing?

Soley: Quanten-Computing ist ein ein Paradigmenwechsel in der Computerarchitektur. Jedoch sind wir derzeit noch nicht in der Lage, die Energieproblematik dieser Technologie zu lösen. Doch wenn das passiert, wird es eine Umwälzung in der IT-Landschaft geben, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit in der Kommunikation.

Welche Auswirkungen hat 5G für das IIoT?

Soley: Viele glauben, 5G sei Industrial IoT. Das ist es aber nicht. 5G ist lediglich ein technologischer Enabler - zweifellos ein wichtiger, aber nur einer unter vielen. In zahlreichen IIoT-Implementationen, spielen Funkanwendungen gar keine Rolle. Vor allem in industriellen Szenarios hat man stationäre Systeme, z.B. Maschinen, die nicht bewegt werden müssen. Obendrein hat man es dort oft mit einem Umfeld zu tun, das durch Störstrahlung geprägt ist. Drahtlose Übertragungslösungen passen da nicht hinein. Andererseits gibt es durchaus IIoT-Anwendungen, zum Beispiel in der Logistik, in denen die hohe Bandbreite und die geringe Latenz von 5G enorme Vorteile bietet.

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