Anwendung Autos – das wird 3D-gedruckt
Automobilhersteller setzten seit Jahrzehnten auf 3D-Druck. Besonders Rennsport und Luxuskarossen profitieren von additiv gefertigten Endbauteilen. Aber immer öfter wird auch für Standardfahrzeuge gedruckt. Wir zeigen wer sie wo einsetzt.
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Während beim Prototoypenbau die Additive Fertigung zum Standard zählt, erobert sie sich derzeit ein wichtiges neues Einsatzfeld: Elektromotoren. Aber auch in klassisch angetriebenen Fahrzeugen hat der 3D-Druck Einsatzfelder. Beispielsweise bietet BMW für den Mini Individualbauteile und VW versucht sich in der Serie. Der britische Luxussportwagen-Designer Ian Callum hingegen will mit Additiver Fertigung die Grenzen des Automobildesigns erweitern.
Ein leichterer Kolben mit besseren Kühleigenschaften war das Ziel von Porsche, Mahle, Trumpf und Carl Zeiss. Dafür integrierten die Entwickler einen Kühlkanal in den Kolben. Dieser Kanal hat eine spezielle Querschnittsform und ist bis auf zwei Öffnungen für Ein- und Austritt des Öls wie eine Röhre geschlossen. Dadurch senkt die Konstruktion die Bauteiltemperatur am thermisch extrem belasteten Bereich der Kolbenringe um über 20 °C. Hergestellt werden die Kolben im Pulverbett per SLM- beziehungsweise LPBF-Verfahren (selektives Laserschmelzen, Laser Powder Bed Fusion) vorerst als Protoypen, künftig womöglich als Endbauteil in Kleinserie.
Luxusautos mit 3D-gedruckten Komponenten
Natürlich stellt das britische Design- und Entwicklungsunternehmen Callum seine Prototypen per 3D-Druck her. Kürzlich sind sie mit einem Method X von Makerbot auch in die additive Produktion von Endbauteilen eingestiegen. Für den Drucker sprach laut Callum seine Teilegenauigkeit und die Materialauswahl. Erstes Prestigeobjekt dafür ist der Aston Martin Callum Vanquish 25. Unter anderem werden die Bremskanäle auf dem Method X gedruckt. Neben Endbauteilen sollen funktionsfähige Prototypen, Werkzeuge für Komponenten und Messgeräte in limitierter Auflage gedruckt werden.
Die Herzen von Hobbyrennfahrern soll der FZero von Rodin Cars höher schlagen lassen. Der 1-Sitzer kommt mit seinen über 1.000 PS auf die Geschwindigkeit eines Formel-1-Wagens. Dabei wiegt er nur 650 kg. Das konnte Rodin Cars nur mit 3D-gedruckten Titankomponenten erreichen. Gebaut wird in einer Factory 500 von 3D Systems im Direkt Metall-Lasersintern (DMLS). Das größte additiv gefertigte Bauteil des FZero ist das sequentielle Achtganggetriebe mit Maßen von 400 mm × 650 mm × 300 mm.
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Automotiv
Wie weit sind die Automobilhersteller?
Additive Fertigung in der E-Mobility
Im Luxusbereich der E-Autos bewegt sich der Czinger 21C. Bei ihm werden fast alle Metallteile 3D-gedruckt. Trotz großer Batterie, Turbo-V8 und drei E-Motoren wiegt der 919 kW/1.250 PS starke und über 430 km/h schnelle 21C rund 1,2 Tonnen. Auch wenn der Hersteller durch Additive Fertigung Zeit und Geld spart, müssen Kunden für einen 21C einen Millionenbetrag hinlegen.
