Automatisierung Antrieb 4.0: Intelligent, kommunikativ und dezentral
Was kann der Industrie-4.0-Antrieb? Er sitzt direkt an der Maschine, ist intelligent und vor allem kommunikativ, so die einhellige Antwort führender Anbieter.
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Immer direkt am Ort des Geschehens, intelligent und vor allem kommunikativ – die Rede ist nicht etwa vom idealen Vertriebsmitarbeiter. Es geht vielmehr um den Antrieb in der Fabrik der Zukunft. Auch wenn sich führende Anbieter in diesen drei Anforderungen einig sind, weichen die jeweiligen Konzepte doch voneinander ab. Was also genau kann der Industrie-4.0-Antrieb?
„Um diese Frage zu beantworten, ist zunächst eine klare Vorstellung notwendig, wie die Fabrik der Zukunft aussehen wird“, holt Dr. Heiner Lang aus. Drei grundsätzliche Trends hat der Leiter der Business Unit Automation & Electrification bei Bosch Rexroth ausgemacht: Produktionseinrichtungen werden nicht mehr statisch, sondern innerhalb der Fabrik mobil sein. An die Stelle starrer Linien treten Module, die schnell zu neuen Linien umkonfiguriert werden können. Und drittens kommunizieren intelligente Antriebe in Zukunft direkt mit IT-Systemen.
Noch vor der Frage, wie moderne Antriebe die Anforderungen der smarten Fabrikumgebung erfüllen, weist Dr. Omar Sadi, Geschäftsführer bei Nord Drivesystems, auf einen aus seiner Sicht weiteren wichtigen Punkt hin, nämlich die Notwendigkeit, in der Antriebstechnik auf Systemlösungen zu setzen, also auf individuell aufeinander abgestimmte Einheiten aus Motor, Getriebe und Antriebselektronik. „Einen Antrieb ohne seine Peripherie und den Gesamtprozess zu betrachten, löst weder Probleme, noch schafft es einen Mehrwert“, ist Sadi überzeugt.
Die Intelligenz sitzt im Antrieb
Doch der Antrieb für die digitale Fabrik muss mehr können. Intelligenz hält Omar Sadi sogar für die Grundvoraussetzung, um die Produktion vollständig digitalisieren zu können: „Die Intelligenz sitzt in einer eigenen PLC in den Antrieben am Einsatzort. So können sie sich in Gruppen vernetzen und Steuerungsaufgaben selbstständig übernehmen. Autarke Fertigungsinseln und modulare Anlagendesigns, die Ablaufsteuerungen einleiten und bestimmte Störungen selbstständig beheben können, werden auf diese Weise möglich“.
Dass sich die Antriebe schnell an neue Aufgaben anpassen können, hält auch Dr. Heiner Lang für wichtig. Schaltschranklose Antriebe von Rexroth zeigen das schon heute: „Mit integrierter Mehrachssteuerung und innovativen Einkabellösungen verringern sie den Verkabelungsaufwand um bis zu neunzig Prozent“. Außerdem können bislang notwendige Schaltschränke so teilweise oder komplett entfallen, Maschinenmodule von Herstellern und Anwendern immer wieder flexibel miteinander kombiniert werden.
Kommunikation wird groß geschrieben
„Industrie-4.0-fähige Antriebe müssen heute in erster Linie kommunikativ sein, und das auf allen Ebenen – ohne Barrieren zwischen Antrieb und übergeordneten Prozessen“, meint Niels Wessel, Product Manager Process Drives bei Schneider Electric. Wessel weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung des Frequenzumrichters hin: „Die Tatsache, dass Frequenzumrichter einen Motor antreiben können, ist heutzutage fast schon zur Nebensache geworden – ähnlich wie die Telefonfunktion in einem Smartphone". Die Frequenzumrichter der Altivar-Process-Serie von Schneider Electric erfüllten in puncto Programmierfähigkeit und Echtzeitanforderungen schon jetzt alle notwendigen Voraussetzungen moderner Industrie-4.0-Umgebungen: U.a. sind sie mit einem integrierten, plattformunabhängigen Webserver zum Monitoring und zur Parametrierung ausgerüstet, für den Informationsaustausch setzt Schneider Electric auf eine integrierte Ethernet-Schnittstelle.
Siemens dagegen rüstet seine Motoren mit Sensorik- und Konnektivitätsmodulen aus, um die Betriebsdaten im Sinne eines Condition-Monitoring-Systems zu erfassen sowie sicher mit der Siemens-Cloud Mindsphere zu verbinden. Auch bei Rexroth hat die Kommunikationsfähigkeit einen hohen Stellenwert. Antriebe von Rexroth unterstützen schon heute die gängigsten Ethernet-basierten Feldbussysteme.
Eingebunden in die IT
„Mit der immer engeren Verschmelzung von Automation und IT-Welt reicht die klassische SPS-Programmierung allein nicht mehr aus“, will Heiner Lang auf eine weitere wichtige Anforderung an moderne Antriebe hinaus. „Cloud-Dienste oder Applikationen auf Servern, PCs und Smart Devices müssen direkt auf Antriebe zugreifen können.“ Hier schlägt Rexroth mit Open Core Interface for Drives die Brücke zwischen den beiden Welten, denn damit können Entwickler in ihren gewohnten Hochsprachen-Umgebungen auf Antriebsfunktionen zugreifen, ohne ein SPS-Programm zu schreiben. Auch Wessel rät: „Antriebe sollten sich einfach in IT-Umgebungen einbinden lassen, um ein reibungsloses Zusammenspiel zwischen der Fertigung (OT) und der Informationstechnologie (IT) sicherzustellen“.
Digitaler Zwilling in der Cloud
Siemens nutzt die Cloud aber nicht nur, um die Betriebsdaten des Antriebs zu sammeln, sondern auch, um den digitalen Zwilling des Antriebssystems in Mindsphere zu speichern. Damit werden Bestellinformationen, Produktdaten, Dokumentationen, Service-Instruktionen, Ersatzteilinformationen und vieles mehr in einer App für den Kunden dargestellt. „Herzstück ist die intelligente Analyse der Betriebsdaten mittels unseres Know-hows“, erklärt Dr. Christian Mundo, Leiter Digital Office bei Siemens. Big Data Analytik und vorausschauende Simulation des Betriebsverhaltens erlauben neue Maintenance-und Serviceangebote für den Kunden.
Mit dem Antrieb Performance und Verfügbarkeit steigern sowie neue Serviceangebote schaffen in einer digitalisierten Fabrikumgebung, das sind die Ziele aller Anbieter. Die Grundlagen dafür scheinen geschaffen.
Dieser Artikel ist ursprünglich auf unserem Partnerportal konstruktionspraxis erschienen.
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