Etwas konkreter sind die Angaben von Additive Drives. Das Startup aus Dresden will Leistungs- und Wirkungsgrade von E-Motoren deutlich verbessern. Mit Additiver Fertigung umgehen sie die Grenzen, denen klassische Runddrahtwicklungen bei Elektromotoren unterworfen sind. Beispielsweise können sie selbst bestimmen, wie der Kupferleiter aussieht und ihn an die Form der Nut anpassen. Dadurch erhöht sich der Kupferanteil, der Querschnitt der Windung wird voll ausgenutzt, der elektrische Widerstand verringert und die Wärmeableitung verbessert sich. Damit können sie 45 Prozent mehr Abgabeleistung aus dem Motor herausholen. Wie genau Additive Drives das hinbekommt, ist ein Geheimnis. Verraten wird: Sie arbeiten mit einer modifizierten SLM-Maschine (selektives Laserschmelzen) und hochreinem Kupferpulver.
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3D-Kunststoffdruck
Losgröße 1 durch Additive Fertigung bei BMW
Zusammen mit Wissenschaftlern hat das Schweizer Unternehmen Blackstone Technology ein additives Verfahren für 3D-gedruckte Solid-State-Batteriezellen beziehungsweise Lithium-Ionen-Festkörperbatterien entwickelt. Im Vergleich zu konventionellen Batteriezellendesigns sollen sie deutlich weniger kosten, flexibler in der Form sein und 20 % mehr Energiedichte bieten. In einer neuen Produktionsstätte soll ab 2022 die Grundlage für den ersten 1.000-MWh-Meilenstein für die Batterieproduktion des Unternehmens gelegt werden.
Auch in den USA widmet man sich der Additiven Fertigung von Batterien. Sakuú hat eine 3-Ah-Lithium-Metall-Festkörperbatterie entwickelt, die aus 30 Unterzellen, Lithium-Metall und einen patentrechtlich geschützten 3D-gedruckten Keramikseparator bestehen. Die Batterie wurde für die Verwendung von Kathodenmaterialien entwickelt, die dem derzeitigen Industriestandard entsprechen, und könnten künftig Kathoden mit höherer Spannung unterstützen. Dafür hat Sakuú einen Multiprozess-Multiwerkstoff-3D-Drucker entwickelt, der eine schnelle Massenfertigung von Feststoffbatterien ermöglichen soll. Die Batterien hätten die gleiche Energiedichte wie Lithium-Ionen-Akkus, wären jedoch nur halb so groß und ein Drittel leichter.
3D-Druck im Innenraum
Eine Sitzhalterung war die erste Komponente, die General Motors (GM) per Generative Design und mit Additiver Fertigung entwickelte. Normalerweise besteht eine Sitzhalterung aus acht miteinander verschweißten Teilen. Mithilfe der Software Autodesk Fusion 360 konnten die GM-Ingenieure mehr als 150 alternative Designs generieren. Sie entschieden sich letztendlich für eines, das nur aus einem einzigen Edelstahlteil besteht. Das Endprodukt ist 40 % leichter und 20 % stärker als die konventionell gefertigte Sitzhalterung.
Um die Sicherheit geht es beim US-amerikanischen Airbag-Hersteller Joyson Safety System. Hier arbeitet man daran, die Halterung von Fahrerairbags per Additiver Fertigung herzustellen. Eine Airbag-Halterung ist hohen dynamischen Belastungen ausgesetzt. Daher ist die erste Herausforderung, einen additiv verarbeitbaren Verbundwerkstoff zu finden, der dem PA6-GF40 entspricht, das derzeit spritzgegossen wird. Die neue Halterung soll per SLS-Verfahren (selektives Lasersintern) hergestellt werden.
Besonders beliebt ist die Additive Fertigung für Oldtimer-Restauratoren. Denn denen gehen inzwischen immer öfter die Ersatzteile aus. Komponenten wie Klimaanlagen oder Heizungskanäle druckt das britische Unternehmen Eagle, um das alte Jaguar E-Modell am Leben zu halten. Da Eagle nicht mehr als fünf der E-Modelle pro Jahr restaurieren kann, wären Kleinteile aus der Massenproduktion ein immenses Verlustgeschäft. Mit einer Mulit-Jet-Fusion-Maschine von HP gestaltet sich die Sache wesentlich wirtschaftlicher.
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